DAS GLÜCK IM AUGENWINKEL 2: Edition Nancy Salchow (German Edition)
schließlich.
"Ja, ich -" Unbehagen machte sich in ihr breit. "Ich habe allerdings keine Ahnung, was das zu bedeuten hat."
Er kam näher und legte die Hand auf ihre Schulter. Sein Blick war verständnisvoll, geradezu väterlich, während sich ihr Unbehagen langsam auflöste. Sie erinnerte sich an das Verständnis, das er ihr gerade in den ersten Wochen nach Patricks Tod entgegengebracht hatte, die Fürsorge, die er sie selbst heute noch hin und wieder spüren ließ. Manchmal hatte sie den Eindruck, dass sie tatsächlich so etwas wie väterliche Gefühle in ihm weckte.
"Wenn es etwas gibt, das Sie klären müssen, können Sie sich gerne für den Rest des Tages freinehmen", sagte er. "Frau Kleinfeld und ich schaffen das schon allein."
"Wie kommen Sie darauf, dass ich etwas zu klären habe?"
"Weil Sie schon den ganzen Tag über so konfus sind."
"Ich? Konfus?"
"Na ja. Sie sind heute schon zum zweiten Mal ins Lager gegangen, um nach Restexemplaren der Rückert-Anthologie zu suchen." Er lächelte mitfühlend. "Und wir wissen beide, dass wir die Anthologie seit über einem Jahr nicht mehr im Programm haben."
"Oh."
"Vielleicht hat Ihr Zustand etwas mit besagter Annonce zu tun?"
"Nein, ich ... ich weiß nicht mal, von wem die Annonce ist. Ich habe nur ein wenig Zeit für mich gebraucht, deshalb bin ich ins Lager gegangen. Es tut mir leid. Wenn Sie wollen, arbeite ich dafür gerne die Mittagspause durch."
"Sie sollen nicht mehr arbeiten", antwortete er. "Sondern weniger. Deshalb würde ich Ihnen raten, mein Angebot anzunehmen und sich den Rest des Tages freizunehmen."
"Wenn Sie meinen", sagte sie mit einem leicht unhöflichen Unterton.
"Ja, das meine ich."
*
Sie ließ sich rücklings auf das Bett fallen. Auch wenn sie sich anfangs gegen Volkmanns Vorschlag gesträubt hatte, war sie nun froh, in der Sicherheit der eigenen vier Wände zu sein. Hier konnte sie sich unbeobachtet in Gedanken verlieren.
Was hatte es mit dieser Anzeige auf sich? Und wer war dieser Simon? Sie wurde das Gefühl nicht los, dass es ein Trick war, um sie anzulocken. Aber wer tat so etwas Geschmackloses? Immer wieder kam ihr Detlef in den Sinn. Aber passte es zu ihm, eine Annonce aufzugeben, in der er sich als jemand anderes ausgab? Es musste ihm doch klar sein, dass sie wütend sein würde, wenn sie erst einmal erkannt hatte, dass er hinter alledem steckte? Glaubte er wirklich, dass sie sein Verhalten originell finden würde, vor allem, wenn er es sich herausnahm, ihre Trauer um Patrick dafür auszunutzen?
Sie spürte Wut in sich aufsteigen. Langsam richtete sie sich auf und griff nach ihrem Handy, das neben ihr auf dem Bett lag. Wild entschlossen durchsuchte sie ihre Kontaktliste und drückte auf seinen Namen. Mit jedem Ton, den das Anwählen von sich gab, wurde sie sicherer. Er war es. Er steckte dahinter.
"Heeey." Er schien überrascht zu sein. "Welch unerwartete Freude!"
"Unerwartet? Wohl kaum. Deswegen hast du diese schwachsinnige Aktion doch gestartet, damit du mich dazu bringst, bei dir anzurufen."
"Aktion? Wovon redest du?"
"Du weißt genau, wovon ich rede. Erst der Buchladen, dann das Café, und nun auch noch diese geschmacklose Annonce. Was auch immer du damit bezweckst, Detlef, es wird nicht funktionieren. Im Gegenteil, du erreichst damit nur, dass du den positiven Eindruck, den ich von dir hatte, nach und nach zerstörst. Dir dafür sogar eine zweite Telefonnummer zuzulegen ist einfach nur krank."
"Was für eine Telefonnummer? Und was habt ihr ständig mit dem Buchladen? Claudia fing auch schon an, mich danach zu fragen. Ich war nicht im Buchladen. Auch in keinem Café. Und ich habe keine Ahnung, von welcher Annonce du sprichst. Warum sollte ich solche lächerlichen Wege gehen, nur um Kontakt zu dir aufzunehmen?"
"Keine Ahnung. Und es ist mir auch egal, warum du es getan hast. Hör nur einfach auf damit!"
"Aber ich war es nicht, Nita! Warum sollte ich -"
"Wie gesagt, hör einfach auf damit!"
Sie legte auf, bevor er sich in weitere Ausflüchte verlieren konnte. Ihre Hände zitterten. Sie war schroff gewesen. Wütend. Geradezu gemein. Und doch wusste sie, dass es nötig war, um ihn ein für alle Mal wachzurütteln.
Während sie das Handy zur Seite legte, kamen ihr jedoch erste Zweifel. Und wenn es doch stimmte und er nichts mit den Aktionen zu tun hatte? Sie durchkämmte ihren Kopf nach möglichen Kandidaten, doch niemand wollte ihr einfallen. Bis auf Detlef hatte sie in den letzten Monaten keinerlei männliche
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