Das grobmaschige Netz - Roman
schreckliche Zeit. Und es sollte noch schlimmer kommen. Ich hatte mit so etwas ganz einfach nicht gerechnet. Wir waren seit fünf Jahren verheiratet, kannten uns seit zehn, und noch nie hatte es solche Probleme gegeben. Sind Sie selber verheiratet, Herr Kommissar?«
»Im Grunde schon.«
»Ach so ... aha. So nach und nach habe ich dann wohl noch einmal geglaubt, dass ich mich geirrt haben könnte. Das Ganze schien sich zu ihrem Vorteil zu kehren ... und ich war die Ursache allen Übels, weil ich sie ja schließlich beschuldigt hatte. Ja, ich weiß, dass mir das am Ende wie eine echte Farce vorkam, wenn Sie verstehen ...«
»Unterschätzen Sie mich nicht.«
»Verzeihung.«
»Sie haben gesagt, Sie hätten sie dann noch mehrere Male ertappt?«
»Ja, aber nie mehr so klar. Ich sah einen Schatten ... ich belauschte einige Telefongespräche.«
»Konnten Sie hören, worüber gesprochen wurde?«
»Nein. Aber es war trotzdem eindeutig genug.«
»Ich verstehe.«
»Ich habe sie auch zweimal beim Lügen ertappt ... sie behauptete, die ganze Zeit zu Hause gewesen zu sein, obwohl
ich in der Mittagspause hereingeschaut und ein leeres Haus vorgefunden hatte ... oder sie sei mit einer Freundin im Kino gewesen, in einem Film, der überhaupt nicht mehr lief ...«
»Und was hat sie dazu gesagt?«
»Ich habe sie nie damit konfrontiert, ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich nehme an, ich habe vor allem auf eine Entscheidung gewartet. Die ganze Situation kam mir so unwirklich vor, ich wusste einfach nicht, wie ich mich verhalten sollte.«
»Haben Sie mit niemandem darüber gesprochen?«
»Nein ... nein, leider nicht. Ich dachte, es würde vorübergehen. . . wir würden mit der Zeit selber eine Lösung finden.«
Van Veeteren nickte.
»Ist das da ein Vrejsman?« Er zeigte auf das große Aquarell über dem Kamin.
»Ja, stimmt«, antwortete Berger überrascht. »Sind Sie Kunstkenner, Herr Kommissar?«
»Ja«, sagte Van Veeteren. »Ich kenne Rembrandt und Vrejsman. Vrejsman ist mein Onkel. Sind Sie sicher, Herr Berger?«
»Sicher? Ich verstehe nicht ganz ...«
»Sicher, dass sie untreu war. Können diese Treffen keinen anderen Grund gehabt haben?«
»Welchen denn zum Beispiel?«
Van Veeteren breitete die Arme aus.
»Fragen Sie mich nicht. Aber das, was Sie beobachtet haben, war ja nicht so besonders kompromittierend. Sie haben sie ja schließlich nicht im Bett überrascht.«
»Das fand ich auch nicht nötig.«
»Und warum haben Sie das nicht alles schon bei Ihrem Gespräch mit Kommissar Münster erzählt?«
Berger zögerte.
»Es ... es hat sich einfach nicht so ergeben. Ich bin wohl auch davon ausgegangen, dass es nicht von Bedeutung ist. Das meine ich übrigens noch immer.«
Van Veeteren schwieg. Berger war jetzt leicht gereizt, das war ihm deutlich anzumerken. Van Veeteren wünschte sich fast, Berger über Nacht in eine Zelle sperren und ihn am nächsten Morgen wieder befragen zu können, das hätte den Übergang erleichtert. Während er sich noch überlegte, wie er weitermachen sollte, erschien Bergers Frau, um ihren Mann ans Telefon zu holen.
Der Teufel beschützt die Seinen, dachte Van Veeteren. Berger verschwand, und während der folgenden zehn Minuten konnte er in die Glut und auf die züngelnden blauen Flammen starren und seine eigenen Ehebruchserfahrungen durchdenken.
Davon gab es zwei, die letzte lag achtzehn Jahre zurück und war ebenso katastrophal gewesen wie die erste. Seine Ehe war wohl an sich schon eine Katastrophe gewesen, aber das hatte immerhin den Vorteil gehabt, dass keine Unschuldigen in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, die Ehe von Andreas Berger und Eva Ringmar ausführlicher zur Sprache zu bringen? Er beschloss, sich noch einen dünnen Whisky zu gönnen, während er auf die nächste Runde wartete ... und den wollte er ein wenig schneller trinken als den ersten. Die Uhr auf dem Kaminsims zeigte halb zehn, und obwohl er normalerweise die Gesetze des Anstands nicht weiter wichtig nahm, gab es ja wohl doch auch Grenzen.
Er steckte sich eine Zigarette an und stopfte sich vier weitere in die Brusttasche.
28
»Können Sie mir ein wenig über den Unfall erzählen, Herr Berger? Ich verspreche Ihnen, dass ich Ihre Geduld nicht mehr sehr lange auf die Probe stellen werde.«
Berger stocherte zwischen den glühenden Kohlen herum. Saß dann eine Weile mit den Armen zwischen den Knien da und starrte das Feuer an, ehe er sagte:
»Es
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