Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
Vom Netzwerk:
nützlich sein könnte, meinen Vater auf deiner Seite zu wissen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob er nicht selbst auch einen großen Happen davon haben möchte. Ich frage mich sogar: Falls er die Wahl hätte, entweder mich und Balduin zu bekommen oder die Provence, nähme er dann nicht lieber Letzteres?«
    Ludwig lauschte ihr ungläubig. Derlei Gedankengänge hatte er offenbar nicht erwartet. »Weiber haben in der Politik nichts zu sagen!«
    »Tatsächlich? Dürfen nicht oder können nicht? Du hast dich zum König von Italien krönen lassen, aber glücklich – erlaube mir, das zu sagen – siehst du mir nicht aus. Kann es sein, dass dein Hunger nach Macht mit dieser Halbinsel nicht gesättigt ist, die du obendrein mit dem Papst zu teilen hast und, was noch schlimmer ist, mit den Langobarden und den Sarazenen im Süden?«
    »Du wagst es, mich bloßzustellen?«, rief Ludwig, puterrot im Gesicht.
    Judith zuckte wieder mit den Schultern. Ihre Stimme hatte nicht an Lautstärke zugenommen.
    »Nein«, fuhr sie seelenruhig fort und achtete nicht auf seinen Einwurf, »dein Hunger ist nicht besänftigt – ob du nun die Kaiserkrone hast oder nicht. Doch wem wirst du weiter Gebiete abluchsen können? Ludovicus Germanicus, unser Onkel, ist ein zu gewitzter Gegner. Mein Vater wiederum wird dir trotz allen Hoffens die Provence nicht kampflos überlassen, magst du ihm nochso teure Geschenke, wie zum Beispiel mich und meinen Gemahl, darbringen. Im Fall eines Krieges – das musst du dir wohl eingestehen – bist du ein wenig im Nachteil, weil er viel schneller seine Truppen in jenes Gebiet schicken kann. Womit wir jetzt bei deinem lieben Bruder Lothar sind, der dir als Einziger nicht wirklich überlegen ist. Gesetzt, er stürbe ohne Erben, dann könntest du sein Reich ohne Mühen schlucken. Und das ist ein guter Grund, warum es besser wäre, uns zum Papst ziehen zu lassen, anstatt uns hier in Pavia aufzuhalten.«
    Balduin schwirrte der Kopf. Zu viele Namen waren auf einmal gefallen. Warum hatte Judith mit ihm nicht über den Plan gesprochen, den sie mit ihren Worten offenbar verfolgte – erfolgreich, wie es schien, denn König Ludwig begann, unruhig die schmalen Lippen aufeinanderzureiben.
    »Wenn wir zum Papst ziehen«, fuhr Judith fort, »geht es nicht nur um meine Ehe mit Balduin, es geht auch um eine andere. Du weißt, wovon ich spreche. Ich spreche von Waltrada und von Theuteberga. Ich nehme an, du besitzt Kenntnis davon, dass Lothar nicht sonderlich beliebt ist beim Papst, nachdem er ihm erst kürzlich einen wütenden Brief geschrieben und sich erneut geweigert hat, Theuteberga wieder aufzunehmen. Nun, Balduin und ich sind bereit, uns dem Willen des Papstes zu fügen – vorausgesetzt, dass wir sicher bei ihm ankommen. Und das ist der Punkt, an dem deine und meine Interessen übereinstimmen: Du wünschst dir, dass Papst Nikolaus die Verbindung von Lothar und Theuteberga als gültig erklärt und sein einziger Sohn Hugo ein Bastard wird –und ich erhoffe mir in etwa das Gleiche für meine Ehe mit Balduin. Man könnte sagen, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Aber ein deutliches Zeichen wäre es eben schon, wenn Nikolaus den Konsens zwischen mir und Balduin akzeptiert: dafür nämlich, dass eine auf welch wackeligen Beinen auch immer stehende Ehe nicht einfach gelöst werden darf.«
    Ludwig zuckte unwillig die Schulter, aber der Sinn ihrer Worte war ihm nicht entgangen. Auch Balduin verstand nun, worauf sie hinauswollte.
    Während er in Trier den Eindruck gehabt hatte, Judith stünde auf Lothars und Waltradas Seite, vor allem auch auf der des kleinen Hugo, erkannte er nun, dass in ihrer kühlen Berechnung, wie sich König Ludwig auf ihre Seite ziehen ließe, jedwede Sympathie für ihren anderen Cousin fehlte und sie seine Interessen bedenkenlos den ihren opferte. Oder vielleicht nicht bedenkenlos –vielmehr rachsüchtig, weil dieser sie schließlich auch verraten hatte. Unwillkürlich erschauderte Balduin.
    »So, so«, murmelte Ludwig hingegen wieder einigermaßen gefasst. »Das hast du dir also ausgedacht, liebste Cousine, um mich gewogen zu stimmen.«
    Er fügte nichts hinzu, verharrte schweigend. Doch Judith schien der hinausgezögerten Entscheidung, was er tun würde, nicht entgegenzuzittern Sie löste sich von Balduins Seite, schritt durch das Zimmer.
    »Lothars Reich ist dir doch lieber als die Provence, nicht wahr«, sprach sie leichthin. »Und bedenke, dass du nicht mehr für uns zu tun hast, als uns

Weitere Kostenlose Bücher