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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Avocado-Wacholder leer.
    »He, Schätzelein, Süßer«, flötete Lyndor und richtete seine flatternden Lider in die allgemeine Richtung eines Mannes, der in diesem Augenblick wirklich keine Lust hatte, vom Produzenten erwischt zu werden. »Sag mal, mein Lieber«, hauchte Lyndor den Cheffloristen an. »Wie geht’s denn so voran? Alles fein mit Bändchen und Schleifchen hymmlischer Freude verziert? Hm?«
    Der Chefflorist rannte geistig durch die Felder der Fauxpas und blühenden Katastrophen und pflückte hier und da eine solche. Sollte er dem Produzenten sagen, daß das Pink des Hängeschmucks und der Deckenkörbchen sich grauenhaft mit dem Spitzenbesatz des Brautkleides biß? Oder daß er sich zwar alle Mühe gegeben hatte, eine Chrysantheme zu finden, die geschmackvoll zu Feronas Leopardenmusterkleid paßte, doch am Ende nur in einem erfolgreich gewesen war – dem Zusammenbeißen seiner Zähne? Oder vielleicht, daß jemand 297 blaue Knopfloch-Stiefmütterchen für die männlichen Gäste der Verwandtschaft Bräutigams und 308 Tigerlilien für die der Braut gepflückt hatte, wobei es doch genau umgekehrt hatte sein sollen? Nein, er wollte nicht als das Ungeheuer gelten, das Luphans Freudentag versaut hatte.
    Er verzog sein Gesicht zu einem matten Lächeln und klopfte Lyndor auf die Schulter. »Kein Grund zur Sorge«, sagte er leise. »Es besteht nicht der geringste Grund zur Sorge.«
    »Marvelloso, Schätzelein. Tschüssi!« Und wieder war er weg, eilte zum Haupteingang, um jemanden oder etwas anderes von lebenswichtiger Importanz zu inspizieren.
    Hinter ihm legte das Orchester erneut unsicher los, ließ drei Lärmsekunden ertönen und verstummte. »Nein, nein, nein!« schrie der Dirigent. »Okarinas – ihr müßt d-Moll spielen. Moll!«
    Als Lyndor am riesigen Ring des Haupteingangs zog, ertönte auf der anderen Seite das laute Geräusch eilig laufender Schritte. Dann sprang Luphan ihm entgegen und warf ihn wie ein irrsinniger Straußenvogel von den Beinen. »Lyndor! Lyndor!«
    »Hier«, grunzte der Produzent, rappelte sich vom Boden auf und musterte Luphans Kopf in blankem Grauen. Dort, wo sich sonst die süßen Strähnchen seiner jungenhaften Löckchen und die für ihn typische Schmachtlocke befanden, leuchtete eine unbeweglich an seinen Schädel geklebte Haarmasse. Lyndor war zuvor nie aufgefallen, daß er abstehende Ohren hatte. »Was ist denn, Schätzelein?« schwafelte er berufsmäßig. »Die Aufregung macht einen fertig, was, Hasi?« Er wußte schließlich, wie sensibel diese Künstler waren, daß sie ständig gestreichelt werden wollten.
    »Das da!« stieß Luphan hervor und deutete panisch auf sein Haar. »Es ist fest wie Betong!«
    Es sah in der Tat so aus, als sei verkohlte, ungesegnete Gerste nicht besonders geeignet, das geeignete zeremonielle Schampong abzugeben. Woran es ihm in Sachen Form mangelte, machte es freilich in Sachen Haltfestigkeit wieder wert.
    »Ahhh …« Mehr brachte Lyndor nicht heraus. Es hätte auch nichts gebracht, seinem Star zu sagen, daß er aussah, als hätte er die vergangene Nacht mit dem Kopf nach unten in einer Sirupschüssel verbracht. O nein, dann würde er sich viel zu viele Gedanken um sein Ansehen machen. Die Folge: Er würde seinen Text vergessen. Dann war der Tag ruiniert. Er würde in Axolotl nie wieder eine Schau produzieren!
    Lyndor wußte plötzlich, was zu tun war. Er setzte sein verlogenstes Grinsen auf, klatschte in die Hände und sülzte: »Ein tolles neues Image, Schätzelein! Absolut umwerfend! Wie schön, toll, herrlich! Und genau zum richtigen Zeitpunkt! Du wirst heute ein völlig neues Image kriegen! Weg mit dem Playboy; jetzt bist du … ähm, ähm. Ahhhh! Du bist wirklich ein Genie, eine Verlockung. Wie schlau von dir, mit der Frisur bis zum letzten Augenblick zu warten. Sozusagen!« Er knuffte Luphan spielerisch gegen die Schulter.
    »Sie … gefällt dir?« stammelte Luphan.
    »Ja, Lu! Aber jetzt mach, wir haben noch viel zu tun!« Und mit einer stummen Verwünschung, die an seine verlogene Zunge gerichtet war, geleitete Lyndor seinen Star hinfort. Alle im Großen Stadttempel Anwesenden stießen einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Das heißt: alle bis auf Hauptmann Zuphall, der auf dem Dach stand und den Horizont nach irgendwelchen Anzeichen der kataklysmischen Schneestürme absuchte, die vor der Sichtung der Gefürchteten Schneebestien der Eiskalten Apokalypse vorhergesagt worden waren.
     
    »Nein, nein!« bellte Schoysal gereizt die Gottheiten

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