Das Glück mit dir (German Edition)
Pascal und Fermat nun stellen, lautet: Wie sollen die beiden Spieler den Einsatz aufteilen?«
Patsy ist immer knapp bei Kasse, und Nina leiht ihr Geld. Auch nachdem Nina und Philip wieder aus Berkeley weggegangen sind, bleibt Nina noch eine Zeit lang mit ihr in Kontakt. Dann zieht Patsy nach Santa Fe, später nach Phoenix; Ninas letzter Brief kommt mit dem Stempel Empfänger unbekannt auf dem Umschlag zurück.
»Pascal und Fermat lösten das Problem, indem sie alle Spielausgänge betrachteten, die bei fünfmaligem Werfen möglich gewesen wären. Und da eine Spielerin – nennen wir sie Louise nach meiner sechsjährigen Tochter – nach drei Würfen mit 2 zu 1 führt – drei Würfen, die also zweimal Kopf und einmal Zahl ergeben haben –, so bestehen für die verbleibenden zwei Würfe folgende Möglichkeiten:«
KK KZ ZK ZZ – Philip schreibt es an die Tafel.
»Da jedes dieser vier Ergebnisse gleich wahrscheinlich ist, ergibt sich: Im ersten Fall, KK, gewinnt Louise; im zweiten und dritten, KZ und ZK, gewinnt ebenfalls Louise; und im vierten Fall, ZZ, gewinnt der andere Spieler. Das bedeutet, dass bei drei von vier möglichen Ausgängen Louise gewinnt, und nur bei einem der andere Spieler. Louise hat damit einen Vorteil von 3 zu 1 und der Spieleinsatz sollte zu drei Vierteln ihr und zu einem Viertel dem anderen Spieler ausgezahlt werden. Können Sie mir folgen?«
Schweigen.
»Was ich damit sagen will«, fährt Philip nach einer Pause fort, »ist, dass Pascals und Fermats Briefe erstmals eine Möglichkeit aufzeigen, die Zukunft vorauszusagen, indem man die numerische Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses berechnet und, noch wichtiger, wie man Risikomanagement betreibt.«
In ihrem chambre de bonne steht das schmale, mit einem indischen Tuch verhüllte Bett direkt an der Wand und dient gleichzeitig als Sofa; ihm gegenüber befindet sich ein abgewetzter hölzerner Schreibtisch; darauf eineelektrische Heizplatte, ein paar Teller, zwei Porzellantassen und ein Radio. Ein hölzerner Armlehnstuhl steht am Fenster und auf dem Boden stapeln sich Bücher; auf dem Regalbrett über dem Waschbecken stehen ihre Toilettenartikel, eine Flasche Johnnie Walker Red Scotch, eine halbleere Dose Nescafé und ein Handspiegel. Mehrere Ausstellungsplakate der Kunstgalerie, in der sie arbeitet, sind an die Wand geheftet. An der Tür hängen an Haken einige Kleiderbügel mit Röcken, Kleidern und ihrer Lederjacke; dazu ein Männerhut.
Philip nimmt den Hut in die Hand und fragt: Wem gehört der denn?
Von ihrem Fenster aus blickt sie über die Mansardendächer, und wenn sie den Hals reckt, kann sie in einen kleinen Garten schauen, in dem nie jemand zu sehen ist, außer manchmal einem kleinen weißen Hund, der dort wie verrückt herumrennt. Im Haus gegenüber sieht sie direkt ins Esszimmer, wo abends eine Familie – Mutter, Vater und drei Kinder – ihr Abendessen einnimmt. Sie schaut zu, wie sie sich unterhalten, lachen, einander die Teller reichen und sich nachschenken.
Morgens, sie ist oft spät dran, fährt sie mit der Metro zur Arbeit, den Heimweg macht sie zu Fuß, wenn es nicht regnet oder kalt ist. In diesem Frühjahr gewöhnt sie sich an, Männerhüte zu tragen – sie findet, das gibt ihr einen modischen Touch.
Später hat sie nur noch selten Briefe von Philip bekommen. Von Zeit zu Zeit eine Postkarte von irgendeinem fernen Ort, in dem er an einer Konferenz teilnimmt,Karten, die sie nicht immer aufhebt. Eine dieser Postkarten – mit dem Foto einer Dschunke – kam erst an, als Philip längst wieder zu Hause war.
Gestern Abend habe ich auf dem Peak im Haus eines wohlhabenden Chinesen und seiner eurasischen Frau zu Abend gegessen. Er ist Anwalt und Mitglied des Kuratoriums der hiesigen Universität. Sie haben eine fantastische Sammlung an Jadekunstwerken, auch Sachen aus der Ming-Dynastie. Einige Stücke wurden für das Gedeck verwendet. Es gab allerhand exotische Gerichte, darunter Hähnchenhoden! Das Wetter ist herrlich. Ich schlage vor, wir ziehen sofort nach Hongkong um. Alles Liebe Dir und Lulu, Philip
Schon wieder Sofia.
Eine schlanke, dunkelhaarige Frau in einem eng anliegenden, seidenen Qipao , die mit glatten Elfenbeinstäbchen Hähnchenhoden isst.
Wie schmeckt das denn?
Hähnchenhoden? Schwer zu sagen. Wie Gummibänder.
Spricht sie Englisch?, fragt Nina auch.
Natürlich. Sie hat in Oxford studiert und spricht mehrere Sprachen – Englisch, Französisch, Spanisch, hat sie gesagt, glaube ich. Abgesehen von
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