Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Stilletreuen gefunden haben«, sagte König Elan gerade zu Vendanji. »Aber im Soliel ist es nicht einfach, sich zu verstecken. An Eurer Stelle würde ich nur selten Rast machen, bevor Ihr die Saeculoren erreicht. Sogar die Stilletreuen überlegen es sich vielleicht noch einmal, Euch dahin zu folgen, so schrecklich sind die Geheimnisse, die dort verborgen liegen. Eure Bündel sind voll, Eure Wasserschläuche aufgefüllt.« Elan ließ den Blick aufmerksam über die Reittiere schweifen. »Wir haben uns um Eure Pferde gekümmert. Sie werden wenig außer Wasser brauchen, bis Ihr den Soliel verlassen habt.« Er zog fragend die Augenbrauen hoch. »Tillinghast?«
Vendanji nickte nur.
»Dann rühren wir an den Stoff der Charta und der Verse der Verlassenen. Ich bete, dass das, was Euch dort zurückgegeben wird, die notwendige Summe Eures Ersten Erbes ist, meine Freunde.« Elan musterte sie kurz, wie er es zuvor bei ihren Pferden getan hatte. Bei Tahn schien er einen Augenblick zu verweilen. »Seid wachsam. Entschlossenheit lässt oft nach, wenn ein Ziel in greifbare Nähe rückt. Die Saeculoren werden wahrscheinlich dafür sorgen, und wenn nicht sie, dann der Tillinghast.«
Tahn sah auf den Fernkönig hinunter. Eine Welle des Zweifels durchströmte ihn.
»Danke, Elan«, sagte Vendanji und schwang sich in den Sattel.
Die anderen traten unter dem lauten Knarren von Leder in ihre Steigbügel. Tahn fühlte sich an den Augenblick beim Kottenrein erinnert, wenn die Männer auf ihre Ackergäule stiegen, um an der rituellen Jagd teilzunehmen. Erregung durchzuckte ihn. Sutters Gesicht spiegelte das Gefühl perfekt wider; so begeistert hatte der Rübenbauer noch nie dreingeblickt. Die Aussicht auf ihr Vorhaben sorgte dafür, dass er sich im Sattel gerader aufrichtete. Braethen saß lesend auf dem Pferd, in der einen Hand die Zügel, in der anderen ein Buch.
Die Fern hatten ein Pferd für Penit bereitgestellt. Wendra schloss zu ihm auf und drückte ihm mit einer Hand den Arm.
Grant ritt neben Tahn und musterte ihn. Tahn hatte den Eindruck, dass der Verbannte bekümmert wirkte. Es hätte beim besten Willen kein Ausdruck weniger zum Gesicht des Mannes passen können. Dann streckte Grant Tahn ein kleines Bündel hin. Tahn nahm es.
»Du bist zu spät zum Morgenbrot gekommen, also habe ich dir etwas beiseitegelegt«, erklärte Grant.
»Danke«, erwiderte Tahn verwirrt.
»Es wird Zeit«, sagte Vendanji und sah Tahn geradewegs an, bevor er sein Pferd mit einem Tritt antrieb.
»Eichhörnchen, ich weiß nicht, was du getan hast, um dir die Verehrung dieses Mannes zu verdienen, aber ich glaube, mir wäre ein Nest zorniger Hornissen vorn in der Hose lieber als die seltsame Verbundenheit mit dir, die er zu empfinden scheint.«
Ein einziges kurzes Auflachen entschlüpfte Grant. Als Sutter und Tahn ihn fragend ansahen, deutete der Verbannte nur aufs Hoftor und forderte sie so auf, sich in Bewegung zu setzen. Mira rammte Solus die Fersen in die Flanken, ohne sich noch einmal umzublicken, und führte die anderen vom Stallhof.
Im Sonnenschein funkelte der Schiefer. Sie ritten acht Stunden am Stück und rasteten zwischenzeitlich nur kurz, damit ihre Pferde sich ausruhen konnten.
Spät am Tag wich der Schiefer rostroter Erde, die hier und da von einer Oase aus hohem grünem Gras rings um ein Wasserloch durchbrochen wurde. Dornige Blumen wuchsen auf der Erde und überzogen den Boden als riesiges Netz miteinander verbundener Ranken. Bäume mit langen dünnen Blättern ragten verstreut im Gelände auf. In ihrem Schatten sprossen blutrote Farne und gelbliche Büsche mit Blättern, die wie dumpfe Rasseln raschelten.
Vor ihnen ragten die Berge näher als zuvor in die Höhe und erhoben sich so jäh aus dem Boden, als wären sie von einem heftigen Erdbeben in den Himmel emporgestoßen worden. Je näher sie kamen, desto abweisender erschienen die Klippen und steilen Schluchten. Doch Vendanji wurde nicht langsamer. Es war, als würde er vor etwas Unsichtbarem fliehen, obwohl er sich nie umdrehte.
Hinter ihnen begann die Sonne unterzugehen. Goldene Farbtöne verblassten zu Braunrot und schließlich zum gedämpften Blau des Zwielichts. Als es dunkel wurde, machten sie endlich halt, um zu rasten. Mira spannte in der Nähe eines Wasserlochs ein Halteseil und band Solus daran fest. Die anderen taten es ihr nach und lösten ihr Bettzeug von den Sätteln.
Sutter ließ sich behutsam nieder und schnitt eine Grimasse, weil ihm Oberschenkel und Hinterteil
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