Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
Freund, ein fetter Kerl, der sich um Elena gekümmert hatte, als sei sie sein eigenes Kind.
Und seitdem? So viele Orte, so viele Menschen. Und so viele Männer. Sie hatte sie allesamt durchprobiert, quasi stellvertretend für ihre Schwester und ihre Cousine, hatte das Leben für drei Frauen geführt und zumindest ein paar Stunden lang auch für einen Mann. Kein Wunder, dass sie so müde und erschöpft war. Dennoch. Hatte sie sie nicht alle geliebt? Hatte ihr nicht jeder Einzelne von ihnen ein
herrliches Geschenk gemacht, das nur er mit ihr allein teilen wollte?
Momente, dachte sie und schenkte sich Kaffee ein, ließ den Blick über die stille, verschneite Morgenlandschaft Aspens schweifen. Geschenke.
Bevor sie Dmitri begegnet war, hatte es diesen Bluesmusiker namens James in San Francisco gegeben. Ein großer schlanker Mann mit breiten Schultern und Händen wie Essteller: James, der ein gutes Stück älter war als sie, betrat einen Club, in dem sie manchmal feierte, und bestellte frittierten Fisch, der in Zeitungspapier verpackt verkauft wurde. Seine Füße waren lang und schmal und steckten in teuren, gepflegten Lederschuhen, und er trug einen Nadelstreifenanzug – etwas, das Elena noch nie an einem Mann gesehen hatte. Er erblickte sie und sagte etwas mit seiner erdigen Bluesstimme, und Elena sah irgendetwas in seinen Augen, irgendein Wissen, das sie selbst nicht besaß. Er war viel zu alt für sie, fast zwanzig Jahre älter, damals an die fünfzig. Die Haut an seinem Hals wurde bereits schlaff, und tiefe Falten gruben sich um seine Augen. Er war alt, dachte sie, aber nicht sein Körper, den er ihr so großzügig schenkte, nicht sein üppiger, erfahrener, köstlicher Mund, nicht seine Küsse, die die besten waren, die sie jemals mit einem Mann ausgetauscht hatte. Innige Küsse und seine langen Finger, sein tiefes, alles umschließendes Lachen. Er stammte von irgendwoher aus dem Süden, lebte in einem kleinen Haus in einer Wohngegend mit vielen Bäumen, und er grillte gern an Sommersonntagen – Rippchen und Hühnerfleisch auf einer umfunktionierten Blechtonne. Seine Saucen bereitete er mit Kaffee und Essig zu, und das Fleisch wurde in üppigen Portionen auf Papptellern und mit viel Weißbrot und Bier serviert. James. Ja. Manchmal dachte sie an ihn, wenn sie einen Bluessong hörte, wenn ihr der Duft von gegrilltem Huhn
in die Nase stieg oder wenn jemand herzhaft lachte. Er war der glücklichste Mann gewesen, dem sie je begegnet war – glücklich in seiner Haut, glücklich mit dem Rest der Welt, glücklich beim Singen, im Bett oder beim Trinken. Am Ende war er einfach zu alt für sie gewesen oder vielleicht auch zu einfach in seinen Strukturen. Sie denke zu viel nach, sagte er immer zu ihr, und es hatte ihm nicht gefallen, dass sie sich so auf ihre Karriere konzentrierte, auf das Restaurant, wo sie manchmal sechzig bis siebzig Stunden pro Woche verbrachte. Er wollte mehr von ihr.
Am Ende trennte sie sich von ihm, aber es gab Momente, in denen sie ihre gemeinsamen Ausflüge in vollen Zügen genoss – wenn sie gemeinsam an einem heißen Sommertag in Oakland in einem kleinen Fischrestaurant saßen, ohne Ventilatoren oder eine frische Brise, dafür in unmittelbarer Nähe des Grills, so dass es sogar noch heißer war. Der Fisch wurde in einem knusprigen, hauchdünnen Teig frittiert, salzig und üppig. Weißfisch, der mit heißem Essig besprenkelt und dann serviert wurde. Alle dort kannten James und setzten sich gern zu ihm, zu ihrem Bluesman, der in den Clubs in der Stadt spielte und mit dem man sich so gut über Musik unterhalten konnte. Er sah sie an und zwinkerte ihr zu, und sie grinste zurück, und mehr gab es nicht zu sagen.
Ihre Gedanken wanderten zu Timothy, dem stämmigen Briten, und seiner Version von frittiertem weißem Fisch aus den Fish&Chips-Buden – heiß, fettig, salzig und ebenfalls mit Essig besprenkelt. Sie lernte ihn in Paris kennen, auf der Kochschule, einen dunkelhaarigen Mann von vierundzwanzig Jahren mit der hellsten Haut, die sie je gesehen hatte, fein und blass wie Milch, und die empfindlich auf Seifen und jede Art von Chemikalien reagierte, was sich im Küchenalltag als äußerst schwierig erwies. Schon damals war er kräftig gebaut und mittlerweile wahrscheinlich fett geworden,
aber dank dieser besonderen Mischung aus blasser, heller Haut, lebhaften Augen und schimmerndem schwarzem Haar ein attraktiver Bursche. Er war begeistert von ihrer exotischen Herkunft – New Mexico! -, der
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