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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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glaube ich nicht, dass sie mich jemals geliebt hat. Nicht so, wie ich sie liebe.“
    Liebe. Nicht liebte. Ich atmete aus.
    „Die Geschichtsschreibung hat sich natürlich auf ihre Seite geschlagen,und über den Grund dafür habe ich so eine Theorie, aber in Wahrheit habe ich Persephone niemals zur Ehe gezwungen. Ich liebe sie sehr, und es hat mich furchtbar geschmerzt, sie so unglücklich zu sehen. Nach einigen Jahrtausenden hat sie sich in einen Sterblichen verliebt und sich entschieden, ihre Unsterblichkeit für ihn aufzugeben. Ich habe sie gehen lassen. Es hat sehr wehgetan, aber ich wusste, es würde noch schmerzhafter sein, würde ich sie zwingen zu bleiben.“
    Mehrere Herzschläge lang blieb ich still, während ich verdaute, was er mir gerade erzählt hatte. Unerwiderte Liebe war eine Sache, aber eine unbegreiflich lange Zeit unter solchen Qualen zu verbringen – das überstieg meine Vorstellungskraft. Ich wollte nicht einmal versuchen, mir das auszumalen.
    „Es tut mir leid“, brachte ich schließlich hervor. Mein Zorn war längst verraucht, und ich wünschte, ich wüsste etwas anderes zu sagen.
    „Das muss es nicht.“ Henrys Mundwinkel verzogen sich zu einem ironischen Lächeln. „Sie hat ihre Entscheidung getroffen. Genau wie du deine. Das ist alles, was ich erwarten kann.“
    Wieder nickte ich, immer noch ohne einen Schimmer, was ich darauf erwidern sollte. James hatte recht. Was ich auch tat, Henry würde Persephone immer lieben. Das musste ich akzeptieren. Doch ein Teil von mir wollte, dass er mich ebenso liebte. Selbst wenn es nur eben genug wäre, um ihn durch den Frühling zu bringen – das würde reichen.
    „Henry?“ Mir wurde die Kehle eng, während ich all meinen Mut zusammennahm. „Glaubst du, du könntest mich jemals lieben? Wenigstens ein bisschen?“
    Meine Frage schien ihn völlig unvorbereitet zu treffen, und sprachlos starrte er mich an, die Stirn gerunzelt, den Mund leicht geöffnet. Doch ich musste es wissen. Mit einem Ende wie im Märchen brauchte ich nicht zu rechnen, aber das hatte ich auch niemals. Mein Märchen war eins, in dem sowohl Henry als auch meine Mutter noch lebten, und da es für meine Mutter zu spät war, ruhte all meine Hoffnung auf Henrys Schultern.
    Schließlich drückte er mir einen sanften Kuss auf den Mundwinkel und sagte leise: „So weit ich fähig bin, jemand anderen zu lieben, ja.“
    Ich spürte einen Stich im Herzen, doch auch wenn es nicht die Antwort war, die ich hatte hören wollen: Es würde reichen müssen. Mit beiden Händen ergriff er meine Hand und sah mich an, als würde er mich herausfordern, den Blick abzuwenden. Ich hielt stand.
    „Du hast für mich gekämpft, und denk nicht, ich hätte es nicht gesehen. Du glaubst an mich, obwohl es kaum sonst jemand tut, und ich kann nicht in Worte fassen, wie viel mir das bedeutet. Deine Freundschaft und Zuneigung werden für mich immer zu den wertvollsten Dingen gehören, die mir je geschenkt wurden.“
    Freundschaft und Zuneigung. Die Worte trafen mich wie Fausthiebe, doch mühsam rief ich mir in Erinnerung, dass sie besser waren als die Alternative – um so vieles besser. Doch in mir fühlte ich eine Leere, als hätte er mir etwas Kostbares genommen. Es mochte nicht alles Romantik pur und eitel Sonnenschein gewesen sein zwischen uns, doch ich hatte auf mehr gehofft. Ich wusste nicht, auf welche Weise ich ihm noch zeigen sollte, was ich wollte. Nicht ohne mich ihm voll und ganz auszuliefern – und das konnte ich nicht. Noch nicht. Nicht solange ich nicht wusste, ob er dasselbe empfand.
    Als er weitersprach, wollte ich den Blick abwenden, doch ich konnte es nicht.
    „Wenn man dich nicht für würdig erachtet, werde ich zurück-treten. Ich habe die Hoffnung, dass wir, wenn du das möchtest, Zeit miteinander verbringen können, bevor ich ganz vergehe.“
    Ich erschrak und blinzelte die Tränen weg, die mir in die Augen getreten waren.
    „Wie lange wäre das?“
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte er. „Aber ich denke, ich werde bis zu deinem Tod bleiben, wenn es so weit kommt. Falls du mich immer noch haben willst, wenn das hier vorüber ist.“
    Ich rang mir ein Lächeln ab. „Das wäre schön. Deine … Mitdir befreundet zu sein.“
    „Du bist meine Freundin“, entgegnete er, und ich sagte nichts. Freunde. Nur Freunde – nichts darüber hinaus. Ich versuchte, Erleichterung zu fühlen, mir in Erinnerung zu rufen, dass ich nichts von dem hier gewollt hatte. Doch alles, was ich spürte, war

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