Das göttliche Dutzend

in der zunehmend größer werdenden Enge von Nabobs Höhle an. »Eine Vierer- und eine Fünfergruppe!«
    »Ähm, Verzeihung, aber zuerst haben Sie zwei gleich große Gruppen gesagt«, sagte Platzl. Die Sitzordnungs-Untergottheit, der neueste Rekrut in Schoysals wachsender Entführtentruppe, grinste freudig, denn er freute sich über das Wissen, daß er sein Geschick bei stehenden Massen ebenso anwenden konnte wie bei eher ruhend Sitzenden.
    Schoysal musterte Platzl mit einem finsteren Blick und trommelte ungeduldig mit den Krallen. »Ich weiß«, sagte er leise und drohend. »Aber ich hab’s mir eben anders überlegt, klar?«
    Die acht restlichen Gottheiten, die die neueste Wendung des Managerkurses recht verblüffte, scharrten mit den Füßen und warteten auf weitere Instruktionen. Es schien komisch, aber irgendwie war das Spiel aufregend. Ihr erster interaktiver Unterricht. Es wirkte wie ein frischer Wind auf sie, von jemandem Befehle entgegenzunehmen, der wirklich zu wissen schien, was sie hier machten, statt sich mit endlosen Sitzungen zum Thema ›Verschiedenes‹ abzugeben, wobei sich jede Gottheit, die nur vorübergehendes Interesse an einer Sache hatte, einmischte, ihren Senf dazugab, mit den anderen stritt, Einwände und Ausfälle machte, herumnörgelte – und man schließlich einen Beschluß faßte, der allen noch Stunden zuvor völlig logisch erschienen war.
    »Ich möchte zwei Gruppen, eine, die aus vier, und eine, die aus fünf Mann besteht. Es ist mir gleich, wie ihr euch aufteilt, nur teilt euch auf! Verstanden?« Schoysals Stimme klang herrisch und fauchend. »Eine Gruppe an einem Ende der Höhle, die andere am anderen, klar?«
    Allen Anwesenden war alles völlig klar. Was die unmittelbar bevorstehende Zukunft anbelangte, sah es schon deutlich trüber aus. Nabob war nicht der einzige, der sich fragte, was Schoysal vorhatte. Besonders dann, als er den Obsidiantisch hochhob, zur Seite trug, umkippte und sich hinter ihm versteckte.
    Nach mehreren weiteren hysterisch hervorgestoßenen Befehlen war es den Gottheiten tatsächlich gelungen, Stellungen einzunehmen, die Schoysal zufriedenstellten.
    »Jetzt!« rief er und deutete mit einer tödlich gekrümmten Kralle auf die beiden Gruppen. »Ich möchte, daß ihr so schnell wie möglich aufeinander zurennt! Was auch passiert, laßt euch bloß nicht einfallen, stehenzubleiben! Klar?«
    Platzl blinzelte und fragte: »Nur laufen?«
    Schoysal nickte.
    »Auf die anderen zu?«
    »Ja! Haste damit ’n Problem?«
    »Na ja … Eigentlich schon. – Warum?«
    »Ist doch egal. Du würdest es ohnehin nicht verstehen. Mach es einfach!«
    Nabob schaute zu, als Schoysal die letzte Überprüfung des Detektors vornahm. Platzl zuckte die Achseln.
    »Auf geht’s!« brüllte Schoysal und duckte sich wieder hinter die Tischplatte.
    Die Gottheiten schüttelten verwirrt den Kopf, zuckten die Achseln und wetzten über den Höhlenboden. Sie nahmen Tempo auf und wurden, je näher sie sich kamen, immer schneller.
    »Schau genau auf die Stelle über ihren Köpfen«, flüsterte Schoysal drängend. Er duckte sich tiefer hinter den Tisch und zählte hektisch.
    Dann sah Nabob es auch. Über den beiden Gruppen schwebte eine unschuldig wirkende, leicht purpurne Aura, die vor dem rostigen Glühen der Lavalampen kaum erkennbar war. Nabob stierte sie überrascht an, und seine Augen überzeugten ihn, daß sie in frommer Intensität glühte, als die Gruppen sich vermischten.
    Das Gefühl der Gefahr fuhr wie eine Horde randalierender Hasen im Frühling durch Schoysals Leib.
    Der Fußschlag der Gottheiten wurde lauter, die Entfernung zwischen ihnen schwand, und plötzlich kollidierten sie mit einem dumpfen Aufschlag. Und in dem Augenblick, in dem neun Dosen Gebetswellen aufeinander zuspuckten, flackerten ihre Auren heftig auf, wurden schnaubend zu einem violetten Schillern und verzerrten die Luft zu zuckenden Glaubenswirbeln. Der unmißverständliche Geruch von Weihrauch und gerade gelöschten Kerzen fegte durch die Höhle.
    Als Nabob und Schoysal mit offenem Maul über den Tischrand peilten, wurde hart am Rande ihrer Hörweite das Brüllen eines festlichen Chors laut, und die Höhle schien in Talmi-Freude zu explodieren. Ein metallisches Quietschen schnitt mißtönend durch den wohligen Aurenteppich, als der Detektor über den Boden quietschte und an die Wand gegenüber knallte. Nabob schrie auf.
    Seine Augen traten hervor, als eine purpurne Pusteblume aus Frömmigkeit durch die Höhle wogte. Sie