Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
grünem Krepp und Spitze, aber er ist Orangenblüten nachempfunden und …«
Claire und Lizzie schwiegen beide, als sie Lizzie in vollem Brautstaat vor dem Spiegel sahen.
»Es ist vollkommen!«, sagte Claire schließlich. »Oder jedenfalls fast. Hier müssen wir noch einen kleinen Abnäher machen, und hier, und den Ausschnitt würde ich etwas höher setzen.«
Sie hantierte rasch mit Stecknadeln und Heftgarn, aber Lizzie sah nur minimale Unterschiede. Für sie war das Kleid perfekt, so wie es war.
»Wir machen Ihnen das bis übermorgen fertig, dann können Sie es abholen«, schlug Claire vor. »Das reicht doch, nicht wahr? Sie heiraten nicht gleich heute? Und wenn es denn möglich wäre: Würden Sie eine Fotografie von sich anfertigen lassen und uns einen Abzug davon zukommen lassen? Eine so schöne Braut … Kathie muss Sie auch unbedingt in ihrem Kleid sehen, bevor Sie esmitnehmen! Lassen Sie uns eine Zeit ausmachen, in der Sie zur Anprobe kommen.«
Lizzie lachte. »Das reicht völlig«, meinte sie glücklich. »Aber wenn Sie … wenn Sie sowieso noch etwas ändern … die Hochzeit ist in vier Wochen, und es könnte sein …« Sie errötete, aber vor dieser Frau hatte sie erstaunlicherweise keine Hemmungen. In einem guten Modehaus, so hatte sie eben entdeckt, waren weibliche Geheimnisse sicher verwahrt. »Es könnte sein, dass ich dann etwas fülliger sein werde.«
Claire strahlte. »Wie schön! Herzlichen Glückwunsch! Aber das ist gar kein Problem, hier ist ja sowieso diese Schärpe. Darunter schaffen wir mühelos Platz für den Nachwuchs. Oh, ich freue mich für Sie! Wo werden Sie heiraten? Vielleicht komme ich in die Kirche. Es ist unser erstes Brautkleid, wissen Sie …«
»Die Frau ist unglaublich freundlich!«, berichtete Lizzie aufgeregt, als sie Michael abends zum Essen im Hotel traf. Sie hatte zur Feier des Tages Champagner bestellt. »Und stell dir vor, sie entwerfen diese Kleider selbst! Miss Claire oder ihre Freundin, Miss Kate oder so. Natürlich ist es teuer, aber ich kriege einen Sonderpreis. Weil Miss Claire meint, das Kleid und ich … wir wären sozusagen füreinander bestimmt.«
Michael runzelte die Stirn, stieß aber bereitwillig mit ihr an. »Liebste, du und ich sind füreinander bestimmt. Von mir aus könntest du auch in Sackleinen heiraten! Aber schön, ich schaue mir das Wunderkleid übermorgen mal an. Mal sehen, ob ich dich darin wiedererkenne. Nach dem, was du erzählst, verwandelt es dich wohl in einen Engel – oder sollte ich besser sagen, eine Sahnetorte?«
Lizzie schüttelte heftig den Kopf und ließ dabei fast ihr Glas fallen. »Bist du verrückt, Michael? Du darfst doch mein Hochzeitskleid nicht sehen! Das bringt Unglück, Michael, bestimmt.« Ihre Stimme klang beschwörend und ehrlich besorgt.
Michael lachte. »Meine liebe Lizzie, nun bist du schon so eine erwachsene reiche Frau, aber du benimmst dich wie ein abergläubisches Kind!« Er nahm ihre Hand und küsste sie. »Als ob es irgendeinen Unterschied macht, ob ich ein paar Bahnen Stoff zu Gesicht bekomme oder nicht. Was sollen deine Maori-Freunde sagen? Die tragen gar keine Brautkleider, oder? Beim einander Beiliegen im Gemeinschaftshaus wären die jedenfalls ziemlich hinderlich!«
Lizzie runzelte die Stirn. »Auch erwachsene reiche Frauen können vom Pech verfolgt sein«, erklärte sie. »Und die Maori haben bestimmt ihre eigenen Rituale.« Sie dachte an die Zeremonie, die eine Häuptlingsfrau jedes Mal über sich ergehen lassen musste, wenn sie ihren Mann nur besuchen wollte. »Untersteh dich, zu spionieren, Michael! Mein Kleid siehst du erst in der Kirche.«
Michael nickte unbedarft. Er würde trotzdem am nächsten Morgen in der George Street vorbeireiten und einen Blick auf das sagenhafte Kleid werfen! Was sollte Lizzie und ihm schließlich jetzt noch Unglück bringen können?
Lizzie konnte die nächste Anprobe kaum abwarten. Sie war schon eine Viertelstunde zu früh in der George Street. Diesmal erwarteten sie dort nicht nur Miss Claire, sondern zwei weitere Frauen. Die Näherin Mrs. Moriarty und Miss Kathie, die zweite Inhaberin von Lady’s Goldmine. Mrs. Moriarty wirkte freundlich und mütterlich in ihrem schlichten Musselinkleid. Sie war wohl direkt aus ihrer Nähstube gekommen. Aber Miss Kathie … Lizzie war schon von Claire Edmunds Schönheit und Eleganz eingeschüchtert worden, aber Miss Kathie erst! Sie trug zwar nur ein äußerst schlichtes schwarzes Kleid ohne jeglichen Zierrat, aber sie war sicher
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