Das Gold von Sparta
vollständig wäre … würde ich auf neun bis zehn Millionen tippen – natürlich nur für den entsprechenden Käufer. Aber die Kiste ist nicht mehr vollständig, was den Preis deutlich drückt. Wenn ich raten müsste … würde ich sagen, dass jede Flasche zwischen sechs- und siebenhunderttausend Dollar wert ist.«
»Für eine Flasche Wein«, sagte Remi andächtig.
»Ganz zu schweigen von ihrem historischen und wissenschaftlichen Wert«, fügte Sam hinzu. »Wir haben es hier mit einem Rebenstamm zu tun, der aller Wahrscheinlichkeit nach ausgestorben ist.«
»Also … was wollen Sie jetzt tun?«, fragte Selma.
»Wir müssen davon ausgehen, dass Narbengesicht eher hinter dem Wein als hinter dem UM-34 her ist«, sagte Sam.
»Und er kam mir nicht gerade wie ein Feinschmecker vor«, fügte Remi hinzu.
»Was bedeuten dürfte, dass er für irgendjemanden arbeitet. Ich mache mal ein paar Anrufe, lasse meine Beziehungen spielen und sehe, was wir rauskriegen können. In der Zwischenzeit, Selma, sollten Sie Pete und Wendy anrufen und sie ins Bild setzen. Remi?«
»Einverstanden. Selma, Sie bleiben an dieser Lacanau-Geschichte dran. Wir müssen alles darüber wissen, über die Flasche, über Henri Archambault – Sie wissen also, was zu tun ist.«
Selma machte sich Notizen. »Bin schon dabei.«
Sam sagte: »Wenn Pete und Wendy hier und auf dem Laufenden sind, dann lassen Sie sie auf Napoleon und diesen mysteriösen Major und alles in dieser Richtung los.«
»Verstanden. Da ist aber noch eine Sache, die mich die ganze Zeit über schon beschäftigt. Diese Käfer-Tinte auf dem Etikett stammte von den toskanischen Inseln im Ligurischen Meer.«
Sam erkannte, worauf sie hinauswollte. »Wo auch Elba liegt.«
»Und wo«, meldete sich Remi zu Wort, »Napoleon sein erstes Exil verbrachte. Sechs Jahre bevor Arienne, wie er behauptet, und dieser Major nach St. Helena kamen, um den Wein mitzunehmen.«
»Entweder hat Napoleon das Ganze seit Elba geplant, oder er hat die Tinte nach Sankt Helena mitgenommen«, sagte Sam. »Das werden wir vielleicht nie erfahren. Selma, fangen Sie mit Ihrem Teil der Arbeit an.«
»Okay. Und Sie beide?«
»Wir haben jetzt erst mal einiges an Lektüre vor uns«, erwiderte Remi. »Diese Flasche befand sich an Bord des UM-34 und wurde dort von Manfred Böhm zurückgelassen. Wir bringen in Erfahrung, wo das UM-34 und Böhm gestartet sind und woher die Flasche kam.«
Sie saßen noch bis tief in die Nacht an Böhms Tagebuch und am Logbuch von UM-34. Dabei machte sich Remi eifrig Notizen, weil sie annahm, sie könnten eine Hilfe sein, den Mann zu verstehen. Sam hingegen versuchte den Kurs des UM-34 von seinem Fundort zurückzuverfolgen.
»Da«, sagte Remi, streckte sich in ihrem Sessel und tippte auf das Tagebuch. »Da ist endlich das, was wir gesucht haben: Wolfgang Müller. Hör dir mal diesen Eintrag an: Dritter August 1944. Zum ersten Mal als Waffenbrüder im Einsatz. Wolfi und ich stechen morgen in See. Ich bete zu Gott, dass wir Erfolg haben und uns unserer Kommandos als würdig erweisen. «
»Waffenbrüder«, wiederholte Sam, »und der Mann mit der anderen Flasche. Demnach war Müller ebenfalls bei der Kriegsmarine – Böhm als Kapitän des UM-34 und Müller als Kapitän von … von was? Von der Gertrude vielleicht? Von Böhms Mutterschiff.«
»Vielleicht.« Remi griff nach ihrem Mobiltelefon und rief in den Arbeitsraum hinunter. »Selma, können Sie Ihre magischen Fähigkeiten mal für uns einsetzen? Wir brauchen alles, was Sie über einen Angehörigen der Kriegsmarine namens Wolfgang Müller herausbekommen können. Es ist möglich, dass er im Sommer oder Herbst des Jahres 1944 irgendein Schiff kommandiert hat. Richtig, danke.«
Ihrem Ruf gerecht werdend, rief Selma ungefähr eine halbe Stunde später zurück. Remi schaltete die Freisprechfunktion ein.
»Ich habe ihn gefunden«, meldete Selma. »Wollen Sie die Kurz- oder die Langfassung?«
»Erstmal die Kurzfassung«, bat Sam.
»Fregattenkapitän Wolfgang Müller. 1910 in München geboren. Trat 1934 in die Kriegsmarine ein. Regelmäßige Beförderungen, keine disziplinarischen Verstöße. 1944 erhielt er den Befehl über das Versorgungsschiff Lothringen. Heimathafen war Bremerhaven, Operationsgebiet der Atlantik. Den Eintragungen im deutschen Marinearchiv zufolge war die Lothringen ursprünglich ein französisches Fährschiff namens Londres. Die Deutschen kaperten sie 1940 und verwandelten sie in einen Minenleger. Im Juli 1944 wurde
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