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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Hintereingangsluke seiner Höhle, und das Netz wurde ganz unfeierlich eine Treppenflucht hinuntergetreten. Ein letzter Blick nach hinten, und die Geschuppten, begleitet von einem großen huschenden Ding mit Beinen, folgten dem Netz und zogen die Falltür mit einem leisen Klicken hinter sich zu. Von niemandem bemerkt, schwebte eine eigenartig purpurne Aura frömmelnd über der Falltür und blieb wie ein übergewichtiger Mitternachtssmog dort hocken.
    Das ganze Unternehmen hatte nur wenige Augenblicke gedauert. Hätten sie länger gebraucht, wären sie zweifellos nicht nur von dem getoasteten Geschöpf in der Schleimau gesehen worden. Hätte Stibitz, der finstere Bewohner der weniger appetitlichen Seitengassen, sie nicht gesehen, dann zumindest sein letztes Opfer.
    Stibitz hatte den nervtötend wohlhabend aussehenden Teufel, der sich immer weiter von seiner gewohnteren Umgebung entfernte, schon seit mehreren Minuten im Blickfeld. Selbst der ineffizienteste Taschendieb hätte in aller Deutlichkeit gesehen, daß er ein Hauptziel abgab. Er hatte sich eindeutig verlaufen, denn niemand, der alle Tassen im Schrank hatte, stromerte in der Innenstadt herum. Man lief, man schlich, oder man versteckte sich. Man stolzierte niemals mit einem Spazierstöckchen in abgemessenen Schritten durch diese Gegend. Nun ja, es sei denn, man hatte das überwältigende Verlangen, eins auf die Birne zu kriegen und ausgeraubt zu werden.
    Stibitz war es völlig klar, daß er zwischen 6310 und 6315 Obuli in einer kleinen Börse der linken Anzugtasche mit sich herumtrug. Er konnte es erkennen. Jahre konzentrierter und hingebungsvoller Übung hatten seine akustischen Berechnungen vervollkommnet. Er hörte den Fall eines Obulus auf fünfhundert Meter. Im Berufsverkehr. In einem Feuersturm.
    Stibitz nahm ebenso an, daß die Börse außerdem eine kleine Rotzfahne und einen Nimmerbrenn-Stadtplan enthielt, die seinem Opfer den Weg zu einem Fest in Ober-Mortropolis wies, auf dem dieser Trunkenbold sich an Gratiskelchen mit Lava-Martini erfreuen wollte.
    Er folgte ihm wie ein Schatten durch die Gasse und wußte, daß er nur auf den günstigen Augenblick zum Zuschlagen warten mußte. Klar, er hätte ihm jederzeit eins überbraten und sich verdünnisieren können, aber, na ja, es war eben nicht sehr originell, sich von hinten brüllend auf sein Opfer zu stürzen, ihm mit dem Totenlümmel eins auf die Rübe zu hauen und seine Taschen zu durchwühlen. Nein, so was konnte jeder Idiot. Stibitz war mehr für die feineren Sachen zu haben.
    Und bei diesem Teufel im Stresemann mußte er natürlich die klassische Methode anwenden. Er würde bald innehalten, sich erstaunt umschauen, ein verdutzten Blick auf den Stadtplan werfen und dann den nächsten Fremden nach dem Weg fragen. Es konnte nicht mehr lange dauern. Stibitz spürte es.
    Der Ach-so-selbstlose-Fremde war natürlich er, Stibitz, und sobald er reagierte, war die Falle gestellt. Dann war der Anzugtyp in Stibitzens Schuld und würde nie wieder so volle Taschen haben wie im Augenblick. Es klappte jedesmal.
    Falls Stibitz überhaupt eine Situation beurteilen konnte, war sie jetzt da. Er warf nonchalant und so laut und bedrohlich wie möglich einen dicken Stein hinter sich in die Gasse. Der Teufel im Stresemann zuckte zusammen, schaute sich vorsichtig um und blieb vor einer bestens im Boden der Straße verborgenen Falltür stehen.
    Eine elegante Klaue kratzte sich zwischen den Hörnern am Schädel, griff dann in die Tasche und zog die Einladung zur Party hervor. Stibitzens Augen traten hervor, als seine Schlitzpupillen des unglaublichen Glücksfalls ansichtig wurden: Die kleine Obuli-Börse fiel aus der Anzugtasche und landete mit einem dumpfen Plumps auf der Falltür.
    »Sechstausenddreihundertunddreizehn Obuli!« bestätigten seine Ohren trotz der Tatsache, daß die Börse in einer Pfütze gelandet war. Und er wußte, dies war der richtige Zeitpunkt.
    Er pfiff ein fröhlich Liedchen, sprang in die Mitte der Gasse und schlenderte auf den Fremden zu, der sich verlaufen hatte.
    »Ahh, entschuldigen Sie, mein guter Teufel«, sagte der Typ im Stresemann. »Können Sie mir vielleicht den Weg zur …?«
    »Aber allemal«, schleimte Stibitz fachmännisch und fegte dicht an sein Opfer heran. Ohne einen Blick zu Boden zu werfen, stellte er einen Huf auf die Börse und unterdrückte ein Grinsen. Mann, war das leicht! »Wohin wollen Sie denn?« Ein merkwürdiges Purpurwölkchen umkreiste seinen Huf auf eigenartig

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