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Das Gold des Bischofs

Das Gold des Bischofs

Titel: Das Gold des Bischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaufort
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Eleanor bediente ihre Gäste, füllte hier einen Becher, reichte dort eine Schale mit Nüssen an und sorgte dafür, dass sie alle behaglich sitzen konnten. Flambard hatte seine Tochter in höfischem Benehmen offenbar gut unterwiesen, denn Geoffrey war bisher selten so höflich und freundlich umsorgt worden. Im Herd loderte ein großzügiges Feuer, und die aufgetragenen Speisen waren vorzüglich.
    Zum ersten Mal seit Jahren saß Geoffrey wieder in förmlicher Kleidung zu Tische. Für gewöhnlich trug er entweder volle Rüstung oder zumindest das leichte Kettenhemd und die Gamaschenhosen aus gehärtetem Leder, die als leichte Rüstung durchgingen. Nur sehr selten trennte er sich vom kriegerischen Ornat und beschränkte sich auf die Hosen und das Hemd, das er für gewöhnlich unter dem Panzer anhatte. Allerdings besaß er davon nur zwei Garnituren, und beide bedurften dringend einer Reinigung und Ausbesserung.
    Roger bestand auf angemessener Bekleidung und empfand es als beleidigend für die Gastfreundschaft seiner Schwester, wenn sie ihre Rüstung nicht ablegten. Er selbst führte sein langes Hemd aus blauer Seide vor, das er gewöhnlich bei seinen Besuchen in Freudenhäusern anzog: Ein eher zweifelhaftes Kleidungsstück mit einem bedrohlichen Riss auf dem Rücken, um den sich ein dunkler Fleck ausbreitete und auf das Schicksal des früheren Besitzers hindeutete. Dazu trug er eng anliegende Hosen aus roter Wolle und ein ansehnliches Lederwams mit goldenen Schließen an der Vorderseite – beides hatte Eleanor für ihn verwahrt, während er auf Kreuzzug gewesen war.
    Geoffrey hatte bereits darüber nachgegrübelt, welches seiner ausgebeulten braunen Beinkleider und fleckigen Hemden in weiblicher Gesellschaft wohl am wenigsten Anstoß erregen würden, als Roger anbot, ihm etwas zu leihen. Geoffrey hatte Einwände erhoben. Er wollte weder etwas tragen, für dessen Erwerb Roger jemanden umgebracht hatte, noch ein Kleidungsstück, das vor Dreck stehen konnte. Doch zu seiner Überraschung erfuhr er, dass Roger vor seiner Fahrt ins Land der Sarazenen als eleganter Bursche gegolten hatte. Am Tag seiner Abreise hatte Eleanor seine zahlreichen edlen Gewänder gewaschen und gefaltet und sie bis zu seiner Rückkehr in einer Truhe verstaut, zusammen mit parfümierten Holzkugeln und etwas, das nicht ganz so vorteilhaft roch, aber gut gegen die Motten sein sollte.
    Der bullige Ritter präsentierte seinem Freund lässig ein paar Stücke, die ihm geeignet erschienen, und so trug Geoffrey nun eine dunkelblaue Hose, die lose um die Beine schlackerte, und dazu ein dickes Leinenhemd, das weißer war als alles, was er selbst je besessen hatte. An einer Schüssel mit heißem Wasser, auf dem Blüttenblätter schwammen, hatte er sich den Schmutz der Reise halbwegs abgewaschen, dann hatte er sich mit dem Dolch rasiert und das besser hinbekommen als Roger, der von Schorfkrusten und hässlichen roten Kratzern entstellt war. Um die Wirkung abzurunden, hatte Geoffrey sich die Haare geschnitten und frisch gekämmt und sogar daran gedacht, sich die Fingernägel zu säubern.
    Â»Berichtet mir doch von Eurer Reise von Southampton, Sir Geoffrey«, bat Eleanor und unterbrach damit gelangweilt eine von Rogers lebhaften Geschichten, die er über Metzeleien und Plünderungen im Heiligen Land zu erzählen wusste.
    Roger blickte sie überrascht an. »Da ist doch gar nichts passiert, außer vielleicht dieses seltsame Scharmützel mit den Räubern, die plötzlich doch nicht mehr kämpfen wollten, als sie richtigen Kriegern gegenüberstanden. Unsere besten Geschichten sind die vom Kreuzzug.«
    Eleanor lächelte, wobei ihre kleinen, weißen Zähne sichtbar wurden, und versetzte ihrem Bruder einen liebevollen Klaps auf die Wange. »Aber ich kann nur schwer glauben, dass jeder in Palästina, ob Mann, Frau oder Kind, nach christlichem Blut dürstet, und dass sie kein anderes Streben im Leben kennen, als christliche Heiligtümer zu schänden.«
    Â»Aber das ist wahr!«, protestierte Roger entrüstet. »Frag Geoffrey.«
    Geoffrey war nicht ganz wohl dabei, die liebliche Eleanor anzulügen, doch genauso wenig wollte er seinen Freund als jemanden dastehen lassen, der es mit der Wahrheit nicht allzu genau nahm. Wie sehr Roger sich auch eingeredet haben mochte, dass alle Massaker und Gemetzel des Kreuzzuges

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