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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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Augenblick der Wahrheit gekommen zu sein schien, Zweifel ereilt hatten.
    Der Friedhofswärter verschwendete keine Zeit. Er kniete sich hin und wies sie an, den Lichtstrahl bald hierhin, bald dorthin zu schwenken. Er schob das Laub und die Erde beiseite wie jemand, der nach einer verlorenen Murmel suchte. Ein passendes Bild, fand Elizabeth.
    Tarretti tastete mit den Fingern den Betonsockel entlang. Zunächst wischte er nur eine dünne Erdschicht ab, grub die Finger jedoch immer tiefer, je näher er dem Rand der Plattform kam, wo die Ablagerungen mindestens sechs Zentimeter dick waren. Nachdem er gefunden, wonach er suchte, legte er mit den Fingerspitzen sorgsam eine schmale Rille frei, dann hielt er inne.
    »Da ist es«, sagte er. Nathan stellte sich neben Elizabeth und bedachte sie mit einem kurzen Blick, ehe er wieder Tarretti beobachtete. All ihre Aufmerksamkeit galt dem knienden Mann, der langsam mehr von dem freilegte, was anscheinend die Kante zwischen dem Betonsockel und einer Art Zugang darstellte.
    »Leuchten Sie genau hierher. Gut.« Er richtete sich auf und streckte Nathan die Hand entgegen, der ihm das Brecheisen reichte. Tarretti zwängte ein Ende in die freigelegte Spalte zwischen den zwei Betonabschnitten und hebelte das Werkzeug vor und zurück. Etwas bewegte sich.
    Vincent schaute auf und lächelte matt. »So, lassen Sie uns mal sehen.«
    Behutsam zog er mit dem Brecheisen rückwärts, übte langsam, aber stetig steigenden Druck aus. Die Stille der Nacht wurde von einem leisen Zischen durchdrungen, als hätte jemand eine Flasche Cola geöffnet. Die Intensität des Geräuschs schwoll an, ein Sssssssss , gefolgt von etwas, das Elizabeth nur mit einem Seufzen vergleichen konnte. Luft raste in den Leerraum unter der Betonplatte. Tarretti nutzte den jähen Druckausgleich, um die Platte zu heben und ein paar Zentimeter vorwärts zu ziehen, sodass sie nicht zurücksinken konnte. Danach entspannte er sich, und die Betonplatte setzte sich in einem neuen, schrägen Winkel.
    In der Luft hing ein Geruch von altem Staub, der Elizabeth an die Kleider in der Dachkammer ihrer Großmutter erinnerte. Dann verflüchtigte sich der aus dem Grab geströmte schale Geruch, als er sich mit frischerer Luft vermischte. Mit ihm verblasste die unerwartete Erinnerung an ihre Großmutter.
    Erst dann kam ihr der Gedanke, dass sich in dem Loch, das sie soeben geöffnet hatten, kein Haufen vergessener Kleider und Kopftücher lag, sondern ein Leichnam. Der verweste, vielleicht mumifizierte Leichnam von John Salomon, konserviert durch das nahezu luftlose Vakuum im Grab.
    Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen. Keine Frage.
    »Hast du alles gesehen?«, flüsterte sie. »Können wir jetzt gehen?«
    Nathan schien über ihren Vorschlag nachzudenken, dann schüttelte er langsam den Kopf. Zumindest wirkte es im Rand des Scheins der Taschenlampe so, den sie nach wie vor auf Tarrettis Hände gerichtet hielt. Der Friedhofswärter schaute mit besorgter Miene auf. Anscheinend hatte er die Frage gehört.
    »Bringen wir es hinter uns«, meinte Nathan schließlich, und Tarretti nickte mit unverhohlener Erleichterung. Er rückte die Betonplatte mit dem Brecheisen entlang des Rands weiter, bis der Abstand zum Sockel dafür ausreichte, dass er die Platte mit den Händen bewegen konnte. Langsam zerrte er sie vom Eingang.
    Die drei standen da und blickten in das rechteckige dunkle Loch zu ihren Füßen hinab. Das Loch schien ihren Blick zu erwidern wie ein finsteres, nicht blinzelndes Auge.
    Nathan versuchte, außerhalb des Strahls der Taschenlampe zu bleiben, als er an ihr vorbeiging und sich neben Tarretti stellte. Das Licht wackelte, als Elizabeth ihm folgte. Sie glich einem Wachhund, der ihn nicht weiter als einen Schritt von sich weg ließ.
    Elizabeth leuchtete mit dem Strahl in das Loch. Die drei spähten hinab. Eine Holzleiter erstreckte sich vom Staub bedeckten Boden zum Rand des Eingangs herauf – zumindest sah es für sie nach Staub aus.
    »Ich gehe als Erster«, sagte Tarretti. »Diese Leiter ist in die Seite eingelassen. Als ich zuletzt hinuntergeklettert bin, hat sie mein Gewicht getragen, aber das war vor langer Zeit. Wenn sie mich noch immer aushält, können Sie mir folgen.«
    Ohne auf eine Erwiderung zu warten, setzte er sich auf den Rand des Betonsockels und stellte die Füße vorsichtig auf die oberste Sprosse. Er stützte sich mit den Händen am Rand des Lochs ab und stieg ein paar weitere Sprossen hinab, bis er sich an der Leiter

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