Das Glueck Beginnt in Dir
sein. Wenn du Licht geworden bist, dann wirst du selbst zum Engel des Lichts für andere werden.
29. MÄRZ :
Spüren, wer wir sind
«Der Weg zum wahren Du im andern Menschen führt durch die innere Einsamkeit!» Der Existenzphilosoph Ferdinand Ebner hat sich von der doppelten Bewegung, die in der Einsamkeit liegt, anregen lassen. Er sieht in der Einsamkeit eine Bedingung für wirkliche Gemeinschaft: Wer immer in der Nähe von Menschen sein muss, der stößt oft nicht zum wahren Du vor. Oft braucht er die Menschen nur, um seine Einsamkeit zu verdecken. Doch wirkliche Begegnung ist dann nicht möglich. Man klebt vielmehr am anderen.
Nur wer in der Einsamkeit ganz bei sich sein kann, ist fähig, das Du der anderen zu entdecken und zu würdigen. Er vereinnahmt den anderen nicht, sondern bleibt staunend vor seinem Geheimnis stehen. Er achtet den anderen. So erst spürt er, was das heißt: «Du».
Ebner ist mit dem anderen großen Denker des Dialogischen, mit Martin Buber, überzeugt, dass wir unser wahres Ich erst am Du finden. Aber um das Geheimnis des Du zu erahnen, ist es notwendig, die innere Einsamkeit auszuhalten und in der Einsamkeit zuerst einmal das Geheimnis des Ich-Seins zu entdecken.
Wir meinen, wir wüssten, wer wir sind. Doch wer sind wir wirklich? Wo ist der Punkt, an dem man «Ich» sagen kann? Das Wunder der Begegnung findet nur statt, wo wir um das Geheimnis des Ich und Du wissen. Dafür aber brauchen wir die Erfahrung der Einsamkeit.
30. MÄRZ :
Besitzen, als besäße man nicht
Die Weisen haben zu allen Zeiten gefordert, man solle sich innerlich frei machen gegenüber dem Besitz; man solle fähig werden, den Besitz loszulassen, zu besitzen, als besäße man nicht. Gabriel Marcel und Erich Fromm stellen der Ordnung des Habens die des Seins gegenüber. Der Wert eines Menschen bemisst sich nicht nach dem, was er hat, sondern nach dem, was er ist. – Die Ordnung des Seins ist zugleich die des Empfangens, der Gnade. Der Mensch, der alles an sich rafft und alles haben will, wird unfähig zu empfangen, unfähig, die Güter dieser Welt zu genießen, letztlich unfähig, sie zu seinem Nutzen zu gebrauchen.
31. MÄRZ :
«Ich lasse das Leben auf mich regnen»
«Was machen Sie?», wurde die Dichterin Rahel Varnhagen einmal gefragt. Ihre Antwort: «Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen.» Eine überraschende Reaktion: Heute wollen wir jede Haltung lernen. Wir wollen wissen, wie ich Glück lernen kann, wie ich Lust am Leben einüben kann. Doch je mehr man etwas machen will, desto schneller entschwinden Glück und Lust. Rahel Varnhagen hat eine andere Antwort: Sie tut nichts, um das Leben als Lust zu empfinden. Sie lässt das Leben einfach auf sich regnen. Wenn ich im Regen stehe und den Regen einfach auf mich strömen lasse, dann kann ich tatsächlich Lust empfinden.
Normalerweise ist uns Nässe unangenehm, wir schützen uns vor Regen. Das ist auch normal. Denn wir können nicht mitklammen Kleidern herumlaufen. Doch wenn ich fast unbekleidet im warmen Regen stehe, dann fühle ich auch auf ganz angenehme Weise, wie es strömt. Im Regen spüre ich das fließende und strömende Leben selbst.
Ich habe zehn Jahre lang mit Jugendlichen eine Wanderwoche veranstaltet. Einmal sind wir von einem starken Regenguss überrascht worden. Es war vorher sehr warm. Die Jugendlichen sind vor dem Regen nicht geflohen. Sie haben den Regen richtiggehend genossen und angefangen, im Regen zu tanzen. Man sah ihnen ihre Lust an, den Regen mit allen Sinnen wahrzunehmen, anstatt sich dagegen zu wehren.
Rahel Varnhagen sieht den Regen als Bild für das Leben. Sie stellt sich in den Strom des Lebens. Das Leben ist überall da. Es umgibt uns. Wir brauchen uns nur zu öffnen. Dann spüren wir, wie das Leben auf uns einregnet. Das Leben wahrzunehmen, das schon da ist, das ist Lust am Leben.
APRIL: Neues Leben finden
1. APRIL :
Die Stille genießen
«Wer nie allein ist, kennt die Freude des Alleinseins nicht!» Der Sufi-Weise Hazrat Inayat Khan sagt das. In Gesprächen höre ich oft etwas anderes. Da klagen viele: «Ich fühle mich so allein. Niemand kommt zu Besuch. Ich habe keinen, mit dem ich mich austauschen könnte.» Alleinsein wird zu einer Quelle des Leids. Es gibt allerdings auch die andere Sicht. Wenn ich mein Alleinsein bewusst wahrnehme, kann ich es auch genießen. Ich kann mich freuen, dass ich jetzt ohne Störung von außen bin, dass jetzt niemand etwas von mir will, keiner an mir zerrt und niemand Ansprüche an
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