Das göttliche Dutzend
sich für sein Maul zu entschuldigen und errötete kurz.
»Das hier«, fuhr Schoysal fort und deutete auf die kleineren Gestalten mit den langen Gewändern und Kopfringen, »sind, glaube ich, so eine Art Gegner. Siehst du, hier stehen sie sich gegenüber.« Er deutete mit der Zange auf die obere Ecke einer Seite, übersprang einen unverständlichen Textabsatz und klapperte über dem nächsten Bild mit der Zange. »Hier raufen sie …«
»Sie könnten auch tanzen«, meinte Nabob. »Den Griff habe ich bei so manchem Höhlenfest gesehen.«
»Maul halten.« Schoysal überschlug ein paar Seiten bis zur nächsten Illustration. Diesmal standen nur noch wenige der Figuren. Der Boden war mit hingestreckten Vertretern beider Arten übersät. »Die Schlacht geht weiter?« vermutete er.
»Oder sie haben bis in die frühen Morgenstunden getanzt und sind …«
»Die Bemerkung werde ich mit genau der arroganten Mißachtung strafen, die sie verdient«, knurrte Schoysal und blätterte ein paar Seiten weiter. »Jetzt kommt die Stelle, die mir Kopfschmerzen bereitet. Bis jetzt war alles noch halbwegs einsichtig. Es ist eine Schlacht. Aber das hier … Was sagt dir das?«
Das Bild zeigte die seltsamen Strichmännchen, die um ein Lagerfeuer herumsaßen. In den Händen hielten sie etwa kopfgroße Ringe, die rundherum mir kleineren Ringen besetzt waren. Sie schienen die eigentümlichen Dinger zu schütteln. Beängstigenderweise hatten einige den Mund geöffnet. Über ihnen, am Himmel, stand ein einzelnes Wort.
»Irgend eine Ahnung, was das bedeuten könnte?« fragte Nabob und zeigte auf das Wort ›Kumbayah!‹ auf dem Bilderhimmel.
»Wie gesagt«, grunzte Schoysal und kratzte sich lautstark am Kinn. »Wenn ich es nur wüßte!«
Es war ein ganz normaler Tag im Prophetensaal von Axolotl. Die fünf alten Propheten saßen um einen ungewöhnlich geformten Marmortisch herum, stellten wichtige Fragen in den Raum und warfen mystische Knochen in die Luft, um die Antwort aufzuspüren. Es ging um Themen wie den besten Termin für das Sportfest der Ur-Propheten, oder ob die anstehende Wiederholung von ›Anna und der Seher von Xiam‹ zwei Wochen oder drei Wochen und zwei Tage laufen sollte. Und dabei wäre es auch geblieben, wenn nicht plötzlich hektisch klappernde Schritte den Korridor entlang gekommen wären; Schritte, die einen Verzweifelten zügig voranbrachten. Er platzte durch die massiven Bambustüren, rutschte weiter und wurde wenig elegant von der gegenüberliegenden Wand aufgehalten. Er verfluchte den spiegelglatt polierten Boden.
Der Anführer des städtischen Prophetenrats, Hauptmann Zuphall, spähte über die Tischkante und raunzte: »Kommen Sie ruhig rein.«
Der Mann rappelte sich auf und rieb seine schnell blau werdenden Pobacken. Er sah Zuphall flehentlich an. »Ich brauche ein Datum. Ein absolut zuverlässig günstiges Datum. Und ich brauche es sofort. Ich muß nämlich etwas planen.«
»Und Sie sind?« knurrte Zuphall, der nicht genau wußte, ob es ihn sonderlich begeisterte, von einem so hektischen Menschen unterbrochen zu werden. Prophezeien war eine entspannende, ruhige Tätigkeit. Man mußte dabei sonst nicht so wild herumwirbeln. Insbesondere wenn man so schwere Arthritis hatte wie er.
»Lyndor D’Mol, Produzent von ›Du sollst mein Glücksstern sein‹«, stellte der Eindringling sich heiter vor.
»Was für ein Stern? Was ist das?« raunzte Zuphall.
»Die astrologische Spielschau, die Ihre Zukunft in Ihre Hand legt. Mit Luphan Burk. Sie ist sehr beliebt. Aber lassen Sie mal gut sein. Sie sind bestimmt sehr beschäftigt, wenn sie läuft.«
»Es ist doch wohl nicht eine von diesen Vorabendtheateraufführungen?«
»Ja … Also …«
»Pfui, so was schaue ich mir nie an. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als es niemand gewagt hätte, etwas auf die Bühne zu bringen, bevor die Sonne nicht weit hinter dem Tempel verschwunden war. Die Leute haben heute viel zu viel Freizeit, finden Sie nicht?«
»Ja, Sie haben sicher recht. Wenn ich jetzt bitte mein Datum haben könnte?«
»Ach ja, ich erinnere mich. Nennen Sie mir bitte die Einzelheiten.«
»Na ja, ich weiß zwar nicht, wie er es geschafft hat, aber Luphan Burk hat die ›Glücksstern‹-Siegerin dazu gebracht, das ›verflixte Omen‹ so zu deuten, daß sie ihn schließlich bat, sie zu heiraten. Das heißt, eigentlich hat er sie gebeten, denn er mußte … äh …«
»Sie wollen also eine schnelle Hochzeit für drei?«
»Häh?«
»Er mußte sie
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