Das Gold des Bischofs
berechnende dunkelbraune Augen. Um seinen Mund standen Lachfältchen â anscheinend hatte er in den rund fünfzig Jahren seines Lebens mehr Unterhaltung gefunden, als man hinter Klostermauern erwarten konnte. AuÃerdem verströmte er die unverkennbare Aura der Macht. Geoffrey war solchen Männern schon früher begegnet und sogleich wachsam. Aus schmerzlicher Erfahrung wusste er, dass es umso besser war, je weniger man mit ihnen zu tun hatte.
Rechts von diesem saà ein langer, sehniger Kerl, mit kurzen rotblonden Haaren. Er wirkte zugleich zurückhaltend und verschlagen, und dieser Eindruck wurde noch betont durch eine dünne Narbe, die von der Lippe bis zur Schläfe verlief. Der dritte Mönch war klein und dunkelhaarig. Seine schwarzen Augen bewegten sich unruhig, und Geoffrey hatte den Eindruck, dass ihm nicht die kleinste Einzelheit entging. Seinen Kopf mit dem schmalen Gesicht und der spitzen, vorspringenden Nase hielt er geneigt, was ihn wie ein neugieriges, aber tückisches Huhn wirken lieÃ. Für Geoffrey sahen sie alle nach den hochrangigsten Mönchen aus, denen er je begegnet war â gerissen, eigennützig und unaufrichtig.
»Was wollt Ihr?«, verlangte er von dem Mönch in der Mitte zu wissen und kümmerte sich nicht darum, dass dessen Begleiter offenbar der Ansicht waren, er solle mehr Respekt zeigen.
»Nichts allzu Anstrengendes«, antwortete der Mönch. »Aber bevor wir darüber reden, sollte ich mich vielleicht vorstellen. Ich bin Rogers Vater.«
Geoffrey blickte Roger unsicher an und war sich nicht sicher, ob der Mann die Wahrheit sprach. Roger strahlte glücklich und legte verschwörerisch einen Arm um Geoffreys Schultern, zog ihn näher zu sich heran, bis er seinen heiÃen, weingeschwängerten Atem in Geoffreys Ohr hauchen und ihm zuflüstern konnte: »Dies ist in der Tat der Bischof von Durham. Mein Vater.«
Geoffrey schaute von dem Mönch zu Roger und dann wieder zu dem Mönch. Die Ankunft des Schankburschen, der Roger eine bestellte Fleischmahlzeit brachte, verschaffte ihm noch ein wenig Zeit, um über die Enthüllung hinwegzukommen. Ein beachtlicher Brocken Schweinefleisch, der in einer SoÃe mit fettigen Zwiebeln und braunen Ãpfeln schwamm, wurde auf den Tisch geknallt, und Roger rieb sich in Vorfreude die Hände. Sein Verwandter war anscheinend vergessen.
»Ich dachte, Ihr wäret im White Tower zu London, Herr«, stellte Geoffrey unverblümt fest. Das war kein vielversprechender Anfang für ein Gespräch, aber es drückte die Sorge aus, die ihm derzeit am schwersten auf der Seele lag.
Flambard verzog das Gesicht. »Das war ich bis vor ein paar Tagen. Ich bin entkommen.«
Geoffrey erschrak. »Man entkommt nicht aus dem White Tower!«
»Oh, aber ich bin ja auch nicht irgendjemand, oder?«, stellte Flambard mit vieldeutigem Lächeln fest. »Ich habe eine Menge Freunde, ein gewaltiges Vermögen und mehr Verstand als alle Ratgeber König Henrys zusammen.«
»Bescheiden ausgedrückt«, merkte Geoffrey trocken an. »Aber Ihr solltet Henry nicht unterschätzen. Er ist kein Einfaltspinsel. Ich bin ihm kürzlich begegnet und halte ihn für einen der listigsten Männer, die mir je über den Weg gelaufen sind.«
Flambard grinste, und Geoffrey erkannte die Ãhnlichkeit zwischen ihm und Roger, besonders in der Art und Weise, wie sie verschmitzt mit den Augen zwinkerten. Geoffrey sah sich unbehaglich um. Es war bestimmt nicht klug, gemeinsam mit dem unbeliebten Bischof in einer Schenke zu sitzen, ganz besonders dann nicht, wenn dieser eben aus der sichersten Festung des Königs ausgebrochen war.
»Listig ist er«, stimmte Flambard zu. »Wie auch immer, mit meiner Flucht habe ich ihn mühelos ausgetrickst. Ich konnte mich mit den Wachen anfreunden, dank meiner liebenswerten Art und Freigebigkeit. Dann bestellte ich ein Fass Wein, damit wir eine feuchtfröhliche Nacht verbringen konnten. In dem Fass war ein Seil verborgen. Später, als die Gefängniswärter in trunkenem Schlummer lagen, stieg ich aus dem Fenster, wo meine treuen Gefolgsleute schon mit Pferden auf mich warteten.«
Zur Bestürzung seiner drei Gegenüber langte Geoffrey über den Tisch und schob Flambard den Ãrmel der Mönchskutte hoch. Der Geistliche mit dem rötlichen Haar griff hastig unter seine Robe nach einem Gegenstand, der gewiss nicht religiöser
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