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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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freilich“, sagte Madison. „Wissen Sie, das ist was, womit jeder Nieb aufwächst, Miß Clay. Sie brauchen sich nicht erst lange damit aufzuhalten.“
    „Ich versuche gewissermaßen bloß, Ihnen zu zeigen, daß ich das richtig einzuschätzen verstehe“, sagte Lyla. „Ich meine, ich bin eine Pythoness, und von mir wird verlangt, daß ich gegenüber anderen Leuten überdurchschnittlich.. ‚“
    Sie erspähte und erkannte die vertraute Vorderfrontfassade ihres Wohnblocks, den Eingang zu den Aufzügen.
    „… sensitiv bin, ungeachtet der Hautfarbe. Sehen Sie, ich bin in so einer Art von altmodischer Umgebung aufgezogen worden, meine Eltern waren sehr antiafrikanisch und all das, und ich finde, es ist eine Schande, auch wenn völlig klar ist, wie’s dazu kommen konnte, daß wir uns wieder von allem entfernt haben, was sich im vergangenen Jahrhundert an Positivem entwickelte, und … O Gott, wie soll ich überhaupt hineingelangen?“
    Sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie gerade Anstalten machte, die Aufzugkabine zu betreten. „Diese blöden Bullen! Sie haben mich nicht mal ’nen Schlüssel einstecken lassen, als sie mich heute früh weggeschleppt haben, nichts, ich habe nur ein bißchen Kleingeld in dieser einen Tasche, und …“ In rasender Hast durchstöberte sie die Hüfttasche bis hin zu den Flusen längs der Nähte und brachte nichts außer dem Fläschchen mit den SibyllPillen, das Kleingeld sowie ihre ID-Karte zum Vorschein.
    „Damit befassen wir uns, wenn wir oben sind“, sagte Madison und schob sie burschikos in den Lift. Das muß es sein, dachte sie im Hintergrund ihres Bewußtseins, was meine altmodischen Eltern meinten, wenn sie von, Begleitung’ sprachen, die ich brauchte, um irgendwohin zu gehen, und in meiner gegenwärtigen Verfassung ist es mir ganz angenehm, es gefällt mir, ich fürchte mich entsetzlich vor dem, was wir vorfinden werden, wenn wir die zehnte Etage erreichen, aber so besteht wenigstens nicht die Gefahr, daß ich vollends durchdrehe, und …
    Halt.
    Oben stand vorm Lift und wartete, um nach unten zu fahren, der Gottschalk aus Apartment 10 W.
    Seine Miene drückte unverhohlen seine Gedanken aus: Gestern abend, als ich hilfsbereit war, hast du versucht, mich umzubringen, und nun nimmst du lieber Hilfe von einem Nieb an, ausgerechnet in dieser Stadt, die dank der schwarzen X-Patrioten in Zerrissenheit lebt, die deinen Partner getötet haben.
    Doch er schwieg, trat lediglich zur Seite, um sie in den Korridor zu lassen. Und wartete weiterhin, betrat nicht die Kabine.
    Der Grund war augenblicklich klar. Im Korridor lagen – sie erkannte die Gegenstände sofort – ihre Besitztümer verteilt. Bücher waren aufgestapelt worden. Das besudelte Bett stand hochkant an die Wand gelehnt. Ferner das weniger attraktive Allerlei eines zur Auflösung verurteilten Haushalts, darunter der Heinzelmann, für den heute zweifelsfrei eine Rechnung eingetroffen sein mußte. Und die Tür zur Wohnung war geschlossen, abgesperrt, gesichert mit einer Falltür von hundert Kilo Gewicht.
    Der Gottschalk kicherte. „So ’n Pech, Lyla“, sagte er. Aus kommerziellen Erwägungen bedienten sich die Gottschalks stets der Vornamen, um die Illusion aufrechtzuerhalten, auch sie bestünden aus einer Familie, wie ein Mann sie zu schützen bemüht war (so hieß es), wenn er bei ihnen Schußwaffen, Granaten und Minen kaufte. „Man hat heute morgen nicht die Tür hinter Ihnen zugemacht, und so was ist natürlich eine Versuchung für jeden, der gerade vorbeikommt, nicht wahr? Hat Ihr Mack ein Testament hinterlassen, das die Nachlaßfrage regelt?“
    „Ich …“ Lylas Verstand lag urplötzlich still, war zäh wie altes, eingedicktes Porridge. „Ich glaube, er hat kein Testament gemacht.“
    „So ’n Pech“, wiederholte der Gottschalk in höhnischem Ton und verschwand in die Aufzugkabine, um hinunterzufahren.
    „Der gefällt mir nicht“, sagte Madison nachdenklich und mit einem Rucken des Kopfes. „Aber das ist unwichtig. Ist das Ihre Wohnung, wo draußen all das Mobiliar und Zeug steht?“
    „Ja, aber …“ Lyla mußte ihre Fingernägel fest in die Handflächen drücken, sämtliche Muskeln zusammenkrampfen, um sich am Losschreien zu hindern. „Aber inzwischen ist jemand eingezogen, irgendwer hat sich darin eingenistet! Als die Beamten mich heute früh abgeholt haben, ist die Tür offengeblieben, und … Was kann ich denn tun? Es war nicht meine Bude, sondern Dans, und …“
    Sie wandte sich blindlings ab

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