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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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ihr das Wort aus dem Mund.
»Es waren also Seeleute?«
    »Das
wird nicht explizit so geschrieben, aber lies dir den Bericht in
Ruhe durch und zieh dann deine eigenen Schlüsse. Am besten
mache ich dir sofort eine Kopie. Ihr könnt so lange hier
warten.« Er verließ ohne ein weiteres Wort den
Raum.
    »Was
für ein Arschloch«, sagte Bella mehr zu sich selbst als
zu Dóra. Sie ging zu Guðnis Schreibtisch und musterte
die daraufliegenden Papiere.
    »Fass
bloß nichts an«, warnte Dóra. »Er
hätte uns wohl kaum hier alleine gelassen, wenn wir irgendwas
nicht sehen dürften.« Bella beugte sich über den
Tisch und drehte ein Blatt um. »Wann ist der Vulkan nochmal
ausgebrochen?«
    Dóra
trat näher. »Im Januar 1973. In der Nacht zum 23. Januar
hat es angefangen. Warum fragst du?«
    »Hier
ist ein Bericht vom 20. Januar 1973. Komisch, so altes Zeug auf dem
Schreibtisch liegen zu haben, oder?«
    »Was
steht da?« Dóra schaute wie gebannt zur Tür, aber
es war niemand in Sicht. Wie lange dauerte es, zehn Seiten zu
kopieren? »Beeil dich, Bella!«, flüsterte
sie.
    »Moment.«
Bella nahm das Blatt in die Hand. »Es ist ein Bericht
über Spuren einer Prügelei im Hafen. Der Hafenwärter
alarmierte die Polizei, da er am Morgen des 20. Januar eine
Blutlache auf dem Kai entdeckte. Er fand keine natürliche
Erklärung dafür und vermutete ein Verbrechen. Er sagte
aus, der Hafen sei von Freitagabend um Mitternacht bis zur
nächsten Schicht am Samstagmorgen um acht Uhr unbewacht
gewesen.« Bellas Finger wanderte über das Blatt.
»Der Polizeibeamte fragte den Hafenwärter, welches
Schiff an der Stelle gelegen habe. Es stellte sich heraus, dass
dort mehrere Tage lang kein Schiff mehr gelegen hatte. Die Polizei
prüfte weiterhin, ob in der Nacht Verletzte ins Krankenhaus
eingeliefert worden waren, aber außer einem Ehepaar mit einem
kranken Kind war dort nach Mitternacht niemand registriert {118
}worden.« Bella blickte zu Dóra. »Ob das was mit
den Leichen zu tun hat?«
    »Ich
weiß nicht«, flüsterte sie. »Schnell, lies
weiter.« Nervös schaute sie zur Tür, aber dort war
alles friedlich.
    »Im
Anschluss befragte die Polizei verschiedene Personen. Zwei Zeugen
gaben an, Daði Karlsson am frühen Morgen im Hafen gesehen
zu haben. Ein Zeuge sagte aus, Daði habe mit einem Schlauchboot
vom Pier abgelegt, der andere Zeugte meinte ihn an der Stelle mit
der Blutlache gesehen zu haben. Daði bestritt, im Hafen gewesen
zu sein, er habe zu Hause im Bett gelegen. Seine Frau bezeugte
dies. Weiterhin überprüfte die Polizei den Trawler, auf
dem Daði als Steuermann arbeitete, fand dort aber nichts
Ungewöhnliches. Der Fall galt als ungeklärt. Des Weiteren
sollte überprüft werden, ob das Blut möglicherweise
von einem Tier oder einem illegalen Fang stamme, der im Schutze der
Nacht an Land gebracht worden war.« Bella schaute auf.
»Das war’s.«   

    »Welcher
Beamte hat den Bericht geschrieben?« Im Flur waren Schritte
zu hören.   
    »Guðni
Leifsson.« Bella legte das Blatt schnell wieder an seinen
Platz. Unmittelbar danach betrat Guðni den
Raum.
    Dóra
war sich nicht sicher, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass
Guðni nicht in Zusammenarbeit mit seinen Kollegen in
Reykjavík den alten Fall aufrollte, sondern einen Alleingang
machte. Ob das gut oder schlecht für Markús war,
würde sich noch herausstellen. »Also dann«, sagte
sie und trat zu Guðni. Er reichte ihr die Kopie des
Obduktionsberichts und warf Bella, die immer noch nah beim
Schreibtisch stand, einen prüfenden Blick zu.  
    »Suchst
du was?«, sagte er unfreundlich zu der jungen
Frau.
    Bella verzog
keine Miene. »Nö, warum?«
    Guðni hob
nur kurz die Brauen und wandte sich dann wieder an Dóra.
»Da steht noch mehr drin, was die Presse interessieren wird.
Über den Kopf.« Er grinste vielsagend. »Ziemlich
überraschend bei einem Fall, der seinen dramatischen
Höhepunkt eigentlich schon erreicht
hat.« 
    »Bei
diesem Fall wird uns noch einiges überraschen«, rutschte
es Dóra heraus. Der Mann hatte etwas Bedrohliches an
sich.
    Dóra
legte die Blätter beiseite und trommelte mit den Fingern auf
den Tisch, während sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Sie
hatte drei von vier Kapiteln des Obduktionsberichts gelesen. Es gab
für jede Leiche ein Kapitel und eines für den Kopf. Bei
den Leichen handelte es sich um zwei etwa dreißigjährige
Männer und einen etwa fünfzigjährigen Mann. Sie
waren weißhäutig, und ihre Körper waren in einem
sehr guten Zustand,

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