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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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runzliges Gesicht in Falten und rang wie eine intelligente Backpflaume mit den Vorzeichen. Schrittweise schob sich das Licht des Verstehens listig einen Weg unter seine Ahnungslosigkeit und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Das Letzte, was das Großstadtprophetenquartett aus Hauptmann Zuphalls Mund erwartet hätte, war ein unterdrücktes Schnauben. Alle Blick richteten sich baß erstaunt auf ihn, als er pfiff, seine Lunge mit Luft füllte und boshaft kicherte, wobei er die Hände in seinen Brustkorb krallte. Sekunden später lag er hysterisch lachend auf dem Boden.
    Die übrigen Propheten stierten sich entsetzt an. Sie hatten buchstäblich keine Ahnung, was sie tun sollten, denn nun ratterte ein Krächzen der Heiterkeit durch den Saal und prallte als Echo von den Säulen ab.
    »Ähm … Bist du vielleicht so freundlich und erhellst uns?« bat Spekulatius, der sich nun, nachdem er verpaßt hatte, in den Runen etwas zu sehen, was eine solche Wirkung ausüben konnte, noch schlimmer fühlte.
    Hauptmann Zuphall rollte sich am Boden herum und krallte sich hilflos in seine Rippen. »Das mußt du unbedingt noch mal werfen, ja?« grölte er. »Ja, isses denn zu fassen?«
    »Was ist es denn?« fragte Spekulatius und schielte die Runen an. »Ich verstehe nicht.«
    Zuphall setzte sich zuckend hin. »Gute Nachrichten!« verkündete er. »Der idiotische Schiffbauer Ghorch Vogg wird uns für sehr, sehr lange Zeit unserer Voraussagen wegen nicht mehr auf den Geist gehen!«
    Die vier anderen Propheten glotzten ihn verständnislos an.
    »Sieht so aus, als würde er mindestens vier Jahre brauchen, um die Witzelnde Wellhornschnecke II zu bauen«, jubelte Zuphall. »Und dann noch eineinhalb Jahre, um genug Mut zu sammeln, das verdammte Ding vom Stapel laufen zu lassen! Ha, ha, das ist die beste Nachricht seit Jahren.«
    Dann rafften sie es. Als ihnen gerade klar wurde, daß das kichernde alte pessimistische Prophetenwrack eine ›gute Nachricht‹ verkündet hatte, wurden sich ihre Ohren mit Schrecken dem fernen Klappern einer Herde wütender Sandalen bewußt, und ihre Nasen fingen den unmißverständlichen Geruch brennender Gerstenfelder auf.
    Na bitte, das Gerücht stimmte also. Zuphall hatte kaum die ›gute Nachricht‹ verbreitet, da herrschte in den Gängen schon Tumult – und die Felder brannten. Sie hatten freilich nicht damit gerechnet, daß es so schnell passieren würde.
    Das Gedonner der klappernden Sandalen wurde lauter und kam durch den marmornen Korridor immer näher auf sie zu.
    Spekulatius geriet in Panik. Er kam! Der Pöbel! Und der Raum hatte nur eine Tür, nur einen Fluchtweg. Sein Herz näherte sich dem Stillstand, und der Schrecken kam immer näher. Es war ungerecht, wenn der wilde Pöbel ihn in Stücke riß, sehr, sehr ungerecht! Er hatte immer gute Voraussagen getroffen, hatte das Wohl Axolotls immer geleitet, und … In dieser Sekunde begriff er, daß, es alles falsch gewesen war. Sein Fluchtinstinkt rang mit seinem Kampfinstinkt und zog sofort den Kürzeren. Es gab keinen Fluchtweg. In Zeiten wie diesen konnte man nur eines tun: Kreischen. Und … Na gut, zwei Dinge: Kreischen und in Panik verfallen. Und … Drei Dinge.
    Er kreischte mit rasendem Herzen panisch auf, fiel mit wehender Toga zu Boden und nahm großzügig Option drei in Anspruch. Er traf auf den Marmor und stieß Wogen verzweifelter Anrufungen und von Furcht getriebene Versprechen aus, flehte jene, die über ihm standen, inständig an, sich irgendwie einzumischen und ihre sprichwörtliche Haut vor dem sich hektisch nähernden Pöbel zu retten. Blitzartig gesellten sich in einem Trio dumpfer Aufschläge die anderen Propheten zu ihm. Lautes Flehen krakeelte aus den alten Kehlen der axolotischen Stadtpropheten hymmelwärts.
    Fünfzig Meter weiter, hinter der festen Bambustür des städtischen Prophetensaals, schlitterte ein schwitzender, entsetzter und gefiederter Mann in Technicolor um eine Ecke. Fünfeinhalb Sekunden später hetzte die ganze Meute hinter ihm her, die noch vor kurzem am Ufer des Appscheusees gestanden hatte.
    Hermelyn, der Oberbeschwörer für Verkehr und Gütertransport, jagte durch den Gang auf die riesige Ausdehnung der Bambustür zu und schrie aus vollem Halse »Ich bitte um Asyl!«
    Das polternde Donnern der Verfolger ratterte unheimlich in seinen Ohren.
    Zehn Fuß vor dem Prophetensaal setzte er zu einem quietschenden Gleiten an, knallte gegen die Tür, prallte ab und landete flach auf dem Rücken. Als wäre er an irgendeinem

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