Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Izquierdo
Vom Netzwerk:
ebenso wie Elisabeth, die ihn mit vorwurfsvollen Blicken wie eine Mumie eingewickelt hatte. Immerhin war Schulze zur Arbeit erschienen, das war ja schon mal was.
    Er schloss sein Büro auf und steckte erst einmal den Kopf zur Tür hinein: Sein Schreibtisch war leer. Erleichtert atmete er auf – der Spuk war vorbei! Er hatte den Antrag gestern in den Reißwolf gesteckt, der Vorgang war für Albert erschöpfend bearbeitet worden. Vielleicht hatte der Antrag nur gewollt, dass er ihm auf den Grund ging, und war daher nicht gestorben, aber jetzt hatte alles ein Happy End. So etwas gab’s ja auch in Gespenstergeschichten. Etwas, was zu Lebzeiten nicht aufgearbeitet worden war, trieb nach dem Tod ruhelos durch die Zimmer. Vielleicht so eine Art Fluch, der erst endete, wenn man die Bestimmung des Antrages herausgefunden hatte. Albert lächelte glücklich: Er hatte ihm seinen ewigen Frieden geschenkt.
    Das war ein tolles Gefühl.
    Er nahm Platz, schaltete den Computer ein und legte die Hände auf die Schreibtischunterlage. Und schon klopfte es. Wie jeden Morgen trat Susanne ein, eine gut gefüllte Kladde mit allerlei Anträgen im Arm. Herrlich!
    »Morgen, Herr Glück.«
    »Guten Morgen, Susanne.«
    Sie legte ihm die Kladde auf den Tisch. »Na, Sie haben aber gute Laune heute!«
    »Ja, das stimmt.«
    Sie nickte ihm zum Gruß zu: »Wiedersehen, Herr Glück.«
    »Auf Wiedersehen, Susanne.«
    Sie schloss die Tür des Büros hinter sich.
    Albert schlug die Kladde auf und gleich obenauf lag: der Antrag.

22.
    Albert hämmerte gegen Annas Haustür.
    Wen interessierte hier schon die frische Luft oder die dreckige? Die Autos, die gehetzten Menschen, die Fachgeschäfte für Erotikartikel, die unfreundlichen Busfahrer? Die Weite und die Bedrohung der Außenwelt? Die freundliche Stille der Innenwelt? Wen zum Teufel interessierte denn das?
    Albert hatte ein ganzes Kaleidoskop der Empfindungen hinter sich, angefangen beim Schock, dann Wut, dann Sorge und jetzt Angst. Dieser Antrag hatte es auf ihn abgesehen: E 45 war behördlich nicht aufzuhalten. Ein Rätsel. Und Anna Sugus war der Schlüssel dazu. Wenn sie ihm nicht half, würde es noch ein böses Ende nehmen.
    Anna öffnete die Tür.
    »Frau Sugus«, rief Albert aufgeregt, »der Antrag …«
    Bamm! Die Tür knallte wieder vor seiner Nase zu, doch diesmal ließ Albert sich nicht einfach abwimmeln. Er hämmerte erneut gegen die Tür. »Frau Sugus, bitte! Sie müssen mir helfen! Der Antrag … er verfolgt mich!«
    Einen Moment kehrte Stille ein, dann öffnete Anna vorsichtig die Tür: »Er verfolgt sie?«
    »Ja.«
    Sie stieß die Tür auf und bat ihn mit einer Geste einzutreten. Albert atmete dankbar durch: Jetzt würde sich hoffentlich klären, was es mit diesem Wiedergänger auf sich hatte und was er von ihm wollte. Und wenn das erst mal klar war, könnte er ihn erlösen. Und sich selbst auch.
    Sie betraten das Wohnzimmer.
    Albert war erschüttert: Wie sah es denn hier aus? Der Raum enthielt keinerlei praktische Einrichtungsgegenstände wie Tisch oder Stuhl oder Schrank oder sonst etwas in dieser Art. Stattdessen standen überall Staffeleien, Bilder, Farbtöpfe und Pinsel herum. In gewaltiger Menge, denn Anna Sugus war ganz offensichtlich überaus produktiv. Was bei der Art von Bildern auch nicht schwer zu sein schien, denn alle waren irgendwie … bunt. Wild. Unkontrolliert. Es gab keine Formen, keine Muster, keine Regelmäßigkeiten. Nichts verriet eine Linie oder einen Gedanken, alles sah aus, als hätte man mehrere Farbeimer über einer Leinwand explodieren lassen. Ja, man hätte sagen können: Die Bilder waren unordentlich. Die Malerin hingegen war es nicht, jedenfalls nicht äußerlich. Man hätte sie über und über vollgekleckst erwartet, aber nur ein paar verschmierte Farben auf ihrem Kittel verrieten, dass sie die Urheberin der Bilder sein musste.
    Sie hatte ihn genau beobachtet, amüsiert über seinen Gesichtsausdruck, bevor sie ihn fragte: »Verstehen Sie was von Kunst?«
    Albert sah sich im ganzen Raum um, betrachtete die wilden Bilder, die alle irgendwie ähnlich aussahen.
    »Ist das Kunst?«, fragte er neugierig.
    »Natürlich ist das Kunst!«
    »Dann verstehe ich nichts von Kunst.«
    Sie war angetan von seiner Offenheit, die ganz sachlich war, keinerlei Ironie verriet, sondern allenfalls ein wenig Verwirrung. Die wenigen Menschen, die sie bisher besucht hatten, hatten sich in Lob geflüchtet, ihr versichert, dass ihre Kunst wirklich interessant war, aber ihre

Weitere Kostenlose Bücher