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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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wie bei Romeo und Julia, aber auf eine weit höhere Zahl von Personen verteilt, so daß es im Einzelfall sehr flüchtig wirkt? Oh, ich bin der Ansicht, er hat verdammt recht. Und ich halte das durchaus für gut – in den Zeiten, als die Lebenserwartung bloß zwanzig und mehr Jahre betrug, bevor die Pest einen dahinraffte, war’s sicher großartig, die eine, einmalige, herausragende Beziehung herstellen zu können, aber heute, da wir im Durchschnitt fast ein Jahrhundert leben, wäre es eine Schande, würden wir uns bei nur einem Anlaß gänzlich verschleißen. Aber …“ Erbittert zerrte er an seinem Bart. „Verflucht, ich schlage tatsächlich den größtmöglichen Umweg ein, um zu dem zu gelangen, was ich eigentlich sagen will! Ich spreche nicht von einem Gewinn, sondern von einem Verlust. Die Menschen haben unverändert Probleme, die Leute brauchen nach wie vor Rat, Beistand und den ganzen Rest.“
    „Das erhalten sie“, sagte Ariadne. „Das ist einer der Gründe, warum wir hier in der Ginsberg-Klinik tätig sind, einer staatlich finanzierten Psychiatrie mit den modernsten Hilfsmitteln der Welt.“
    „Gewiß, aber mal angenommen, dir passiert so was, wie’s Lyla Clay oder gar Harry Madison ergangen ist? Würdest du dich nicht lieber an eine vertraute Person deiner Wahl um Hilfe wenden, einen engen Freund, statt zu riskieren, daß du dich in der Auseinandersetzung mit dieser Art von Bürokratie festrennst, mit der ich mich heute den ganzen Tag hindurch herumschlagen mußte? Das Mädchen – Lyla Clay – ist nicht krank, es hat bloß etwas erleben müssen, was ein Mädchen nicht erleben müssen dürfte – was niemand jemals erleben müssen sollte! Und nur weil sie in diesem Bundesland noch als minderjährig gilt – wegen dreier Monate – und unter Verdacht auf geistige Verwirrung in Gewahrsam genommen worden ist, mußte ich Stunde um Stunde mit überflüssigen Disputen verschwenden!“
    „Aber zum Schluß hast du sie ja fortschicken können.“ Ariadne seufzte.
    „Ja, stimmt. Aber auch nicht dank deines teuren Mogshack. Als ich mich an ihn gewandt habe, fertigte er mich mit dem Argument ab, heutzutage dürfe man nicht einmal einen Verdachtsfall auf den Straßen herumlaufen lassen, er könne ja so einen Krawall verursachen wie den gestern abend. Unter diesen Umständen dürftest beispielsweise du nicht in der Öffentlichkeit erscheinen, weil du schön genug bist, daß die Gefahr besteht, ein Nieb macht dich dumm an, und du löst einen Krawall aus, indem du ihm eine runterhaust!“ Reedeth merkte, daß er sich zusehends erregte, und zwang sich daher zu einem bewußt maßvollen Ton.
    „Falls du das als Kompliment beabsichtigst“, meinte Ariadne, „ist es nicht sonderlich gelungen.“
    „Momentan habe ich kein Interesse daran, Komplimente zu machen. Im Moment interessiere ich mich für nichts, außer daß ich gerne herausfinden möchte, wie sich verhindern läßt, daß man Leute wie Lyla Clay und Harry Madison einsperrt. Dafür habe ich meinen Beruf nicht gewählt, daß ich in einem Gefängnis voller Menschen mit außerdurchschnittlich begabtem Geist den Wächter spielen darf.“
    „Darüber haben wir uns schon hinreichend ausgelassen“, sagte Ariadne. „Wir können uns nie über die Frage einigen, was Außergewöhnlichkeit und was Verrücktheit ist.“
    „So ist’s. Ich dachte, ich könnte die Diskussion diesmal in andere, aussichtsreichere Bahnen lenken, aber anscheinend sind wir ins gleiche abgedroschene Gerede verfallen.“ Reedeth rieb sich die Stirn. „Ich glaube, ich habe die ganze Sache noch nicht bis zum konsequent logischen Ende klar durchdacht, deshalb hätte ich vorerst den Mund halten sollen, aber die Ursache für meine Redseligkeit ist ganz einfach. Es ist mir gelungen, Harry Madison ebenso loszuwerden wie …“
    „Was? Wie denn?“
    „Flamen hat sich damit einverstanden erklärt, die Vormundschaft zu übernehmen. Seine Firma braucht einen Elektroniker, und als ich Madison vorschlug, sagte er ja.“
    „Und du hast ihn weggeschickt – einen Knieblank in die Stadt New York, während Ausnahmerecht herrscht?“
    „Es gibt in New York noch Niebs, die mit vollem Recht unbehelligt die Straße betreten dürfen, ob’s dir paßt oder nicht! Und anscheinend mochte Miß Clay ihn, als ich die beiden einander vorgestellt habe, und sie hat sich angeboten, ihn fürs erste durch die …“
    „Du hast einen Nieb in Begleitung eines weißen Mädchens losgeschickt, letztere im Schock, er mit

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