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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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aber für Detleph, den getreuen Daktylus, war dies sehr, sehr lange her.
    D’Eibele kramte in einem Zaumzeugstapel herum, kehrte zurück und fing an, das lärmend schnurrende Ungeheuer auszurüsten, wobei er Detlephs wild wedelnden Schwänzen und der zuckenden Zunge nur knapp entwich. Er mußte es zugeben: Manchmal schien Detleph einfach zu freudig, wenn er ihn erblickte.
    Nach zehn Minuten war er fertig. Steigbügel, Sattel, Zügel, Schwefelkräckersack, alles befand sich an Ort und Stelle. Das einzige, was fehlte, waren die Amtsständer an Detlephs Nüsternhörnern. Irgendwie war er dafür heute nicht in Stimmung.
    D’Eibele nahm die Zügel fest in die Klauen, zog an einem langen Hebel und wartete, bis das Dachtor sich öffnete. Detleph blickte eifrig zu der sich verbreiternden Ausdehnung in der wirbelnden Pestluft hinauf und sehnte sich ungeduldig danach, dort herumzutoben, frei zwischen Strudeln, Wirbeln, Thermen und rohen Kräften.
    D’Eibele setzte die Schutzbrille auf, schnalzte zweimal mit der Zunge, und Detleph jagte aufwärts. Dreißig Fuß breite Flügel klatschten gegen die Luft und verstreuten Tornados überall wuchernder Flechten.
    Fünf Schläge später lag das Dach unter ihnen, und sie flogen höher. Detleph stieg mit höllischer Luft unter den Schwingen auf.
     
    Nachdem die Leute eineinhalb Stunden lang hereinmarschiert waren und der letzte Axolote endlich die Frage ›Braut oder Bräutigam?‹ gehört hatte, erhielt er – je nachdem, wie seine Antwort ausfiel – entweder ein blaues Stiefmütterchen oder eine Tigerlilie und wurde zur ihn betreffenden Seite des Großen Stadttempels geschoben. Schon jetzt war die Aufregung groß, und da und dort brandete spontaner Applaus wie ein Buschfeuer auf. Falls jemand die durchschnittliche Erregungskurve des Publikums hätte messen können, wäre sie höchstwahrscheinlich höher gewesen als die der letzten Folge von ›Du sollst mein Glücksstern sein‹. Und dafür war der Produzent wirklich dankbar. Dies würde ein Tag werden, an den man sich für den Rest des Leben erinnerte. All dies wurde dem Publikum in seinem täglichen Einerlei, seiner abergläubischen Existenz in Echtzeit in dem Augenblick serviert, in dem es passierte – dank des genialen Lyndor D’Mol.
    Inzwischen war die Hochglanz-Sonderausgabe des Programmhefts, das auch einen Blick hinter die Kulissen warf, völlig ausverkauft. Die Konfettihändler hatten nichts mehr anzubieten, und am Ende des Tages würde jede Boutique in Axolotl ein T-Shirt mit der Aufschrift ›Auch ich war an Luphans und Feronas Großem Tag dabei‹ im Angebot haben. Die Verkaufszahlen der Sonderabfüllung des Avocadowacholders ›Quizmaster Nr. 1‹ waren ebenso phantastisch, denn das Volk bereitete sich auf den traditionellen Segensschubs vor, indem es sich die Hacken vollsoff.
    Plötzlich wurde der Haupteingang zugezogen, stürzte das gesamte Auditorium unter anschwellendem Zustimmungsgemurmel jener, die sich drin befanden, in pechschwarze Dunkelheit.
    Draußen rollte ein einsamer Steppenläufer schüchtern durch die Hellsichtgasse und fühlte sich in der verödeten Stadt sehr gehemmt. Alle hatten sich in ihre beste Toga geworfen, um dort zu sein. Selbst die äußerst seltenen Typen, die Luphan Burk nicht ausstehen konnten, waren da, wenn auch nur aus Selbstverteidigungsgründen. Falls später jemand anfing zu schwadronieren, wie stattlich Luphan ausgesehen hatte, wie prächtig der ganze Tag gewesen war und welches Glück Ferona hatte, sich einen Mann wie ihn geangelt zu haben, brauchten sie nur die Hand zu heben und den Gelaberstrom mit einem einfachen ›Ich weiß, ich war dabei‹ abzuwürgen. Damit ersparten sie sich Jahre von Ohrensausen.
    Im spekulativen Gemurmel der Erwartung kaum hörbar, wurde eine Reihe scharf geflüsterter Kommandos ausgegeben, und die gewaltige Hochzeitskapelle legte los. Aufs Stichwort hin erwachten die Kammbläser und Okarinen der Städtischen Tempelkapelle zum Leben und hielten wunderbarerweise den Ton. Ein Dachfenster wurde aufgestoßen und schillerte Strahlen schwachen Mondlichts auf einen Spiegel hoch in den Sparren – und gab es an eine ganze Reihe ähnlicher Wunderwerke weiter. Ein kreisförmiger Lichtfleck blitzte einige Sekunden auf die dicken Vorhänge, dann wurden sie beiseitegezogen.
    Und zu Lyndors überwältigender Freude keuchte die Menge auf, als ihre kollektive Retina die Bühne erblickte. Massen von Gladiolen, Chrysanthemen und Edellupinen sträubten sich in

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