Das Grab der Legionen
Stadtgraben vertiefen. Stell dir vor, Tag für Tag im brusthohen, eisigkalten Wasser stehen und Schlamm heraus schaufeln. Bald hustete er wie ein Greis. Kein Wunder!"
„Ich hätte den Offizier...”, unterbrach der andere, verstummte aber sofort.
„Scht! Wenn man uns hört, gibt's Ärger. - Jener bat seinen Centurio unterwürfig, ihn zeitweilig abzulösen."
„Und?"
„Und? Tags darauf wurden alle drei Kohorten von Ilurcis zusammengerufen. Servius Älius, der damalige Kommandant - der Name verfolgt mich bis in den Schlaf —, ließ Hartholzstöcke verteilen. Dann baute er sich vor uns auf, hielt eine Rede über Kampfgeist, Vaterlandsliebe und die Sendung Roms in der Welt und nannte den Kameraden einen Deserteur. Seine Augen hättest du sehen müssen!"
Lars schaute sich um. Niemand konnte sie hören. „Danach berührte dieses Schwein den Verurteilten mit dem Kommandostab. Er mußte durch eine schmale Gasse rennen, die die mit den Stöcken Bewaffneten bildeten, und von allen Seiten hagelten Hiebe. Die Unteroffiziere achteten darauf, daß sich niemand drückte. - Er überlebte es nicht. So, das ist ein Fustuarium."
Der Mann am Guckloch starrte seinen Kameraden entgeistert an, er war eben noch ein Neuling, ein Grünschnabel! Vielleicht dachte er sich den Dienst in den Legionen als etwas Ruhmreiches. Nun, die Wahrheit blieb keinem erspart: Dreck, Gefahren, Angst, Krankheiten, Hunger, Strafen und Demütigungen.
„Verflucht sollen sie sein! Die Götter von Veji..."
„Bei Mantu und Charu , willst du wohl still sein! Wenn dich der Decurio hört, sind hundert Hiebe das wenigste."
Ein Schweigen der Furcht wurde es, nicht der Unterwerfung. Inzwischen fegten kalte Windstöße zwischen den beiden Wachtürmen hindurch und fingen sich in den schäbigen Mänteln der Legionäre.
„Achtung!" brüllte jemand von oben.
Unwillkürlich nahmen die beiden Haltung an, doch niemand kam zu einer Kontrolle. Hatte der Kamerad auf dem Ausguck irgendetwas entdeckt?
„Gebt Alarm!" schrie dieser durch die Hände von der Brüstung herab. „Reiter nähern sich."
Sofort pfiff der Torposten aus Leibeskräften. Sein Gefährte nestelte das Horn vom Gurt und blies einmal hinein. Der Laut schreckte die diensttuende Gruppe aus ihrem Dahindösen. Die Legionäre stürmten aus dem Gebäude und formierten sich zu einer Linie. Was es auch gab - sie waren kampfbereit.
Verdrossenen Gesichts trat der Wachoffizier heraus. Er konnte kaum die Augen offenhalten und fröstelte vor Müdigkeit. Sollte der Alarm überflüssig gewesen sein... Jupiter sei mit den Schuldigen!
„Was gab's, Lars?" fuhr er den Mann am Tor an.
Dieser erwiderte in vorschriftsmäßiger Haltung: „Centurio, wie Posten Turm beobachtete, nähern sich unbekannte Reiter. Es meldet Posten Torwache, Legionär Lars."
Der Offizier nickte und erwog, selbst auf den Ausguck zu klettern. Dann entschied er sich anders. „Wie viele?" schrie er hinauf.
„Schwer zu sagen", kam es zurück. „Alles Bewaffnete. Ich sehe ein Feldzeichen der Zweiten Legion."
Der Centurio zauderte. Es konnte Verstärkung sein. Sie hatten ohnehin zuwenig Reiterei. Oder eine römische Patrouille - das Heer war vor relativ kurzer Zeit vorbeigezogen. Oder Iberer, aber die wagten sich nicht am hellichten Tag her. Wer sonst? Vorsicht war angeraten. „Alarm!" befahl er.
Der Legionär stieß zweimal ins Horn. In den grobgebauten Häusern wurden die Schläfer wachgerüttelt. Wer sich unterhielt, unterbrach den Satz, der ihm auf der Zunge schwebte. Alle hielten den Atem an.
Drei weitere Hornstöße. Jetzt wußte jeder Bescheid. Kein Römer diente in den Legionen, der das Zeichen nicht kannte. Drei Signale Alarm. In kürzester Zeit mußte man bewaffnet antreten; vielleicht war es eine Übung, vielleicht keine. Es wurde mitgezählt, und Nachzügler erhielten Strafen. Der Befehl lautete, spätestens bei der Zahl einhundertfünfzig zum Kampf gewappnet zu sein: mit sauberem Brustpanzer, in den Händen Speer und Schild, das Schwert bereits gelockert. Alltag der Legion, man beherrschte ihn besser als den Griff zum Weinkrug.
„Auf die Verteidigungsstellungen!" brüllte der Wachoffizier.
In wohlgeordnetem Durcheinander rannten die Männer zu ihren Positionen. Wenig später tauchten die Helme und Gesichter der Legionäre hinter Zinnen und Luken auf. Geübte Hände spannten Bogen und wogen Wurfspieße, Männer hantierten an den kleinen Katapulten und legten die zugehörigen Geschosse bereit.
Unterdessen näherten sich die
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