Das Grab in der Hölle
leichten Widerstand, wie ein Läufer, der das Zielband zerreißt.
Erst jetzt sah ich die Verbindungslinien. Jeder Stein war mit dem anderen durch eine dunkelrote Linie verbunden. Schmale, freie Flächen waren in den Grasteppich geschnitten und mit einer roten Masse ausgefüllt worden. Die Linien liefen aber auch diagonal durch das Quadrat. Genau im Schnittpunkt dieser Diagonalen stand Kara, die Schöne aus dem Totenreich.
Myxin hielt sich weiterhin außerhalb dieses Kreises auf und spielte nur den Beobachter.
Es war still um uns herum. Selbst das Säuseln des Windes hörte ich nicht mehr. Seit ich das magische Quadrat betreten hatte, war alles anders geworden.
Ich spürte das Klopfen meines Herzens. Klar, auch an mir ging so etwas nicht spurlos vorüber. Ich war aufgeregt und wurde erst ruhiger, als ich Karas ausgestreckte Hände berührte.
»Deine Angst muss vergehen, John Sinclair. Ein ängstlicher Mensch ist in den Kammern der Tausend Qualen sofort verloren. Denk immer daran. Du musst stark sein. Sei ein Held. So wie früher die Atlanter, die sich nicht davor fürchteten, den Mächten der Finsternis entgegenzutreten.«
»Ich werde es versuchen«, erwiderte ich leise.
»Und du wirst nicht allein sein. Nicht nur unsere Wünsche begleiten dich. Ich werde versuchen, meinen Geist zu lösen, damit er dich unsichtbar in den Reichen des Grauens beschützen kann. Ich hoffe sehr, dass mir dies gelingt, und ich hoffe weiterhin, dass Schwarze Magie meinen Geist nicht zerstören kann, denn das würde meinen endgültigen Tod bedeuten. Du bist nicht allein in Gefahr.«
Ich schämte mich ein wenig wegen meiner ängstlichen Gedanken vorhin.
Aber ich fragte: »Was sagt Myxin dazu?«
»Er kennt den Weg, der uns vorgezeichnet ist, und er kennt auch das Risiko.« Das stimmte.
Kara ging einen Schritt zurück, so dass ich mich auf die Schnittlinien der Diagonalen stellen konnte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, als würde der Boden unter meinen Füßen leicht vibrieren, was auch eine Täuschung sein konnte. Als ich genauer darüber nachdachte und auch die Steine betrachtete, da merkte ich, dass es keine Täuschung war. Denn die vier großen Steine veränderten sich.
Die flammenden Steine wurden sie genannt. Nun sah ich, dass sie ihren Namen zu Recht erhalten hatten. Sie begannen zu glühen. Das dunkle Gestein, sonst kalt, wurde von innen erwärmt, als hätte jemand ein Feuer darin entfacht. Das intensive rote Glühen begann am unteren Ende der Steine und stieg langsamer höher. Dabei verstärkte es sich, bis es die intensive Farbe eines untergehenden Sonnenballs erreicht hatte.
Ich starrte die Steine an. Die Materie war nicht mehr so dicht, das Glühen hatte sie durchlässiger gemacht, so dass ich einen Blick hineinwerfen konnte.
Ich glaubte, meinen Augen nicht zu trauen. In den Steinen sah ich eine fremdartige, unheimliche Welt, und ich sah vier grausame Gestalten auf schwarzen Pferden sitzen.
Die Horror-Reiter!
Es war ein flüchtiger Eindruck, aber er jagte die Panik in mir hoch, und er bewies mir, dass es mir damals im Kampf gegen den Schwarzen Tod doch nicht gelungen war, die Horror-Reiter zu vernichten.
AEBA existierte weiter! Wieso? Unfassbar…
Meine Gedanken drehten sich darum, und deshalb vergaß ich den eigentlichen Grund. Plötzlich flammten die Steine dunkelrot auf, sandten Licht ab, das in seiner Größe der ihren entsprach und mich von vier Seiten her einhüllte.
Ich spürte den Ansturm der Schwarzen Magie.
Tief in meinem Innern verwurzelte Angst peitschte hoch, erschwerte mir das Atmen, und dann gab es plötzlich keinen Mann mehr, der John Sinclair hieß.
Mein Weg zum Grab in der Hölle hatte begonnen!
***
Nur allmählich kühlten die Steine aus. Sie wurden dabei genau von Myxin beobachtet, der auch mitbekommen hatte, wie John Sinclair sich auflöste.
»Er ist drüben«, sagte Kara, die inmitten des Quadrats stand und aus weit aufgerissenen Augen ins Leere schaute, als könnte sie so eine andere Dimension durchblicken.
Der kleine Magier nickte. »Und du, Kara? Willst du dein Versprechen wahr machen und deinen Geist in die Dimension des Schreckens folgen lassen?«
»Ja.«
»Aber was mache ich?«
Sie lächelte. »Es ist einfach. Du hältst bei mir Wache. Wenn der Geist meinen Körper verlassen hat, ist die Hülle hilflos. Jedes Kind könnte sie töten.«
»Ich weiß«
»Deshalb kommt dir die Aufgabe zu, als mein Hüter neben mir zu wachen, bis ich wiederkehre.«
»Glaubst du daran?«
»Ich
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