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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Vorgehens unter Beweis zu stellen.
    Braethen taten Beine und Rücken weh, und die Schnittwunde in seiner Hand pochte, aber selbst all die Stunden auf der Flucht konnten ihm nicht das Staunen beim Anblick der Pracht von Decalam rauben, mochte es auch dunkel sein. In ein paar Fenstern glommen schwache Kerzen, und in anderen, dunklen, hochgelegenen spiegelten sich die langen Strahlen des Sternenlichts wie ein Zwinkern des Himmels wider.
    Das alles bildete einen Kontrast zum Ritt der letzten zwei Tage. Braethen hatte Bauernhöfe gesehen, deren Felder ins Krau t geschossen waren, und Pflüge, die mitten im Ziehen einer Furche stehen gelassen worden waren. Viehpferche waren leer gewesen, und Türen hatten offen gestanden, als wären die Häuser in aller Eile verlassen worden. Manche Höfe waren noch bewohnt gewesen, aber auf den meisten hatten die Leute nur aus sicherer Entfernung durchs Fenster gespäht. Die Kinder hatten sich nicht zu ihnen vorgewagt; ihre Mütter hatten sie sich eng an die Hüften gezogen. Die Männer hatten mit einem Gesichtsausdruck dagestanden, als hätten sie gern ausgespuckt.
    Braethens Nervosität legte sich langsam, seine Schultern entspannten sich. Allerdings fragte er sich, was aus den Leuten werden würde, die jenseits der großen Mauer kampierten, wenn die Bar’dyn ihnen bis zur Stadt folgten.
    Mira übernahm die Führung und bog nach links in eine Reihe schmaler Gässchen und Seitenstraßen ab, wo sich Abfall vor Hintertüren häufte. Das Kopfsteinpflaster war rutschig von säuerlichen Ausflüssen des Unrats, und ein paar stinkende Haufen dampften warm in der kühlen Luft. Mehr als ein Bettler rollte sich nahe bei diesen Wärmequellen zusammen und nutzte den Kehricht als Kopfkissen und Decke, ohne sich zu rühren, als Braethen und die anderen vorbeikamen. Sogar der Gestank nach Innereien und menschlichem Kot schien die Straßenbewohner nicht zu stören.
    Bald kamen sie aus dem Krämerviertel in einen Stadtteil, der von großen Wohnhäusern und Gasthöfen mit Stallungen geprägt war. Die Fern zügelte ihr Pferd an der Rückseite eines schlichten, umfriedeten Hauses mit zwei Stockwerken. Ein Hinterhof lag hinter einem schmiedeeisernen Zaun von doppelter Mannshöhe. Das Mindere Licht beschien einen Springbrunnen, der von der Statue einer Frau dominiert wurde, die eine Vase trug und wie ein Gespenst bei einer unheiligen Salbung wirkte.
    Mira schwang sich aus dem Sattel und kletterte über den Zaun. Sie ließ sich in den Hof fallen und ging zur Hintertür, wobei sie sich ständig umblickte. Sie klopfte leise an, und einen Moment später schwang die Tür auf, ohne dass der Lampenschein zu sehen gewesen wäre, mit dem Braethen gerechnet hatte. Ohne Zögern folgte ein Mann Mira zum Tor, schloss es auf und winkte sie alle hinein. Der Mann trug noch sein Nachthemd, schien sich aber an ihrem Eindringen nicht zu stören. Er verschloss das Tor hinter ihnen und lief zu dem kleinen Stall hinüber, der in einer Ecke des umzäunten Hofs lag. Wieder öffnete er die Tür und ließ sie ein.
    Nachdem sie sich um die Pferde gekümmert hatten, führte der Mann sie ins Haus, ohne etwas zu sagen, und zündete noch nicht einmal ein Licht an, als sie sich in einer Essecke neben der Tür am Tisch niederließen. Durch hohe Fenster drang farbloses Mondlicht, das ihren Gastgeber – einen Mann mittleren Alters mit schütterem braunem Haar und kantigem Gesicht – bleich wirken ließ. Zugleich traf es Braethen mitten in die Augen und warf Schatten auf die anderen jenseits des Tisches, so dass ihr Gesichtsausdruck für ihn verhüllt war.
    »Ich entschuldige mich für die Vorsichtsmaßnahme, kein Licht zu entzünden, Sheson«, begann der Mann, »aber wir werden schon seit dem Erlass der Regentin genau beobachtet und seit Rolens Festnahme mehr denn je.«
    »Was ist geschehen, Malick?«, fragte Vendanji.
    »Vor zwei Monaten haben die Exigenten ihm eine Falle gestellt, um ihn zu überführen.« Der Mann schüttelte angewidert den Kopf. »Ein Ligat hat eines seiner eigenen Kinder vergiftet, weil er dachte, Rolen so dazu bringen zu können, mit eigener Hand das Kind zu heilen. Und so kam es auch. Rolen wird in den Katakomben unter den Hallen des Solath Mahnus festgehalten. Er will sich nicht befreien und wartet dort auf sein Urteil.«
    »Der Erlass schreibt den Tod vor«, sagte Mira.
    »Das Urteil, wie er sterben soll, nicht, ob er sterben soll«, fügte Malick hinzu.
    Braethen konnte Vendanjis Gesicht nicht deutlich erkennen,

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