Das große Anime Lösungsbuch: Endlich Japanisch verstehen! (German Edition)
dass die älteren Geschwister das Sagen haben, nicht nur in unschuldigen Kindertagen, oft auch im erwachsenen Leben.
Aber auch fremde Leute können mit diesen Begriffen angeredet werden. Da es die Japaner nicht mögen, Leute mit „Hey, Sie da!“ anzusprechen, verwenden sie je nach Alter und Geschlecht die Verwandschaftsbezeichnungen auch für wildfremde Menschen. Wir haben ja schon gehört, dass man alte Menschen mit o-bâ-san oder o-jî-san anreden darf. Ebenso werden Leute mittleren Alters (nicht nur von Kindern) gerne als oba-san oder oji-san bezeichnet, und junge Leute ruft man o-nê-san oder o-nî-san . Sehr oft, wenn man diese Verwandtschaftsbezeichnungen hört, sind die Betreffenden also gar nicht miteinander verwandt.
Die Wörter aneki und aniki gehören der Männersprache an und werden meist von einfachen, raubeinigen Kerlen verwendet, die Angst davor haben, ihr männliches Flair zu verlieren, wenn sie höfliche oder zärtliche Endungen wie -san oder -chan benutzen. Im Anime begegnen einem solche Leute oft als zwielichtige Gaunergestalten. Das Neumitglied einer Gang wird seine erfahreneren und älteren männlichen Kollegen mit aniki anreden.
Selbst Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf eigene Anredeformen. O-jô-san oder o-jô-sama bedeutet eigentlich „Ihr wertes Fräulein Tochter“, kann aber auch für Mädchen allgemein verwendet werden. Jô-chan klingt so niedlich, dass man sich die Erwachsenen bildlich vorstellen kann, die sich entzückt zu dem kleinen Püppchen hinabbeugen und versuchen, ihm den Kopf zu tätscheln, ohne dabei von dem reizenden Fratz gebissen zu werden …
Kleine Jungs nennt man gerne botchan oder boku . Was? Ruft da jemand „Halt“? Stimmt, boku heißt eigentlich „ich“. Wie kann man für „ich“ und „du“ das gleiche Wort verwenden? Die Japaner können es. Weil es gar so niedlich ist, wenn kleine Jungs boku sagen, kann man der Versuchung nicht widerstehen, sie selbst so zu nennen – „du süßer, so putzig boku sagender Knirps, du“.
Nur am Rande: Wenn Männer Frauen anmachen wollen, sprechen sie das Objekt der Begierde gerne mit o-nê-chan oder o-jô-san an. Aber auch das Wort kanojo , das eigentlich „sie (die Frau)“ bedeutet, wird für die Anrede zweckentfremdet. „ Ooi, kanojo, o-cha shinai? “ – „Hey, Kleine, sollen wir nicht ein Tässchen Tee trinken?“
Sate, mondai desu:
9. Wer wird in altertümlichem Japanisch mit chichi-ue-sama angesprochen?
a. der Großvater
b. der Onkel
c. der Vater
10. Wen sprechen raue Männer mit aneki an?
a. die Mutter
b. die ältere Schwester
c. die jüngere Schwester
11. Welches dieser Wörter ist keine Anrede für junge Frauen?
a. o-jô-san
b. o-nê-san
c. botchan
Sein’s so gut!
Wenn Menschen andere nicht so gerne um einen Gefallen bitten würden, hätten sie vermutlich gar keine Sprache entwickelt. In diesem Sinne …
Bitten und Befehle werden meistens mit der sogenannten Te-Form gebildet. Sie lässt Verben auf te oder de enden. Die Form wird im Grammatikkapitel auf Seite 129 näher erklärt. Aber selbst wenn man sie nicht kennt oder das kurze, unscheinbare te im Satz nicht heraushört, hat man gute Karten, eine Bitte zu erkennen. Oft steht nach dieser Te-Form nämlich kudasai , chôdai oder kure .
Kudasai ist am häufigsten und am höflichsten. „Meister, zeigt mir den geheimen Weg in das Tal der linksgewickelten Mumien kudasai .“ – „Aber gerne. Läutere dein Herz und folge mir sogleich.“ Bemerkt? Der Meister schenkt sich das kudasai . Er ist 105 Jahre alt und braucht solchen Firlefanz nicht.
Chôdai ist umgangssprachlicher und lässiger. Es ist in der Familie oder unter Freunden angebracht. „Hey, nî-chan , leih mir mal dieses coole Game chôdai !“ – „Das spiele ich gerade. Lass mir meine Ruhe chôdai! “
Auf jede Höflichkeit verzichtet kure . Es ist ein sehr ungeduldiges, barsches Wort und passt am besten zu den typischen Macho-Sprüchen. „Wirf die Waffe weg kure , sonst mache ich deinen Zahnarzt zu einem reichen Mann.“ – „Pah, erspar mir die hohlen Phrasen kure ! Ich – au! – auaa! … Äh, kannst du meinen Arzt kurz für mich rufen ku- , ku- , kudasai !“
Die oben erklärten kudasai , chôdai und kure werden immer an Sätze angehängt. Möchte man einfach nur „Bitte!“ sagen, verwendet man o-negai . Die höfliche Form lautet o-negai shimasu . Meistens benutzt man das als Antwort auf eine Frage. „Soll ich dir noch mal erklären, was der Unterschied zwischen
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