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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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Sofa und warte auf die Drösel. Kennen Sie so Momente, wo man sich mit der flachen Hand an die Stirn haut und sich 100 Mal vorsagt: »Was bin ich nur für ein Vollidiot?« Dabei stört mich die Türklingel. Das muss sie sein. Anstatt mich tot zu stellen oder zu sagen, ich hätte überraschend die bekannte Ein-Wochen-Migräne bekommen, bitte ich sie herein und nehme ihr die Jacke ab. Steif wie zwei Zinnsoldaten stehen wir im Flur herum und wissen beide nicht, was wir sagen sollen. Die Drösel macht den Anfang: »Hier«, sagt sie vorsichtig und hält mir eine Flasche Cava hin. »Äh, danke«, antworte ich und kratze mich als Übersprungshandlung am Kopf. »Komm doch rein.« Während ich die Flasche öffne und uns eingieße, rudern wir in der Küche um unsere jeweilige Verlegenheit herum. Sie hält mir ihr Glas hin: »Na dann, Prösterchen«, und wir stoßen zaghaft an und sehen uns beim Nippen in die Augen. Wie zwei Gladiatoren: nur nicht den Feind aus den Augen lassen, denke ich.
    »Ich wollte immer schon mal deine Wohnung sehen«, sagt die Drösel plötzlich, und da bin ich baff. »Warum das denn?«, frage ich und sehe mich reflexartig gleich selbst um. »Weil du so kreativ bist, da war ich einfach neugierig, wie es bei dir aussieht.«
    Sie findet mich kreativ? »Ach, findest du?« Ich schenke uns gleich noch ein Glas ein. »Ja«, sagt sie, »das bin ich leider überhaupt nicht.«
    Stille.
    Ich halte ihr mein Glas entgegen: »Dafür kannst du besser mit Leuten umgehen, da stelle ich mich an wie eine Autistin.« »Stimmt«, sagt sie lächelnd und stößt mit mir an. Ich werte das als eine Art Nichtangriffspakt. Und dann sieht sie mir über ihren Sektglasrand direkt in die Augen: »Warum hast du mich überhaupt eingeladen?« Ach herrje. Ich kann ja schlecht sagen: Weil ich mich in einem nostalgisch-euphorischen Zustand darin verstiegen habe, ich könnte sogar mit dir Freundschaft schließen. Ehrlich bleiben, denke ich und sage: »Wir arbeiten jetzt schon so lange zusammen, aber irgendwie hatten wir keinen guten Start und wir haben das auch nie ausgebessert.« Sie nickt ernst. »Stimmt.« Und schon wieder Stille. Die Einladung war ein erster Schritt, aber jetzt muss hier was vorwärtsgehen. Und dann rettet mich Schmitz, der um die Ecke biegt und ausgiebig die Drösel’schen Schuhe beschnüffelt. »Der ist aber süß«, und schon knuddelt und knautscht sie an Schmitz herum, dem das gut gefällt. »Ich habe zwei Katzen zu Hause«, erzählt sie, ohne ihren Blick von Schmitz abzuwenden. Froh, dass es um etwas anderes geht als um uns, frage ich ein bisschen nach und sie kommt in Schwung. Ich lasse mich anstecken und wir erzählen uns gegenseitig lustige Geschichten aus der Tierhalterwelt. Wie mein Hund Haschkekse gefressen hat, wie ihre Katze von der Feuerwehr vom Baum geholt werden musste und sofort nach der Rettung wieder auf den gleichen Baum gestiegen ist. Sie sieht plötzlich aus, als hätte sie ein Lifting machen lassen, das Gesicht ist gestrafft, ihre Augen glänzen und auf ihren Wangen leuchtet es gesund rot. Vor lauter Begeisterung fängt sie das Gestikulieren an, der Cava schwappt aus dem Glas und wir lachen. Zum ersten Mal, seit wir uns kennen. Jetzt wage ich es: »Es tut mir leid, wie ich mich dir gegenüber benommen habe.« Ihr Gesicht wird wieder ernst, sie zieht eine Augenbraue nach oben. »Du meinst, dass du mich immer ›die Drösel‹ nennst?«
    Jetzt bin ich platt. »Das weißt du?« Sie nickt langsam und ihre Augen blitzen schelmisch. »Und rate mal, wie ich dich immer genannt habe.«
    »Du mich?« Das läuft mir aber langsam aus dem Ruder hier. »Wie denn?«
    »Die Ente.«
    Das gibt’s doch nicht. »Das gibt’s doch nicht, wieso das denn?«, frage ich und sehe auf meine Füße, ob die vielleicht einen watscheligen Eindruck machen.
    »Weil du, immer wenn dir was nicht in den Kram passt, so eine Schnute machst. Wie eine Ente«, antwortet sie und wird jetzt etwas unsicher, ob ich ihr nicht vielleicht doch eine auf die Zwölf gebe. Wir sehen uns an, mucksmäuschenstill ist es und Schmitz zu unseren Füßen sieht abwechselnd von einer zur anderen.
    »Quak«, mache ich und im nächsten Moment lachen wir laut los. Wenn sie lacht, sieht sie gar nicht mehr so dröselig aus.
    »Wie heißt du eigentlich mit Vornamen?« frage ich sie. »Eva«, sagt sie. Wie Eva sieht sie jetzt aus. Das ist doch ein Anfang.
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    Eine Extraspalte meiner Freundesbilanz bildet Kathrin. Jana, Anne und L. können

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