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Das goldene Ufer

Das goldene Ufer

Titel: Das goldene Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dir.«
    Walthers Miene hellte sich auf, und er hielt sie für einen Augenblick fest. »Für mich gibt es auch keine andere als dich.«
    Das hört sich gut an, sagte Gisela sich und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag.
    Da es kein großes Fest gab, tischte Cäcilie für das Brautpaar in der Küche auf. Graf Renitz verabschiedete sich schon kurz nach der Trauung und kehrte in seine Räumlichkeiten und zu den Lehren des Generals Clausewitz zurück. Da sich weder seine Gemahlin noch sein Sohn sehen ließen, verlief der Rest des Abends in harmonischer Eintracht.
    Cäcilie zerdrückte ein paar Tränen vor Rührung, während sie das Brautpaar aufforderte, kräftig zuzugreifen. »Immerhin ist heute eure Brautnacht!«, sagte sie dabei mit einem anzüglichen Augenzwinkern.
    Daran hatte Gisela noch gar nicht gedacht, und so fragte sie sich, ob sie es über sich bringen würde, Walther sein Recht als Ehemann so zu gewähren, dass er nicht böse auf sie war. Auch wenn sie selbst noch nie einen Geliebten gehabt hatte, wusste sie doch, wie es ging. Es gab immer wieder Mägde, die zu einem Mann ins Gebüsch oder auf den Heustock schlüpften und mit ihm Adam und Eva spielten. Manche von ihnen gaben hinterher sogar damit an und berichteten haarklein, was sie dabei erlebt hatten.
    Während sie darüber nachsann, wurde Gisela bewusst, dass sie neugierig war, wie es mit ihr und Walther sein würde. Ihr Gesicht nahm einen weichen Ausdruck an, und sie fasste nach seiner Hand.
    »Frau Frähmke hat bereits einen Knecht damit beauftragt, meine Habseligkeiten zum Forsthaus zu bringen. Ich werde dort schlafen müssen.«
    »Wo solltest du sonst schlafen als bei deinem Mann?«, rief die Mamsell lachend.
    »Gott sei Dank ist das so«, mischte Cäcilie sich ein. »Wenn ich es richtig gesehen habe, ist Imma vorhin in Graf Diebolds Schlafkammer geschlüpft. Was die beiden dort treiben werden, könnt ihr euch vorstellen. Gebe unser Herr Jesus Christus, dass sie nicht wie Osma endet. Unserer Kleinen bleibt dieses Schicksal Gott sei Dank erspart.«
    Es war, als fege ein kalter Luftzug durch die Küche. Gisela zog die Schultern hoch, und Walther ballte unbewusst die Faust.
    Cäcilie schüttelte traurig den Kopf. »Imma ist ein dummes Ding. Wenn Graf Diebold verheiratet ist, wird seine Gemahlin dafür sorgen, dass sie auf die Straße gejagt wird. Dann muss sie zusehen, wie sie sich als Tagelöhnerin durchschlägt. Manchmal könnte man wirklich an der Gerechtigkeit unseres Herrn im Himmel zweifeln.«
    »So ist es«, stimmte ihr Luise Frähmke zu, befand dann aber, dass sie genug über dieses Thema gesprochen hatten, und strich Gisela über die Wange. »Ich bin zufrieden, so wie es gekommen ist, meine Kleine, und will, dass du es auch bist!«
    »Ich werde alles tun, um Gisela glücklich zu machen«, versicherte Walther.
    Lächelnd klopfte die Mamsell ihm auf die Schulter. »Dann solltet ihr jetzt gehen, damit ihr noch ein wenig Zeit für euch habt. Ihr müsst euch nicht wegen des armen Stoppels sorgen. Unser Pastor hat veranlasst, dass er in dem Schuppen neben der Kirche aufgebahrt worden ist. Übermorgen wird er zu Grabe getragen. Bis dorthin werdet ihr wohl wieder aus dem Bett gekommen sein.«
    Gisela errötete, während Walther unwillkürlich an Amalie Dryander und Gudula von Techan dachte, die beiden Frauen, die ihn in die Geheimnisse der körperlichen Liebe eingeführt hatten. Mit Gisela würde es anders sein. Dennoch spürte er, wie sein Wunsch, mit ihr allein zu sein, immer größer wurde, und stand mit entschlossener Miene auf.
    »Wir sollten tatsächlich vor Einbruch der Nacht im Forsthaus sein. Es ist nicht gut, in ein dunkles Haus zu treten, in dem gerade jemand gestorben ist.«
    Ein Schauder überlief Gisela, und sie bekreuzigte sich bei dem Gedanken an den toten Stoppel. Einst hatte der Mann sie und Walther vor Landstreichern gerettet. Wie lange war das jetzt her? Damals hatte er die dreißig gerade überschritten, also war er bei seinem Tod nur knapp über vierzig gewesen. Seinen Worten zufolge hatte der Feldzug in Russland ihn krank werden lassen. Auch sie war bei dem Marsch auf Moskau und auf dem fluchtartigen Rückzug dabei gewesen. Sie zählte etwa halb so viele Jahre wie Stoppel und fragte sich, ob auch ihre Kräfte so früh nachlassen und sie schließlich verlöschen würde wie eine Kerze im Wind. Sie horchte in sich hinein, spürte aber nichts außer einer gewissen Angst vor den nächsten Stunden und gleichzeitig einer Neugier, wie

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