Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
wurden allerdings nicht allzu dringend benötigt, denn Kathleen wurde selbst immer wieder zu neuen Entwürfen inspiriert. Sie ließ ihre Fantasie spielen, seit sie die Kleider nach ihrem ersten Besuch bei Mrs. Broom für deren Laden abzeichnete, und brauchte die Journale schließlich nur noch zur Orientierung an der neuesten Mode. Claire war von ihren Einfällen begeistert und die Kundinnen nicht minder.
Schon nach kurzer Zeit musste Kathleen Aufträge ablehnen, weil sie mit dem Nähen nicht nachkam. Das lag natürlich auchdaran, dass sie nur abends und nachts zur Nadel griff, wenn die Farmarbeit getan war und Colin schlief. Kathleen mochte es vor Claire nicht gern zugeben, aber auch sie selbst merkte, dass mit dem Jungen Ians Spion in ihrem Haus heranwuchs.
Inzwischen war auch die Schafschur erfolgt, zum Glück ohne eine neue Krise in Kathleens Ehe heraufzubeschwören. Claire hatte die Schererkolonne an einem der wenigen Tage vorbeigeschickt, an denen Ian zu Hause war, und Kathleen ließ sich draußen nicht blicken. Ian nutzte die Chance, dem Anführer ein Pferd zu verkaufen.
»Das heißt, wir müssen uns nächstes Mal andere Leute suchen«, seufzte Kathleen mit Blick auf die ordentlich von ihrer Wolle befreiten Tiere und die schönen Vliese. »Der Mann wird schnell merken, dass der Wallach faul ist wie die Sünde und obendrein lahm. Aber vielleicht haben wir im nächsten Jahr um die Zeit ja gerade keine Schafe.«
»Wir schon!«, rief Claire fröhlich.
Bei den Edmunds wechselte der Viehbestand nicht dauernd, und im Gegensatz zu Kathleen, die Schafe nur als Ausbrecher und Mistproduzenten sah, mochte Claire die Tiere gern. Sie hatte sich auch mit den Schafscherern bestens verstanden und sogar zwei Schafe selbst geschoren. Nun brannte sie darauf zu lernen, wie man die Wolle verarbeitete. Kathleen zeigte es ihr geduldig, und in der nächsten Zeit erlangte Claire tatsächlich einige Geschicklichkeit im Spinnen. Obwohl Kathleen sich nichts davon versprach, bot sie ihre Wolle in Mrs. Brooms Laden an – und zu Kathleens Überraschung griffen die Stadtfrauen gern zu.
»Sag ich doch!«, freute sich Claire und packte eine weitere Ladung in ihren Wagen. »Bei euch in Irland mag ja jede Frau selbst spinnen, aber in Liverpool tat das niemand. Stricken und Häkeln schon, aber Wolle kardieren und färben und verspinnen – das geht nicht in einem Stadthaushalt und lohnt sich ja auch nur, wenn man selbst Schafe hat!«
Kathleen und Claire verkauften den gesamten Wollertrag ihrer beiden Farmen – und freuten sich daran, dass keiner ihrer Männer darauf kam, das Geld von ihnen einzufordern. Weder Ian noch Matt hatte Ambitionen als Schafbaron. Für Ian waren eigene Tiere nur lästige Fresser – er versuchte sie weiterzuverkaufen, sobald es eben ging. Und Matt fuhr Tag für Tag zwischen Christchurch und Lyttelton hin und her. Er machte gute Geschäfte, indem er das Hab und Gut der neuen Siedler transportierte oder Handelsware aus den Plains zu den Schiffen brachte. Bei Letzterem hätte ihm eigentlich auffallen müssen, dass er immer mehr Wolle für England lud. Aber entweder hielt er seine eigenen paar Dutzend Schafe für nicht erwähnenswert, oder er interessierte sich einfach nicht dafür, was er beförderte.
Manches sprach tatsächlich für Desinteresse, denn Matt wirkte immer gelangweilter und schlechter gelaunt. Claire litt darunter sichtlich, obwohl sie sich scheinbar nichts anmerken ließ. Kathleen konnte sie jedoch nichts vormachen. Schon das Ausbleiben der Schwärmereien für den wundervollen, humorvollen und zärtlichen Matt Edmunds war ein Indiz für Claires Ernüchterung.
Claire freute sich aber ungehemmt über das eingenommene Geld. »Wir werden noch reich, Kathleen!«, lachte sie, wurde dann aber ernst. »Wir gehen zusammen weg!«
Kathleen sah überrascht von ihrem Geld auf. Sie zählte es eben erneut durch und konnte ihren Reichtum kaum fassen. Aber dies riss sie denn doch aus ihrer Trance. Claire Edmunds dachte an Ausbruch aus ihrer Ehe?
»Sie sagen …«, flüsterte Claire, die sich wohl endlich einmal aussprechen musste, »also die Frauen in Christchurch … sie sagen, Matt habe ein Liebchen in Lyttelton.«
Kathleen legte ihrer Freundin tröstend den Arm um die Schultern. »Das muss nicht stimmen, Claire. Das ist sicher nur Gerede!«
»Es kann aber sein«, sagte Claire bitter. »In den ersten Jahren war das Meer schließlich selten so rau, dass er in Port Cooper übernachten musste. Aber jetzt passiert
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