Das Grab des Herkules
einen Moment zu zögern, ließ Chase sie fallen und feuerte mit seiner eigenen Automatik auf den letzten Reinraum. Schon nach dem ersten Treffer barsten beide Wände – er sprintete durch die Glastrümmer auf den Ausgang zu und holte mit der freien Hand die Chipkarte hervor.
Die Wachleute verfolgten ihn. Er feuerte einen einzelnen Schuss in die Menge, weniger um zu töten, sondern um sie dazu zu zwingen, in Deckung zu gehen. Seine Rechnung ging auf: Sie verteilten sich sofort im Raum.
Er zog die Karte durch den Leseschlitz …
Grünes Licht. Kling-klong. Los!
Er lief durch die Türöffnung und bog zielstrebig auf den Flur in Richtung Lobby ab. Den Wachmann, der ihm im Weg stand, legte Chase mit einem einzigen Schuss um, ehe dieser auch nur zielen konnte.
Die Lobby selbst nahm er als anonymen Raum wahr, an dessen Wänden stark vergrößerte Abbildungen von Schaltkreisen hingen. Chase bog erneut ab und hielt auf die Flügeltür zu. Draußen parkte noch immer Yuens Mercedes, sah er aus dem Augenwinkel. Der Fahrer stand vor dem Wagen und wartete nervös auf seinen Boss.
Chase hielt sich gar nicht erst damit auf, die Tür zu öffnen. Er feuerte direkt auf die Scheiben, einerseits, um das Glas herauszusprengen, andererseits, um dem Fahrer klarzumachen, dass er verdammt noch mal den Weg freimachen sollte, dann hechtete er durch den Rahmen und landete vor der offenen Wagentür. Der Fahrer hatte den Hinweis verstanden und rannte los in Richtung Bern, zweifellos in seiner ganz persönlichen Rekordzeit.
Chase sprang in den Mercedes, dessen Motor noch lief; der Fahrer hatte seinen Boss offensichtlich schnellstmöglichst in Sicherheit bringen wollen. Chase hatte nichts dergleichen vor, als er Gas gab und mit qualmenden Reifen vom Gelände der Mikrochipfabrik fuhr.
Er musste Sophia daran hindern, die Atombombe wegzuschaffen. Egal um welchen Preis.
19
C hase wusste, wohin Sophia wollte. Um die Bombe zum Flugzeug zu schaffen, musste sie mit der Seilbahn zum Staudamm fahren.
Die untere Seilbahnstation lag an der Nordwestecke des Fabrikgeländes. Mit quietschenden Reifen wendete er auf der Uferstraße und hielt auf die Station zu. Sie war von den Fabrikanlagen gut zu unterscheiden, ein Turm mit einem hohen Schrägdach.
Er hatte sich nicht geirrt: Ein weißer Van, dessen Hecktür offen stand, parkte direkt davor. Seine Ladefläche war leer, was nur bedeuten konnte, dass die Bombe bereits aufgeladen worden war.
Chase blickte zu dem Seil, das zur oberen Station führte. Im Moment waren keine Kabinen unterwegs. Sophia war also noch hier, und er hatte immer noch eine Chance, sie aufzuhalten.
Hinter ihm flammten Scheinwerfer auf. Ein SUV jagte um eine Ecke. Er war zwar noch ein paar hundert Meter entfernt, doch wenn Chase erst einmal anhielt, würde er ihn schnell einholen.
Auch vor ihm tat sich jetzt etwas – Eduardo, der zweite Bodyguard, tauchte im Eingang der Seilbahnstation auf.
Chase duckte sich, als eine Kugel in die Windschutzscheibe einschlug. Diese überzog sich augenblicklich mit einem Spinnwebmuster von haarfeinen Rissen, sodass er nichts mehr sah. Die Kugel pfiff an ihm vorbei und drang mit einem dumpfen Geräusch in den hinteren Ledersitz ein.
Eine zweite Kugel riss den Rückspiegel aus der Halterung. Glasscherben regneten herab.
Sieben Jahre Pech, dachte Chase, doch einer Person würde das Glück schon wesentlich früher ausgehen, und zwar in weniger als sieben Sekunden … Er riss den Mercedes herum und hielt auf die Eingangsrampe zu.
Eduardo feuerte zwei weitere Schüsse ab. Die eine Kugel traf die Kühlerhaube, die andere ließ die Windschutzscheibe zersplittern.
Eiskalter Wind schlug Chase ins Gesicht. Er wappnete sich – und jagte den Mercedes mit brüllendem Motor die Rampe hoch. Eduardo stand im Eingang und konnte nicht ausweichen …
Als der Wagen ihn rammte, landete er auf der Kühlerhaube, dann erreichte der Mercedes den Eingang und schoss ins Innere der Seilbahnstation.
Chase trat auf die Bremse, doch der Wagen schleuderte bereits auf eine Wand zu – und rammte sie in schiefem Winkel. Eduardo flog von der Kühlerhaube und prallte inmitten von umherspritzendem Blut von der Wand ab.
Gleichzeitig bliesen sich mit einem lauten Knall die Airbags auf. Chase hatte das Gefühl, ein Michelinmännchen habe ihm ins Gesicht geboxt. Trotz des lauten Aufpralls hörte er, wie sein Nasenknorpel knackte.
Noch ein letztes Mal drehte sich der Wagen, bevor er zum Stillstand kam. Als die Airbags
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