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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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schrie sie und stieß Jonsu zielgerichtet das Knie zwischen die Beine.
    Jonsu fluchte und krümmte sich. Klempje seufzte.
    »Einen Moment, bitte«, sagte er und hielt die Hand auf die Sprechmuschel.
    Zwei Kommissarsanwärter, die über ihren Berichten gebrütet hatten, kamen den Kollegen nun zu Hilfe, und bald war die ganze Gesellschaft außer Hörweite.
    O verdammt, dachte Klempje, wenn ich nicht bald schlafen kann, breche ich hier noch in Tränen aus.
    Er wandte sich wieder dem Anrufer zu.
    »Ja, worum geht es?«
    »Hier ist J.M. in den Majoren.«
    Himmelarsch, dachte Klempje.
    »Ja, das habe ich schon verstanden. Worum geht es?«
    »Ich möchte mit ... mit ... sprechen mit ...«
    Er verstummte. Klempje schüttelte den Kopf. Die Stimme klang eintönig, aber aufgekratzt ... es hörte sich an, als ob sie etwas vorlas.
    »Ja?«
    »Ich möchte sprechen...«
    »Wen möchten Sie sprechen? Hier ist die Polizei.«
    »Das weiß ich wohl«, antwortete die Stimme. »Ich möchte mit dem Unsympathischen sprechen.«

    »Mit dem Unsympathischen?«
    »Ja.«
    »Mit welchem Unsympathischen? Hier wimmelt es nur so von unsympathischen Polizisten«, erwiderte Klempje.
    »Mit dem Schlimmsten von allen... er ist groß und lila im Gesicht und flucht. Mit dem will ich sprechen.«
    »Ja, ist notiert.«
    »Ist er nicht im Haus?«
    »Nein.«
    »Danke.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Klempje hielt noch einige Sekunden den Hörer in der Hand. Dann legte er auf und widmete sich wieder seinem Kreuzworträtsel.
    Zwei Minuten später tauchte Krause auf.
    »Gott sei Dank«, stöhnte Klempje. »Und?«
    »Nichts«, sagte Krause. »Falscher Alarm.«
    »Wie kann das denn sein? Wehen sind doch Wehen.«
    »Klempje, was Schwangere angeht, hast du nicht die geringste Ahnung. Irgendwas passiert?«
    Klempje dachte nach.
    »Nein... da hat so ein Irrer von den Majoren angerufen und wollte mit dem Unsympathischen sprechen... witzig, was? Und wen, meinst du, hat er damit gemeint?«
    »W?«
    »Wen sonst?«
    »Was wollte er?«
    »Keine Ahnung. Hat aufgelegt. Und Jonsu und Kellermann ringen im Arrest mit einer Nutte. O verdammt, was sind wir doch von Glamour umgeben!«
    Klempje schwankte hinaus, und Krause nahm im Glaskasten Platz.
    Der Unsympathische, dachte er. Die Majoren?
    Er grübelte noch einige Minuten weiter. Dann rief er im vierten Stock an.

    Keine Antwort.
    Er versuchte sein Glück bei Münster.
    Keine Antwort.
    Scheiß drauf, dachte er und griff nach seinem Taschenbuch. »Der Vater und sein erstes Kind!«

23
    Der Brief kam mit der Nachmittagspost.
    Ohne nachzudenken stopfte er ihn in die Tasche, er hatte allerlei vor, was keinen Aufschub duldete, und den Brief konnte er später immer noch lesen. Möglicherweise überlegte er kurz, was der Brief wohl zu bedeuten haben mochte; er bekam bei der Arbeit nicht oft Post, und es schien sich noch dazu um einen Privatbrief zu handeln.
    Natürlich vergaß er ihn danach und fand ihn erst wieder, als er in seinen Jackentaschen nach Münzen für den Waschautomaten suchte. Er öffnete den Umschlag mit einem Bleistift und zog ein zusammengefaltetes Blatt heraus.
    Der Brief bestand nur aus einer einzigen Zeile. Aber die war deutlich genug.
     
    In den ersten Sekunden war er ganz einfach perplex. Er stand bewegungslos da, beugte sich über den Schreibtisch und starrte diese Zeile an.
    Dann fing sein Gehirn an zu arbeiten. Langsam und methodisch. Wieder fragte er sich, wie er gleichzeitig so aufgeregt und so gefasst sein konnte. Wie er spüren konnte, dass sein Blut kochte, während er sich ganz leidenschaftslos Gedanken über die Konsequenzen dieses Briefes machte.
    Er warf einen Blick auf den Poststempel. Das Datum des Vortages.
    Er schaute genauer hin. Einige Buchstaben waren verschwömmen,
aber es musste sich um Willemsburg handeln.
    Das stimmte. Da saß er schließlich, das wussten alle. Einige von den Kollegen hatten ihn sogar besucht ...
    Er streckte sich auf dem Bett aus und löschte das Licht. Spürte deutlich und stark den Kitzel im Zwerchfell, konnte ihn aber mühelos unterdrücken. Die Frage war ...
    Die Frage war so leicht zu formulieren, dass es schon fast wieder peinlich war.
    Gab es noch weitere Briefe?
     
    Gab es noch weitere Briefe?
    Er ging in die Küche und nahm sich ein Bier. Setzte sich ans Fenster. Trank in langen Zügen und kniff die Augen zu, um die durch die würzige Flüssigkeit verursachten Tränen zu unterdrücken.
    Mit schlafwandlerischer Sicherheit kannte er die Antwort.
    Nein,

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