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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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ruderte hilflos mit den Armen und fiel aus der Hängematte. Die plötzliche Kollision seiner warmen Nase mit dem kalten Marmor war fast so etwas wie ein Gefühl der Erleichterung.
    Es war alles nur ein Alptraum gewesen. Erwin saß gar nicht in einem brennenden Turm fest. Es brannte auch nicht. Und er hatte seine prophetische Gabe keineswegs verloren.
    Schnüffi blieb eine Weile auf dem kalten Boden liegen, tätschelte ihn leidenschaftlich, suhlte sich in seiner Erleichterung und atmete tief ein und aus. Dann hustete er plötzlich, setzte sich alarmiert hin und schnupperte, was das Zeug hielt.
    Wenn alles nur ein simpler Alptraum gewesen war und es nirgendwo brannte, warum kitzelte dann Rauch in seiner Nase? Und weshalb vernahm er ein ängstliches Wiehern?
    Er wetzte zum Fenster und beugte sich hinaus. Erwin befand sich in seiner Koppel. Er sprang und hüpfte aufgeregt umher und deutete mit einem aufgeregten Lauf in Richtung Horizont. Schnüffi richtete seinen Blick dorthin. Dann schnappte er nach Luft, denn er erblickte mehrere Rauchsäulen, die ungeprüft von einem brennenden Gerstenfeld aufstiegen.
    In einer Sekunde war er aus dem Fenster und rutschte an seinem Noteinsatzpfahl auf den Rücken des vor Ungeduld fast platzenden Erwin. Er öffnete das Koppeltörchen und eilte in vollem Trott ins Freie.
    Erst jetzt, als die Straßen von Axolotl an ihm vorbeizockelten, hatte er Gelegenheit, sich zu fragen, was passiert war. Er hätte es doch spüren müssen. Seine Nasenflügel hätten zittern müssen. Aber … er hatte nichts gespürt. War der Alptraum etwa eine Warnung gewesen? Er bezweifelte es. Auch wenn er vielleicht so abergläubisch war wie alle anderen Axoloten – aber Warnalpträume am hellichten Tag? Unmöglich! Gab es etwa einen Neuzugang in den Reihen seiner Truppe? Jemanden, dessen Pflicht es war, stets eine Nüster auf potentielle Feuersbrünste der Feldfrüchte und agrikulturellen Waren zu richten? Wenn dies der Fall war, warum wußte er nichts davon? Es war sehr unwahrscheinlich!
    Blieb also nur der dritte und erschreckendste seiner Schlüsse. Jeder Axolote, der nur eine Unze an Vorausschau aufwies, wußte, daß es eine Ereignisklasse gab, die man ganz unmöglich prophezeien konnte – eine Gruppe von Ereignissen, die nicht mal die sonst sehr rührige und gierige Axolotische Versicherungsgesellschaft mit der sprichwörtlichen Kneifzange anfaßte. Handlungen der Götter!
    Aber es hielten sich noch zwei Fragen im Vordergrund von Schnüffi Löschlers Verstand auf, als er am Außenfenster des Städtischen Prophetensaals vorbeitrottete.
    Wie, bei den Dämonen Hölliens, sollte er diesen Feldbrand löschen? Und – dies war noch schlimmer –, was wollte eine Gottheit damit erreichen, wenn sie ein Gerstenfeld in Brand setzte?
     
    »Was kann eine Gottheit damit erreichen, wenn sie ein Gerstenfeld in Brand setzt?« schwafelte der Großstadtprophet Hauptmann Zuphall ungläubig, als er in dem nun überfüllten und zugigen Prophetensaal stand. Draußen, durch das gerade geschlossene Fenster, hörte man noch das Trotten des Esels Erwin.
    Der axolotische Bürgerpöbel glotzte ihn an. »Wie kommen Sie darauf, daß es die Götter waren, häh?« fragte ein aufgebrachter Mann. Er gaffte, wie die anderen, vorwurfsvoll die gefiederte Gestalt des Oberbeschwörers für Verkehr und Gütertransport an.
    »Asyl«, wimmerte Hermelyn erneut und klammerte sich an Hauptmann Zuphalls Fußgelenk.
    »Es muß eine Handlung der Götter gewesen sein«, beharrte Zuphall und tätschelte Hermelyns gefiedertes Haupt. »Hat etwa einer von euch diese Ereignisse vorhergesehen, häh? Den Untergang von Ghorch Voggs Schiff? Den Brand im Gerstenfeld? Oder diesen hundsföttisch gemeinen und geschmacklosen Akt äußersten Vandalismus?« Er deutete herrisch auf das zerstörte Dachfenster und die eingeschlagene Scheibe und konnte kaum ein Frösteln unterdrücken, als er sich an das gerade erfolgte Eindringen der bulligen, netzschwingenden Ungeheuer erinnerte. »Habt ihr auch nur das geringste Zittern des Organs verspürt, das bei euch fürs Zittern zuständig ist, häh? Nun, habt ihr es verspürt?«
    Allgemeines Füßescharren, peinlich berührte Blicke zum Boden hin.
    »Nun?« fauchte Zuphall und funkelte die Leute über seine faltige Hakennase hinweg an. »Du!« Er deutete mit dem Finger willkürlich auf einen Bestandteil des Pöbels. »Hast du irgendwas davon vorhergesagt, häh?«
    Der plötzlich im Rampenlicht stehende Seher murmelte etwas und

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