Das grobmaschige Netz - Roman
Kommissar.«
»Oder hat Ihnen ein Außenstehender einen Tipp gegeben?«
Berger zögerte.
»Woher wissen Sie das überhaupt, Herr Kommissar?«
»Ich stelle die Fragen. Sie antworten.«
Berger verstummte. Nippte an seinem Glas.
»Sie waren wirklich sehr entgegenkommend«, sagte Van Veeteren mit einer vagen Handbewegung, die Essen, Wein, Whisky, Kaminfeuer und alles einbezog, was Berger ihm sonst noch angeboten hatte... »Aber jetzt ist die Bedenkzeit zu Ende.«
»Alles klar«, sagte Berger. »Es gab einen anderen... ja, so war das.«
»Sie wissen es nicht genau?«
»Es ist niemals ... wirklich bestätigt worden.«
»Sie meinen, sie hat es nicht zugegeben?«
Berger lachte kurz.
»Zugegeben? Nein, wirklich nicht. Sie hat alles abgestritten, als ob ihr Leben auf dem Spiel stände.«
Was ja vielleicht auch der Fall war, dachte Van Veeteren.
»Können Sie etwas genauer werden?«
Berger ließ sich zurücksinken und steckte sich eine Zigarette an. Machte zwei tiefe Züge, ehe er antwortete. Es war deutlich, dass er sich die Sache erst zwei Sekunden lang überlegen musste, ehe er losredete. Van Veeteren ließ ihn gewähren.
»Ich habe sie gesehen«, sagte Berger dann. »Im Frühjahr 1986, im März oder April. Ich habe sie zweimal zusammen gesehen, und ich habe Grund zu der Annahme, dass sie sich bis zum 19. Mai mehrere Male getroffen haben. Es war irgendwie... ja, ich habe es ihr natürlich angemerkt. Sie war keine Frau, die Geheimnisse gut verstecken konnte ... es stand ihr gewissermaßen im Gesicht geschrieben, dass etwas nicht stimmte. Ja, Sie verstehen doch sicher, was ich meine, Herr Kommissar?«
Van Veeteren nickte.
»Können Sie genauer sagen, wann es angefangen hat?«
»Zu Ostern. Es war am Gründonnerstag 1986, das genaue Datum weiß ich nicht mehr. Es war so ein seltsamer Zufall. Ich habe später ziemlich viel darüber nachgedacht. Ich habe sie in der Mittagspause in einem Auto gesehen. Ich musste quer durch die Stadt fahren, um mich draußen in Irgenau mit einem Wissenschaftler zu treffen, und die beiden saßen vor mir in einem anderen Wagen.«
»Und Sie sind sicher, dass es Ihre Frau war?«
»Hundertprozentig.«
»Und der Mann?«
»Sie meinen, wie er ausgesehen hat?«
»Ja.«
»Ich weiß nicht. Er fuhr. Eva saß neben ihm; ich habe ihr Profil gesehen, wenn sie den Kopf bewegte und etwas zu ihm sagte; von ihm konnte ich nur die Schultern und den Nacken sehen. Sie waren auf der rechten Fahrspur, ich musste geradeaus fahren ... als die Ampel grün wurde, sind sie abgebogen. Ich hätte ihnen nicht folgen können, selbst wenn ich das gewollt hätte. Ich glaube ... ich glaube, ich war auch ein bisschen geschockt.«
»Geschockt? Sie konnten doch gar nicht wissen, ob es wirklich. . . Ehebruch war. Konnte Ihre Frau nicht aus vollständig ehrenhaften Gründen in diesem Auto sitzen?«
»Sicher, das wollte ich mir ja auch einreden. Aber ihre Reaktion, als ich sie dann gefragt habe, war ziemlich ... eindeutig.«
»Wie das?«
»Sie war total erschüttert. Hat behauptet, den ganzen Tag zu Hause verbracht zu haben, ich müsste mich irren oder lügen, um unsere Beziehung zu zerstören. Und noch viel mehr von derselben Güte.«
»Und sie kann nicht recht gehabt haben?«
»Nein ... natürlich habe ich dann doch bezweifelt, dass ich richtig gesehen hatte, aber zwei Wochen später ist es dann wieder passiert. Ein Kollege hat die beiden in einem Café gesehen. Es war entsetzlich peinlich ... er erzählte das so im Vorübergehen, wie einen Witz, aber ich fürchte, ich habe total die Fassung verloren.«
»Was hat Eva diesmal gesagt?«
»Dasselbe. Das war ja gerade das Eigentümliche. Sie stritt alles ab und regte sich wieder so auf, behauptete, mein Kollege sei ein Lügner, und nie habe sie auch nur einen Fuß in dieses Cafe gesetzt. Und dabei war doch alles so offenkundig, ich fand es eigentlich unter ihrer Würde zu lügen ... noch dazu
mehrmals. Ich sagte ihr, ich könnte mit ihren Lügen noch weniger leben als mit ihrer Untreue ... und das Seltsame war, dass sie mir da zuzustimmen schien.«
»Was ist dann passiert?«
Berger zuckte mit den Achseln.
»Natürlich ging unsere Beziehung in die Brüche ... Eva wurde sozusagen zu einer Fremden. Ich habe mir den Kopf zerbrochen und mir immer neue Fragen gestellt ... und ihr natürlich auch, aber sie weigerte sich, darüber zu sprechen. Wenn ich das Thema zur Sprache brachte, verschloss sie sich wie eine Muschel. Ja, es war ganz einfach eine
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