Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
ersten Blick keine Südhänge zum Weinanbau anboten, aber damit wollte sie auf keinen Fall argumentieren. Michael würde siefür verrückt erklären – oder erneut befürchten, sie wollte ihn bevormunden. Die Idee, mit Reben zu experimentieren, musste ein Traum bleiben.
Lizzie und Michael versprachen also, in Dunedin eine Anzahlung für die Farm auf das Konto der MacDuffs zu überweisen und den Hof zu übernehmen, wenn die Schotten ihre letzten Angelegenheiten in Otago abgewickelt hatten. MacDuff wollte den endgültigen Verkauf erst nach der Schafschur vollziehen, was Michael verständlich fand.
»Sonst hätte er ja praktisch das ganze letzte Jahr umsonst gearbeitet«, erklärte er Lizzie, die gern früher umgezogen wäre.
»Und was machen wir so lange?«, fragte sie schlecht gelaunt. »Ich hab ehrlich gesagt keine Lust auf ein weiteres Frühjahr in Tuapeka.«
Michael lachte und wirbelte sie herum. »Wir, meine Liebste, verbringen die nächsten Wochen in Dunedin, ohne zu arbeiten! Wir werden einen Teil unseres mühsam erarbeiteten Geldes sinnlos verprassen! Wir mieten uns in einem Hotel ein, du kannst Wein trinken, so viel du möchtest – und natürlich werden wir heiraten. In der Kirche deines Reverends. Hoffentlich ist es nicht wieder ein Zelt!«
Lizzie ließ sich herumschwenken, obwohl ihr dabei schwindelig wurde. In der letzten Zeit wurde ihr häufig schwindelig, und sie hatte auch schon einen Verdacht, woher das kommen konnte.
»Ich würde dich auch unter freiem Himmel heiraten!«, erklärte sie lächelnd. »Allerdings hätte ich gern ein Brautkleid. Glaubst du, dafür haben wir Geld?«
Michael machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wir haben Geld für zwei Brautkleider, Liebste, und ein Taufkleid gleich mit!«
Lizzie drohte ihm lächelnd mit dem Finger. »Du willst nicht wirklich zwei Frauen freien, Michael Drury! Aber das mit dem Taufkleid könnte eine recht gute Idee sein …«Lizzie entdeckte den Traum aus cremefarbener Spitze schon bei ihrem ersten Streifzug durch Dunedin. Sie fand die Stadt aufregend – seit sie London verlassen hatte, war sie dem Puls einer Großstadt nie so nahe gewesen. Die wichtigsten Steinhäuser in Dunedins Innenstadt waren inzwischen vollendet, die Kirche St. Paul’s fasste tatsächlich fünfhundert Gläubige, und das Octagon ließ künftige Pracht erkennen. Vor allem aber gab es Geschäfte und Märkte im Überfluss und in jeder Preiskategorie. Denn auch darin glich Dunedin London: Es gab reiche Bürger, die in den Straßen und Parks flanierten und die neueste Mode, schöne Equipagen und Pferde zur Schau stellten. Daneben jedoch vegetierten gänzlich mittellose Neuzuwanderer, die rund um die Stadt in Behelfshäusern oder in Zelten hausten.
Außerhalb der Innenstadt waren die Straßen oft schlammig, niemand holte den Müll ab, und an sanitären Anlagen mangelte es. Reverend Peter Burton, der sich der Armen gleich wieder angenommen hatte, fand hier ein reiches Betätigungsfeld. Erneut organisierte er Suppenküchen und eine Mindestversorgung der Kranken. Lizzie unterstützte ihn mit Spenden, sie war glücklich, einmal zu den begüterten Bürgern zu zählen. Michael hatte eine Suite in einem der besten Hotels der Stadt gemietet und machte sein Versprechen wahr: Sie aßen in den besten Restaurants, besuchten Theater und Varietees – und sie planten ihre Hochzeit.
Michael wollte in einem Anflug von Größenwahn gleich in St. Paul’s heiraten, aber Lizzie gefiel Reverend Burtons Kirche in der Vorstadt sehr viel besser.
»Ich möchte, dass Reverend Burton uns traut!«, erklärte sie. »Und was willst du auch mit einer Kirche mit fünfhundert Plätzen? Wir kennen hier doch sowieso niemanden!«
Lizzie setzte sich schließlich durch, und der Termin wurde auf den 2. November festgesetzt. Lizzie würde eine Frühlingsbraut werden.
»Und du wirst ein Herbstkind«, flüsterte Lizzie ihrem Baby zu.
Sie war sich inzwischen sicher, dass sie schwanger war, und siefreute sich darüber. Michael hatte sie es allerdings bislang nicht gesagt, und sie hoffte auch, dass es bis zur Hochzeit noch nicht zu sehen sein würde. In ihrem Hochzeitskleid wollte sie schlank und strahlend schön aussehen – wobei sie bislang nur nebelhafte Vorstellungen darüber hatte, wie das Kleid aussehen sollte. Bis zu diesem Tag, als sie über die George Street schlenderte, eine der mondänsten Einkaufsstraßen der jungen Stadt.
Der Laden war klein, aber sehr exklusiv, er lag neben einer Bank, und im
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