Das Gift der Drachen Drachen3
förmlich nach Luft. Die Kinder waren alle stumm und atemlos, hofften verzweifelt, dass das, was Gen ihnen versprochen hatte, die Rückkehr zu ihren Zunftclans, wirklich wahr werden würde.
Das erschüttert mich bis heute am meisten: dieses Schweigen verzweifelter Kinder.
Einige der gefangenen Jungen dagegen sprühten förmlich Funken. Nun, da sie ihre Freiheit wiedererlangt hatten, machte sie die Empörung über das, was ihnen widerfahren war, kühn. Sie murrten, sahen sich finster um und verfluchten den Ranon ki Cinai, den Imperator und Lupini Xxamer Zu. Es kümmerte sie nicht, dass dieselben Paras, die sie in die Gefangenschaft geführt hatten, sie auch jetzt mit gezückten Schwertern umringten.
Gen war sich dessen hingegen sehr wohl bewusst. Noch bevor das letzte Kind auf die Karren gestiegen war, schwitzend und zitternd von den Bauchkrämpfen, erhob sich Gen von dem Bock des Karrens, den er fahren würde, und holte tief Luft. »Lupini Xxamer Zu ist ein gerechter Mann!«, dröhnte er. »Ein einfallsreicher Vorsteher. Seine Weigerung, mit Rishi zu handeln, um die Schulden des früheren Vorstehers dieser Brutstätte zu begleichen, hat ihm der Eine Drache in seiner Weisheit eingegeben. Erst vor wenigen Stunden hat Lupini Xxamer Zu eine andere Möglichkeit gefunden, eben diese Schulden zu bezahlen! Ich würde den Zorn eines solch moralischen Mannes nicht herausfordern, es sei denn, ihr wollt ihn dazu bringen, seine Entscheidung zu bereuen und wieder zurückzunehmen!«
Obwohl er die Tonsur und den grauen Bart eines alten Mannes trug, wirkte Gen plötzlich wieder wie der unzähmbare Hüne, der er in Wirklichkeit war, und ich bin davon überzeugt, dass nicht nur ich ihn mir mit zerzausten schwarzen Brauen vorstellte, als er die Jungen einen nach dem anderen ansah.
Seine Rede schüchterte die Jungen ein, und sie verstummten. Unsere Reise begann.
Es war schwül, die Luft war feucht und von Gerüchen geschwängert. Wolken drohten am Horizont; Wolkenbänke in brütendem Grau. Als würde die Sonne ihr Nahen spüren, glühte sie vor Wut. Auf dem Karren wurden die Kinder und ich träge.
Er war klug, der Drachenjünger Gen, wo ich naiv war. Ich hatte Tränen und freudige Wiedervereinigung erwartet. Doch nein. Ärger herrschte vor, viel Ärger, der sich gegen Gen richtete und die Akolythen, die gezwungen worden waren, die anderen Karren zu kutschieren. Es war kein Ärger darüber, dass die Kinder zurückgebracht wurden, oh nein. Es war Ärger darüber, dass sie entführt worden waren, ein scheußlicher Akt, der auch noch so ungeschickt durchgeführt worden war. Es war gut, dass die Paras uns begleiteten. Allein ihre drohenden Schwerter verhinderten, dass Gen und die Akolythen von den Böcken gezerrt und zu Brei geschlagen wurden.
Es war bereits dunkel, als mir der fleischige, ranzige Geruch des Arbiyesku in die Nase stieg. Die Wolken am Horizont waren näher gekommen und hüllten viele der Sterne in undurchdringliches Schwarz. Runami, Savga und Oblan waren ausgetrocknet und schmutzig und hockten zusammengesunken neben mir auf dem Karren.
Unsere Karren rollten auf den Hof des Arbiyesku. Sie alle waren leer, bis auf den, den Gen fuhr, und ihre Achsen quietschten wie Grillen. Wir blieben stehen. Es herrschte tiefste Stille. Neben mir atmete Savga so laut wie ein Blasebalg.
Aus dem Dunkel vor dem Frauenhaus lösten sich Schatten. Weitere Schatten tauchten in den Türen der Lehmziegelhütten auf. Langsam, wie verwahrloste Gespenster, kamen sie näher. Das Licht der Sterne fiel auf sie und erweckte den Eindruck, als träte aus ihrer fleckigen Haut flüssiges Silber aus wie Blut. Zahllose Augen starrten uns an. Wartend.
Heiser und erschöpft wiederholte Gen seine Rede, verkündete die Abneigung des neuen Lupini gegen Menschenhandel und beschwor seine Genialität, andere Mittel gefunden zu haben, um die Schulden des vorigen Vorstehers zu begleichen. Aber während seine Worte heute Morgen noch echt geklungen hatten, wirkten sie jetzt zurechtgelegt und hohl.
Die beiden Jungen des Arbiyesku kletterten langsam von unserem Karren herunter. Ein Para nahm ihnen die Handschellen ab. Einer der Jungen, der höchstens acht Jahre zählte, spie dem Para vor die Füße, drehte sich langsam um und verschmolz mit den Schatten der Wartenden.
Ich stand mühsam auf und half Runami, Oblan und Savga, sich ebenfalls aufzurichten.
Ein Para beugte sich über den Rand des Karrens und löste unsere Fesseln. Sie fielen wie schwarze, zerbrochene
Weitere Kostenlose Bücher