Das Gluehende Grab
haben,
nachdem er es in einer Bar kennengelernt hatte. Sie war betrunken,
hat sich aber trotzdem gewehrt. Davon gab es Spuren an ihrem
Körper, als sie am nächsten Tag in die Notaufnahme
gegangen ist.«
»Am
nächsten Tag?« Dóra bekam sofort Zweifel an der
Aussage des Mädchens. »Warum ist sie nicht direkt dahin
oder zur Polizei gegangen?«
»Angeblich
war sie im ersten Moment so schockiert, dass sie den Mann gar nicht
anklagen wollte. Aber als sie starke Blutungen bekommen hat, ist
sie ins Krankenhaus gegangen, und dabei ist es herausgekommen. Sie
hatte eine Zwischenblutung aufgrund dieser Pille, und dann hat sie
im Krankenhaus alles erzählt. Sie hat die Pille nicht selbst
eingenommen, der Vergewaltiger muss sie ihr in ein Getränk
gemischt haben.«
»Damit
kommt sie bei Gericht doch nie durch«, meinte Dóra.
»Wie will sie denn beweisen, dass sie die Pille nicht selbst
eingenommen hat?«
»Bei der
Wohnungsdurchsuchung hat man das Medikament gefunden. In
beträchtlicher Menge. Was macht ein Junggeselle mit einem
Verhütungsmittel für Frauen?«
»Verstehe«,
sagte Dóra. »Ob das was mit Alda zu tun hat? Wann ist
es passiert?«
»Die
Vergewaltigung war vor etwa sieben Monaten, in einer Nacht von
Samstag auf Sonntag. Das Mädchen ist aber erst am Montagmorgen
in der Notaufnahme erschienen.«
Alda arbeitete
zu der Zeit noch im Krankenhaus und betreute das Opfer
womöglich. Ob sie den Namen des Täters aufgrund seiner
Verbindung zu den Westmännerinseln kannte? Dóra hatte
keine Ahnung, wie das Markús helfen sollte, es sei denn,
Alda hätte Kontakt zu Valgerður und Daði gehabt und
ihnen die Geschichte von dem Kopf erzählt, die diese wiederum
ihrem Sohn erzählt hätten. Das war zwar ziemlich weit
hergeholt, aber eine andere Lösung war nicht in Sicht.
»Weißt du, wo Valgerður und Daði nach dem
Vulkanausbruch hingezogen sind?«
»In die
Westfjorde. Die Frau im Stadtarchiv hat mir die Adressen aller
ehemaligen Bewohner der Westmännerinseln etwa ein Jahr nach
dem Vulkanausbruch gezeigt. Außerdem kannte sie die beiden
und meinte, Valgerðurs Onkel habe ein leerstehendes Haus
besessen, in das die beiden gezogen seien. Daði hat auf einem
Trawler aus Hólmavík angeheuert. Seine Frau war
einfach nur zu Hause – sie hatte ja das Kind bekommen.«
Dóra
lächelte Bella an, unterließ es jedoch, sie darauf
hinzuweisen, dass man nicht »einfach nur« mit einem
Baby zu Hause saß. »Alda ist auch mit ihren Eltern in
die Westfjorde gezogen«, sagte sie. »Vielleicht haben
Valgerður und Alda sich dort näher kennengelernt. Leute
von den Westmännerinseln haben damals bestimmt
zusammengehalten. Das könnte erklären, warum sie sich
für den Tod der Frau interessiert
hat.«
»In dem
Zeitungsartikel stand nichts über die Mitarbeiter in der
Notaufnahme«, sagte Bella. »Nur, dass sich das
Mädchen dorthin gewandt hat.«
»Das
müsste man ja rauskriegen können«, meinte
Dóra. »Vielleicht hat Aldas Problem auf der Arbeit
etwas mit dieser Geschichte zu tun. Vielleicht durfte sie das Opfer
nicht betreuen, weil sie den Täter persönlich
kannte.«
»Bist du
dir denn sicher, dass sie diesen Adolf
kannte?«
»Nein,
keine Ahnung. Leifur und seine Mutter wussten seinen Namen nicht.
Er scheint keinen Kontakt hierher gehabt zu haben.«
Dóra seufzte nachdenklich. »Ich weiß auch nicht,
ob es für so was irgendwelche Regelungen gibt. Wahrscheinlich
hat Alda einfach nur mal was aus dem Medikamentenschrank mitgehen
lassen, auch wenn ihre Kollegin das nicht zugeben will.«
Dóra stöhnte. »Dieser Adolf hat bestimmt
überhaupt nichts mit dem Fall zu tun. Er ist erst nach dem
Vulkanausbruch auf die Welt gekommen.«
»Die
beiden Fälle stehen vielleicht in gar keinem
Zusammenhang«, gab Bella zu bedenken.
»Das
glaube ich nicht«, erwiderte Dóra, obwohl sie keine
Argumente hatte. »Das Schlimme ist, dass ich nicht
weiß, ob Markús’ Familie mir die Wahrheit sagt.
Man sollte meinen, dass eine Mutter das Wohl ihres Kindes über
das Wohl ihres Ehemannes stellt, vor allem wenn dieser am Ende
seines Lebens angelangt ist und der Sohn noch das halbe Leben vor
sich hat.«
»Keine
Ahnung.« Bella nippte an ihrem Glas. »Ich bin nicht
verheiratet und hab keine Kinder.«
Eine andere
Bedienung brachte Dóras Getränk. Sie war wesentlich
älter und sah abgespannter aus als das Mädchen, das die
Bestellung aufgenommen hatte. Sie hielt ein rundes Tablett mit
einem milchigen Getränk in einem hohen Glas mit
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