Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
sich an den Schreibtisch und gestattete sich einen Moment aufrichtiger Verzweiflung. Sie dachte an Juan, der in diesem Moment in einem Laster saß und unterwegs nach Mexiko war, an die Jungs an der Spülmaschine, an die Frauen und Kinder, die gemeinsam mit all den Bauarbeitern zurück nach Hause gebracht wurden, an all das Geld, das sie mitnahmen und das in die Rachen der Schleuser und korrupten Beamten fließen würde, die sich auf Kosten der Träume kleiner Leute und deren Leid eine goldene Nase verdienten.
All das machte sie so wütend. Sie spürte, wie die Wut heiß in ihrer Kehle aufstieg.
Ivan klopfte an den Türrahmen, obwohl die Bürotür offen stand. »Alles klar, Boss?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, aber es wird trotzdem alles klappen. Gibt es irgendeine Möglichkeit, wie wir zu Juan Kontakt aufnehmen können, wenn er wieder in seiner Heimat ist? Weiß irgendeiner, woher er stammt?«
»Ich werde es herausfinden. Er ist ein guter Mann.« Ivan senkte die Lider. Elena wartete. »Es tut mir leid. Aber wir werden es schon schaffen.«
»Sie haben es mir versprochen«, sagte sie. »Und Sie haben jeden Einzelnen von ihnen überprüft.«
»Das habe ich auch. Ich schwöre bei Gott.« Er hob eine Hand. »Doch es ist nicht sonderlich schwer, die Ausweispapiere mit einer Sozialversicherungsnummer zu fälschen, oder? Sie alle hatten tadellose Papiere.«
Elena seufzte. »Stimmt. Es war nicht Ihr Fehler.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber wie zum Teufel sollen wir Juan ersetzen?«
Er strich sich mit den Fingern durch sein Kinnbärtchen, schüttelte ebenfalls den Kopf. »Das werden wir nicht können.«
»Ich muss jetzt Julian anrufen, dann komme ich in die Küche.«
Die ersten Gäste kamen um sechs, um halb sieben war die Bar voll. Sie hatten so viel wie möglich vorbereitet, hatten eimerweise Fleisch vorgeschnitten und die doppelte Menge Suppe gekocht. Ivan hatte Unmengen von Maispuffern frittiert, und Tansy erwies sich als unbezahlbar, indem sie Dutzende Maistortillas formte und die Chilischoten für die Vorspeisenteller zurechtlegte. Außerdem hatte sie frische Churros und riesige Schüsseln voll Granatapfelbaklava bereitgestellt, die jederzeit serviert werden konnten. Peter und die Jungs schnippelten Extravorräte von allem, was man sich nur vorstellen konnte – Salat, Tomaten, Zwiebeln. Portia, die von der Razzia gehört hatte, erbot sich, die Geschirrspülmaschine zu besetzen. Elena war verblüfft und entzückt über ihr Angebot – einer anderen Vierzehnjährigen hätte man es nicht erlaubt, aber für die Tochter des Besitzers wurde eine Ausnahme gemacht. Peter, der von ihrem Anblick völlig hingerissen war, erwies sich als patenter, wenn auch sporadisch verfügbarer Assistent.
Anfangs schien alles glattzugehen. Elena, Ivan und Peter kümmerten sich um die Hauptgänge, während Tansy die Suppen und Desserts sowie den Nachschub übernahm.
Elena hatte es stets genossen, bei Hochbetrieb zu kochen, inmitten der Rufe, dem Klappern von Geschirr, Tellern und Töpfen, dem Brutzeln von Fleisch und dem Rauschen der Spülmaschine im Hintergrund. Die Musik war laut und schnell, eine bunte Mischung aus spanischen Gitarrenklängen und Rolling Stones, mit Unterstützung von Devo und
ein paar Klassikern aus den Achtzigern – Cindy Lauper und Madonna. Elena und Ivan schmissen den Laden – den Tango des Kochens, Vorbereitens, Anrichtens.
Das Hauptproblem war die Spülmaschine. An einem geschäftigen Abend wurde sie von mindestens zwei Jungs und einem Springer bedient, und eine unerfahrene Vierzehnjährige war schlicht und einfach nicht genug, auch wenn sie arbeitete wie der Teufel. Tansy, Peter und die anderen Jungs packten alle mit an, trotzdem türmte sich innerhalb kürzester Zeit das Geschirr.
»Die Untertassen werden knapp«, rief einer der Kellner, woraufhin Portia dienstbeflissen eine Fuhre Teller und Untertassen laufen ließ. »Wir brauchen dringend Gabeln«, rief ein anderer und stellte einen riesigen Haufen schmutziges Geschirr ab. Bereits um sieben war Portia völlig verschwitzt und frustriert, doch man musste ihr zugutehalten, dass kein Laut über ihre Lippen drang.
Die gesamte Mannschaft rotierte.
Die erste kleine Katastrophe war der Augenblick, als ihnen die Kirschsauce für die Enten-Tamales ausging, die reißenden Absatz fand.
»Wie konnte das passieren?«, wetterte Ivan und sah sich nach einem Schuldigen um. Peter wich zurück, als erwarte er eine Ohrfeige, woraufhin Ivan ihn finster
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