Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
Vom Netzwerk:
schummeln«, erwiderte Penit. »Und ich werde gewinnen, Ihr werdet schon sehen.«
    »So spricht ein wahrer Sieger«, sagte der Schreiber. Er zwinkerte Shanbe und Wendra zu und bedeutete ihnen, nach links zu gehen.
    Die Kinder reihten sich hinter einem breiten Band auf, das vom Tor zu einem Gebäude jenseits des Sammelplatzes gespannt war. Eine Reihe von Wachen hielt die Menge auf der gegenüberliegenden Seite zurück. Weitere Soldaten begannen, mehrere Gassen zu räumen, die dort von der Hauptdurchgangsstraße abgingen, wo die Laufstrecke sich von der Mauer löste und durch mehrere Häuserblocks der Stadt führte. Ein Mann mit einem Stab trat vor und bot an, Wendra und Shanbe zu einem Platz an der Mauer zu führen, von dem aus sie das Rennen beobachten konnten. Wendra sah zu Penit hinab; die Augen des Jungen funkelten vor Selbstvertrauen.
    »Hab einfach Spaß«, sagte sie und küsste ihn auf die Wange.
    Penit nickte und rief plötzlich: »Dwayn!« Er rannte zu einem Jungen inmitten einer Schar anderer Kinder und redete aufgeregt mit ihm. Die beiden fielen einander immer wieder gegenseitig ins Wort, während sie über Dinge plauderten, die Wendra nicht ganz verstehen konnte. Dann führte der Mann mit dem Zeigestab sie und den Ta’Opin zu einem Platz an der Mauer ganz nahe beim Tor zum Hof.
    Fast eine Stunde lang ließen weitere Teilnehmer ihre Namen eintragen und wurden zum Band geschickt. Es standen hundert Kinder nebeneinander, gewiss zehn Reihen tief. Manche der Wartenden waren nicht älter als sechs Jahre und von ehrgeizigen Eltern aus verfehlten Hoffnungen heraus zum Rennen angemeldet worden. Die kräftigsten Jungen drängten sich nach vorn durch. Fast die Hälfte aller Läufer waren Mädchen, von denen manche sogar noch größer als die ältesten Jungen waren.
    Die Läufer zappelten unruhig und warfen Schulterblicke zu ihren Eltern hinüber, die ihnen über den Lärm hinweg weitere Anweisungen zuriefen. Jugendliche Gesichter sahen unsicher drein, nickten aber doch verstehend; andere Kinder schüttelten verwirrt den Kopf. Penit stand zusammen mit Dwayn mitten im Getümmel, und die beiden redeten immer noch begeistert miteinander. Keiner von beiden war so hoch aufgeschossen wie die größten Jungen, aber sie waren beide nicht klein. Wendra dachte dankbar, dass Penit zumindest nicht als Letzter ins Ziel kommen würde. Ich kann ihn stolz auf seinen Platz machen.
    Das Gemurmel der Menge schwoll plötzlich zu einem Tosen an, als in der sonnenklaren Luft über der Mauer Trompeten schmetterten. Die Männer am Tisch schlugen ihre Bücher zu und zogen sich mit ihrem Schreibwerkzeug von der Straße auf den Hof zurück. Ein steif wirkender Mann mit einem dünnen Schnurrbart trat aus einer Tür im Inneren Tor hervor und begann zu sprechen. Seine ersten Worte gingen in dem Tumult unter, aber die Versammelten kamen rasch zur Ruhe.
    »… diesen Lesherlauf um den Platz des Kindermunds am Hohen Tisch, darum, mit denen im Rat zu sitzen, die für ihre Wähler sprechen. So ermitteln wir, wie es Brauch und Gesetz entspricht, unseren Kindermund aus diesem würdigen Feld von Teilnehmern.«
    Neuerlicher Jubel stieg aus der Menge auf. Der Mann fuhr fort, aber er kam bereits zum Ende, bevor das Volk wieder ruhig wurde, schritt würdevoll zum Beginn des Bandes und ließ den Blick feierlich über die Läufer schweifen. Über die hitzigen Spekulationen und elterlichen Ratschläge hinweg konnte Wendra gerade noch die gleiche Ermahnung ausmachen, die der Schreiber an Penit gerichtet hatte: »Strengt euch an, aber verhaltet euch redlich.«
    Dann regnete von oben Konfetti herab, und Luftschlangen wurden aus den Fenstern und von den Dächern geschleudert. Die Trompeten schmetterten eine triumphale Fanfare, und die Kinder gingen in die Hocke und machten sich laufbereit.
    Der Mann schritt zur Wand, hob seinen Stab und ergriff das Band. Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes tat ein anderer es ihm gleich. Inmitten von buntem Konfetti, Jubel und Hörnerklang senkten die beiden Männer gleichzeitig die Stäbe und ließen das Band los. Tausend Kinder schnellten vorwärts und rannten los, um sich den begehrten Siegespreis des Lesherlaufs zu sichern.
    Mehrere stürzten, als Beine sich verhedderten und übereinander stolperten, aber alle sprangen schnell wieder auf und schlossen sich dem laufenden Feld an. Ohne sich dessen so recht bewusst zu sein, wurde Wendra von Erregung über das Rennen erfasst, als sie beobachtete, wie die Kinder ihr Tempo

Weitere Kostenlose Bücher