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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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und sackte gegen die Wand. „Und ich habe nicht einmal einen Schlüssel .“
    Eine längere Weile der Ereignislosigkeit verstrich. Schließlich faßte sie sich weitgehend wieder und war dazu imstande, die Stirn von der Wand des Korridors zu heben, an die sie sie gestützt hatte, und die Tränen fortzuzwinkern, die ihr Blickfeld störten. Madison stand noch immer auf demselben Fleck wie zuvor, die Tasche über der Schulter, eine dunkle, breite Hand, mit der er den Riemen hielt, hob sich augenfällig von seinem grauen Overall ab. Weil man ihr jahrelang eingetrichtert hatte, man dürfe Schwäche nicht zeigen – acht Monate lang pro Jahr in jener Schule, die sie besuchte, vom Alter von zehn Jahren an bis sie zuletzt von dort weggelaufen war –, empfand sie entsetzliche Scham.
    „Kontaktschloß, vermute ich“, meinte Madison jedoch nur, „hm?“
    „Was …? Ach so. O ja. Natürlich, ein Kontaktschloß.“ In moderne Wohnungstüren installierte man so gut wie keine anderen Schlösser; jedes Schloß mit einem äußeren Loch für den Schlüssel ließ sich viel zu leicht durch Unbefugte öffnen.
    „Verstehe“, sagte Madison in versonnenem Tonfall; er hatte sich umgedreht und betrachtete nun den Türrahmen, neben den das beschädigte Bett mit Dans Blut darauf gelehnt worden war, mittlerweile zu einer braunen Kruste vertrocknet, die eine einzelne Fliege anlockte, die unter unablässigem Gesumm kreiste. „Mm-hm … ein Eins-zwo-acht-Code, nehme ich an … Stimmt’s, Miß Clay?“
    Verdutzt starrte sie ihn an.
    „Ich meine, stecken irgendwo Eins-zwei-acht drin? Die ersten drei Ziffern, zum Beispiel, oder vielleicht die zweiten drei?“
    „Äh …“ Mühselig schluckte sie, gab ihm, ohne zu begreifen, die Antwort, die sie für am vernünftigsten hielt. „Ja, ich glaube, er fängt mit Eins-zwei-acht an. Ich habe ihn mir aber nie gemerkt.“
    Sie zögerte, überlegte sich, ob sie ihn fragen sollte, wieso er über den Code Bescheid wisse, doch er hatte ihr nunmehr den Rücken zugekehrt und tat etwas, das sie nicht beobachten konnte, da sein Körper seine Handlungen ihrer Sicht entzog. Sie sah jedoch, wie die Tür aufsprang, und über ihr bemerkte sie einen Streifen Helligkeit.
    „Da ist eine Falltür!“ schrie sie, und in derselben Sekunde hörte sie drinnen jemanden etwas sagen, das mit einem deftigen ‚Gottverdammich’ anfing – und die Tür flog an ihren Angeln gegen die Wand, so schnell, daß sie es gar nicht mitbekam, zuerst war sie da, dann dort, und Madison stand in der Türöffnung, eine Hand über dem Kopf, um die hundert Kilo schwere Falltür abzufangen, die sich gerade erst in ihren Schienen zu senken begonnen hatte. Hinter ihm sah sie einen Mann mit bleichem Gesicht aus dem Wohnzimmer kommen und ihn anstieren, einen Stuhl in den Händen wie einen Schild, und dem der Unterkiefer herabsank, als er zusehen mußte, wie der Eindringling die Falltür vorsichtig zurück in die Höhe ihrer Aufhängung wuchtete und wieder sicher arretierte.
    „Kennen Sie diese Person, Miß Clay?“ erkundigte sich Madison in nahezu gelangweiltem Ton.
    „J-ja“, raunte Lyla und mußte einen tiefen Atemzug nehmen, ehe sie ihre Antwort vervollständigen konnte. „Das ist ein Freund Dans … meines Mackero. Das ist Berry.“
    „Ich …“ An seiner dürren Kehle trat Berrys Adamsapfel hervor; er war hochgewachsen und sehnig, und sein Anblick erinnerte sie unwillkürlich an den Polizisten vor der RasanTransit-Station, der Madison ein Bein zu stellen versucht hatte. „Ich bin noch einmal gekommen, um meinen DreiDe-Tele zurückzuholen“, improvisierte er eine Ausrede. ‚Ich habe gemerkt, daß er mir doch fehlt. Und als ich die Tür offenstehen sah, da …“ Seine Stimme verklang, und er zuckte mit den Schultern.
    „Komisch“, sagte Madison, indem er Lyla anschaute. „Ich sehe keinen DreiDe-Fernseher im Korridor. Aber eine ganze Menge anderes Zeug. Gehört das Ihnen?“
    „Mir und Dan!“ platzte Lyla heraus, bevor Berry zu antworten vermochte.
    „Aha.“ Madison setzte sich in Bewegung und stapfte an Berry vorbei, als existiere er nicht, um ins Wohnzimmer zu blicken. „Das ist wirklich ganz dufte von Ihrem Freund, Miß Clay. Wie ich sehe, hat er Ihnen als Ersatz für das schadhafte Stück draußen im Korridor ein rundum tadelloses Bett besorgt, und alles hier drinnen ist ordentlich, sauber und hübsch. Muß ein gewaltiger Trost sein, zu wissen, daß man solche Freunde hat, wenn man eigentlich erwarten mußte, bei der

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