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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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zu bekunden, dass er noch Balduin der Krieger war. Mochte ihm der König auch das Lehen geraubt haben. Mochte die Kirche ihn verstoßen haben. Mochte er zuletzt nichts anderes gewesen sein als Judiths besorgter Gatte, der hilflos eine ihrer Damen an die schroffe Bergwelt verloren hatte. Ja, das war er, Balduin der Krieger, der sich nicht gängeln ließ, nicht demütigen, sich keine Angst einjagen ließ – schon gar nicht von einem erbärmlichen Räuber.
    Mit glänzenden Augen setzte er zum Hieb an. Doch dann ertönte eine Stimme, lauter und klarer als das Rauschen in seinen Ohren, und brachte ihn zum Innehalten.
     
    »Nicht!«, rief Judith. Er wusste nicht, wie sie in dem allgemeinen Wirrwarr zu ihm gelangt war. »Nicht!«, wiederholte sie.
    Ihre Stimme klang kaum weniger zischend als der zuvor durch die Luft gesauste Pfeil.
    »Ich dachte, du wärst des Tötens überdrüssig?«, setzte sie hinzu.
    Er fuhr herum. Sein Gesicht war erhitzt von der Anstrengung – und errötete jetzt noch mehr vor Scham, die sich ob ihres verächtlichen Blickes einstellte. Gleichwohl sie ihre Hände in die Hüften stemmte, war ihm, als hätte sie nach seinem Schwert gegriffen, es an sich gerissen. Er ließ es sinken, sein Blutrausch versiegte augenblicklich, doch das, was zurückblieb, war nicht Erleichterung, sondern ärger. Wie ein gemaßregeltes Kind begehrte er auf: »Ich habe mein Leben für dich riskiert. Also befiehl du mir nicht, was ich zu tun habe!«
    Es waren seit langem die ersten Worte, die er an sie richtete.
    Sie blickte ihn starr an, so wie es ihr eigentümlich war, doch diesmal stand in den Augen nicht die Aufforderung, sich ihr vertrauensvoll zu entblößen, sondern kalte Verachtung.
    »Du hast nicht den Eindruck gemacht, als müsstest du dir ein schweres Opfer abringen«, zischte sie wieder. Unwillkürlich ballten sich seine Hände zu Fäusten. Jetzt erst nahm er wahr, dass die Welt um sie herum verstummt war. Alle lauschten gebannt ihren Worten, selbst der Räuber, auf den er eben noch das Schwert gerichtet hatte.
    »Er hätte dich umbringen können!«, rief Balduin empört.
    Keinerlei Dankbarkeit war aus ihrer Stimme zu hören. »Aber er hat es nicht vermocht. Denkst du, ich werde noch lebendiger, wenn nun sein Blut spritzt?«
    Nicht nur, dass sie mit herablassendem Tonfall sprach. Obendrein verzog sie eine ihrer Augenbrauen. Falls ihm je schmerz›sub›: ›/sub›haft zu Bewusstsein gekommen war, dass er ihrem Stand unterlegen war, sie ihm den Hochmut einer Frau voraushatte, die als Tochter eines Königs geboren worden war, dann in diesem Augenblick.
    »Was ich tue, geht dich nichts an, Weib!«, fuhr er sie an. »Wenn ich es für recht befinde, uns zu verteidigen, und ich entsprechende Mittel dafür einsetze, hast du es hinzunehmen. Bist du etwa im Kampf erprobter als ich?«
    »So, so«, klang es giftig und eisig zugleich, »und du denkst, du könntest stolz darauf sein, mir … das vorauszuhaben?«
    »Du hast dich in den letzten Wochen nur allzu gern von mir beschützen lassen. Ich habe es gern getan. Ich habe Rücksicht auf dich genommen, aber denk nicht, ich lass mich von dir maßregeln wie ein Stallbursche, Königin!«
    Seine Unbeherrschtheit schien sie nicht zu treffen, sondern prallte ab, fiel auf ihn selbst zurück. Er hatte gedacht, dass seine Beschämung nicht noch wachsen könnte, als just in diesem Augenblick der Angreifer seine Chance witterte. Nicht länger vom Schwert bedroht, drehte er sich um, zwängte sich flink und wendigan den warmen Pferdeleibern vorbei und rannte, als wäre der Teufel hinter ihm her. Zu Fuß war er im Nachteil, allzu leicht hätte man ihn einholen können. Doch die ganze Reisegruppe war damit beschäftigt, das streitende Paar zu beglotzen, das sich zu-nehmend feindselig gegenüberstand.
    Bruder Wunibald hob unbehaglich die Schultern. Madalgis senkte ihren Blick. Nur Johanna lächelte schmallippig.
    »Wir sollten dem Herrn danken, dass niemand zu Tode gekommen ist …«, setzte Wunibald krächzend an.
    Er kam nicht weiter. Schon die ersten Worte wurden von einem Hufgetrappel übertönt, das inmitten der unbehaglichen Stille erklang und näherkam, immer näher. Eine Horde Reiter, größer als ihre Gruppe, schien heranzukommen – und als sie sichtbar wurde, offenbarte sie sich als weitaus größere Bedrohung als eben noch die Räuberbande.

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XXVIII. Kapitel
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    Nie hatte Balduin Krieger mit solch edler Kleidung gesehen. Er selbst hatte im Kampf auch einen

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