Das Gold des Bischofs
ankam. Niemand weiÃ, wo er ist.«
»Hat er seine Karte noch bekommen, ehe er ging?«, wollte Geoffrey wissen.
»Er hat mir nichts dergleichen mitgeteilt.«
»Bedeutet das dann, dass sie hier ankam, nachdem er nach Chester-le-Street aufgebrochen ist?«, fragte Geoffrey. »Oder dass sie überhaupt nicht eingetroffen ist?«
»Ich werde mich erkundigen«, sagte Turgot. »Obwohl ich fürchte, dass Letzteres der Fall ist. Cenred hätte es mir gesagt, wenn eine Botschaft eingetroffen wäre, die die Kathedrale betrifft. Aber Durnais Verschwinden ist nicht das Einzige, was an Flambards Plan falsch läuft.«
»Nun?«, ermunterte Geoffrey den Prior, während sich zugleich ein flaues Gefühl in seiner Magengrube ausbreitete.
»Ihr hattet gesagt, dass das dritte Schreiben an den Goldschmied gehen sollte«, erklärte Turgot. Er seufzte und massierte sich die Stirn, als hätte er Kopfschmerzen bekommen. »Aber Jarveaux starb vor zwei Tagen â er ist an einer Auster erstickt.«
Geoffrey und Roger saÃen schweigend da und dachten über die Enthüllungen des Priors nach. Turgot legte die Fingerspitzen mal aneinander, mal auf den Tisch, während er über das Problem nachsann. Seine üppigen Augenbrauen wogten und spiegelten die Sorge ihres Eigentümers wider. Roger blickte finster auf die Schatzkarte hinab â die nach dem Aufenthalt in den unappetitlichen Tiefen seines Wappenrocks schmutzig und zerknittert war â, als wäre sie persönlich verantwortlich für die Schwierigkeiten der Männer, die den Plan seines Vaters in die Wirklichkeit umsetzen sollten. Nun, befand Geoffrey, zumindest kannten sie jetzt den Grund für Cenreds eigenartige Bemerkung in Eleanors Haus, nachdem Roger die Absicht ausgedrückt hatte, sein Gold zu Jarveaux zu bringen: Wie jeder andere Einwohner von Durham hatte auch Cenred gewusst, dass Jarveaux tot war.
Die Nachricht vom Tod des Goldschmieds und dem Verschwinden des Sheriffs gab den jüngsten Ereignissen eine finstere Wendung und bestärkte Geoffreys Vermutung, dass hinter Flambards Plan mehr steckte, als er zugegeben hatte. Es gab nun schon sieben Todesfälle, bei denen Geoffrey eine Verbindung zu dem Schatz sah: der junge Kämpfer vom Dach, der Komplize des Wiesels, der in Eleanors Stube eingedrungen war, Peterkin und der Mann, der ihn vermutlich ermordet hatte, Xavier und sein Knappe, und jetzt auch noch der Goldschmied.
War Jarveauxâ Tod ein Zufall? Unfälle kamen vor, und Geoffrey wusste, wie leicht man geneigt war, in zufällige Ereignisse einen Zusammenhang hineinzudeuten. Aber anscheinend stand Flambards Unterfangen von Beginn an unter einem schlechten Stern. Peterkin war ermordet worden, noch bevor Roger Flambards Auftrag angenommen hatte. Irgendwer hatte gewusst oder vermutet, dass man Roger eine der Karten anvertrauen würde, und war vom ersten Augenblick an entschlossen gewesen, sie ihm wieder abzujagen. Der arme Peterkin war vermutlich von Wiesel befragt und getötet worden, nachdem er keine Antwort hatte geben können.
Und was hatte der vermisste Simon mit der Sache zu tun? Wie war eine von Flambards Karten unter seinen Tisch gekommen? Hatte Simon selbst sie dort angeheftet? Oder war sie ohne sein Wissen dort versteckt worden, und Simon lag tot in irgendeinem Graben, mit einem roten Pfeil im feigen Herzen?
Alle Beweise deuteten in eine Richtung: Jemand wollte nicht, dass Turgot, Jarveaux und Durnais ihre Schatzkarten erhielten â oder besser gesagt, dass der Schatz für den Bau der Kathedrale verwendet wurde. Geoffrey erhob sich, trat an das Fenster und starrte auf den Altarraum, der aus dem Schnee aufragte.
Auf dem Tisch neben ihm lagen Zeichnungen ausgerollt, an den Ecken von Kelchen, Bleisiegeln und Tintenfässern gehalten. Es waren die Pläne für das ehrgeizige Bauwerk. Eigentlich wollte Geoffrey nicht länger in Turgots Haus verweilen. Er und Roger hatten ihre Verpflichtung Flambard gegenüber erfüllt und sollten gehen. Aber Architektur faszinierte ihn, besonders, wenn sie so groÃartige AusmaÃe annahm wie in Durham. Also studierte er die Pläne und fuhr die Linien auf dem Pergament mit dem Finger nach.
»Wie eigenartig!«, stellte er fest und vergaà Flambards Schatzkarten, als seine Aufmerksamkeit ganz von den Bauplänen eingenommen wurde. »Die Marienkapelle ist am Westende, nicht im Osten geplant.«
»Sie wird
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