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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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hintereinander gewonnen hatte. „Und dich beim Mau-Mau zu vernichten.“
    Henry hob den Blick und schaute mir in die Augen.
    „Ich werde dich auch vermissen.“ In seiner Stimme lag ein endgültiger Ton, der mir Angst machte. Ich hoffte immer noch, der Rat würde verstehen, dass es nicht unsere Schuld war, dass wir miteinander geschlafen hatten. Hatte Henry sich etwa die ganze letzte Woche über darauf vorbereitet, sich von mir zu verabschieden?
    „Henry?“, fragte ich leise. „Können wir mal kurz so tun als ob?“
    „Natürlich“, erwiderte er sofort, hielt den Blick aber gesenkt.
    Ich holte tief Luft. „Darf ich mal zu Besuch kommen? Ich meine, ich weiß, ich soll losziehen und die Welt erkunden, was lernen, meinen Abschluss machen und das alles. Aber ich dachte, wenn ich vielleicht doch in Eden bleibe, könnte ich auch schon vor dem September ab und zu mal vorbeischauen.“
    Henry zögerte.
    „Ich wollte bis nach der Entscheidung des Rats warten, bevor ich das mit dir bespreche.“
    „Bevor du was mit mir besprichst?“
    „Deine Freiheit.“ Jetzt blickte er auf, und regungslos wartete ich. „Nach allem, was du meinetwegen durchgemacht hast, kann ich unmöglich von dir verlangen, nächsten Herbst zurückzu-kommen. Egal, wie der Rat entscheidet.“
    Ich versuchte zu verbergen, wie sehr mich das traf, doch in seinen Augen blitzte etwas auf, und ich wusste, er hatte es bemerkt.
    „Du willst nicht, dass ich zurückkomme?“
    „Wenn es nach mir ginge, würdest du gar nicht erst gehen. Aber das wäre gegen unsere Abmachung – und darüber hinaus ist dir meinetwegen schon so viel Schlimmes widerfahren. Ich möchtedein Leben nicht noch unglücklicher machen, indem ich dich zwinge, zu mir zurückzukommen. Also biete ich dir die Freiheit an, unabhängig von der Entscheidung des Rats. Vollkommene, dauerhafte Freiheit.“
    Ich brauchte mehrere Sekunden, bis ich begriff, was er da sagte. Er wollte mich hier haben, doch er fühlte sich schuldig – wofür? Für die Dinge, die Calliope getan hatte?
    „Aber ich will zurückkommen“, platzte es aus mir heraus, und beim Gedanken, ihn niemals wiederzusehen, begann mein Herz zu rasen. Vielleicht hatte er es noch nicht begriffen, aber Eden Manor war alles, was mir noch blieb. „Was soll ich denn machen, wenn du mich nicht zurückkommen lässt? Du, Ava, Ella, Sofia und … und …“
    Ich kam ins Stocken, hatte einen Kloß im Hals und wischte mir Tränen aus den Augenwinkeln. Da legte Henry die Karten weg und strich mit dem Handrücken über meine Wange.
    „Wenn du zurückkommen willst, würde ich mich sehr darüber freuen. Es ist deine Entscheidung, und dass du lieber hierbleiben würdest, als dein Leben zu leben … Ich kann dir nicht sagen, wie viel mir das bedeutet.“
    „Aber ich lebe mein Leben“, erklärte ich ihm kläglich. „Und ich kann mein Leben auch mit dir leben. Bloß weil es ein bisschen unkonventionell ist, heißt das nicht, dass es nicht genauso gut ist wie alles andere, was es da draußen gibt. Sogar besser. Um Längen besser.“
    Er zögerte. „Das ist sehr nett von dir, und es bedeutet mir unendlich viel, dass du so denkst. Aber ich hoffe, ich darf das sagen, ohne dass du es als Beleidigung empfindest … Du hast nicht gelebt, Kate. Nicht mit mir und nicht in der Welt da draußen. Du hast darauf gewartet, dass deine Mutter stirbt, und jetzt, wo das geschehen ist …“
    „Jetzt, wo sie fort ist, ist alles, was mir bleibt, dieser Ort – und du“, unterbrach ich ihn. „Es braucht schon mehr als eine messerschwingende Mörderin, um mich dazu zu bringen, dich aufzugeben.“
    Statt mit mir darüber zu streiten, erstrahlte auf seinem Gesicht das erste richtige Lächeln, das ich seit meinem Tod erblickte.
    „Gut, dann haben wir das gemeinsam.“ Er hielt die Karten hoch. „Sollen wir? Ich hab gehört, aller guten Dinge sind sechs.“
    Ich verdrehte die Augen. „Eher friert die Hölle zu, als dass du gegen mich gewinnst.“
    Lächelnd hob er eine Braue. „Das lässt sich problemlos arrangieren.“
    Als der Rat am Tag vor der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche zusammenkam, waren meine Wunden immer noch nicht weit genug verheilt, als dass ich allein hätte gehen können. Ava und Ella mussten mir zu zweit beim Anziehen helfen, und als wir das geschafft hatten, war ich so erschöpft, dass ich direkt zurück ins Bett kriechen wollte.
    „Vielleicht können sie noch einen Tag warten“, sagte Ava und biss sich auf die Unterlippe, während sie mich

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