Das große Doppelspiel
Ehemals Adler-Geschwader,
soweit ich weiß. Edge hat ihm nie verziehen, und seitdem
haßt er die Amerikaner.«
»Ja, aber er ist trotzdem der beste Pilot, den ich je gesehen habe«, bemerkte Munro.
»Wenn dem so ist, warum bringt dann nicht er
mich Don nerstag nach Frankreich statt Grant?« fragte
Geneviève.
»Weil er keine Lysander fliegt, er benutzt
für solche Flüge eine deutsche Maschine, einen
Fieseler-Storch, und er tut es nur bei ganz besonderen
Gelegenheiten«, erklärte Munro ihr. »Ihr Flug am
Donnerstag ist so etwas wie Routinesache.«
Die Tür wurde geöffnet, und Edge kam, wie
üblich mit einer nicht brennenden Zigarette zwischen den Lippen,
in den Raum. »Alle froh und munter?« Während er zu dem
Tisch ging, an dem sie saßen, entstand ein unbehagliches
Schweigen. »Grant ist gut weggekommen, Sir«, sagte er zu
Munro. »Wird Don nerstag mittag zurück sein.«
»Guter Flieger«, sagte Munro.
Edge beugte sich so dicht zu
Geneviève, daß sie seinen Atem am Ohr spürte.
»Na, wie fühlen Sie sich als Geheimagentin? Wenn Sie einen
Rat brauchen, ich stehe immer zur Verfü gung.«
Sie rückte zornig ein Stück weiter und stand
dann auf. »Ich sehe mal nach, ob Madame Legrande in der
Küche Hilfe braucht.«
Als sie sich entfernte, lachte Edge. Hare zog die
Augenbrau en hoch und sah Craig an. »Man sollte ihn aus dem
Verkehr ziehen«, sagte er so leise, daß die anderen ihn
nicht hören konnten.
Julie spülte Geschirr und hatte die Arme bis zu
den Ellbogen im Wasser, als Geneviève die Küche betrat.
»Madame Legrande, das Frühstück war
ausgezeichnet.« Sie nahm ein Geschirr tuch. »Lassen
Sie mich abtrocknen.«
»Chérie, sagen Sie bitte Julie zu mir«, sagte die andere Frau mit einem warmen Lächeln.
Geneviève fiel plötzlich ein, daß
Hortense sie oft so angere det hatte, Anne-Marie dagegen nie. Sie
mochte Julie Legrande sofort. Sie fing an, einen Teller abzutrocknen,
und lächelte. »Ich heiße Geneviève.«
»Alles in Ordnung?«
»Ich glaube, ja. Martin Hare scheint ein bemerkenswerter Mann zu sein.«
»Und Craig Osbourne?«
Geneviève zuckte mit den Schultern. »Oh, ich nehme an, er ist nicht übel.«
»Was bedeutet, daß Sie ihn sehr
mögen?« Julie seufzte. »Das geht vielen so, aber ich
fürchte, er trägt den Eimer zu oft zum Brunnen.«
»Und Edge?« fragte Geneviève.
»Unheimlicher Typ. Gehen Sie ihm aus dem Weg.«
Geneviève trocknete weiter Teller ab. »Und wie passen Sie
in das ganze Mosaik?«
»Ich führe das Haus und diesen Pub. Ich
werde Sie später dorthin mitnehmen und mich darum kümmern,
daß Sie alles haben, was Sie brauchen.«
Die Tür wurde geöffnet, und der
Brigadegeneral trat ein. »Craig und ich fahren jetzt zum Haus
hoch. Wir haben eine Menge zu tun.«
Julie sagte: »Ich bringe Geneviève später mit.«
»Sehr gut.« Er holte einen Brief aus der
Tasche und gab ihn Geneviève. »Der ist für Sie. Ich
habe Carter heute morgen als erstes zum Saint Bartholomew’s Hospital
geschickt, um der Oberschwester zu sagen, daß Sie Ihren Urlaub
wegen eines Trauerfalls in der Familie um ein paar Tage verlängern
müssen. Sie hatte den Brief nicht nachgeschickt, weil Sie sie
täglich zurückerwartete.«
Der Brief war offen, sauber längs der Kante
aufgeschlitzt. »Sie haben ihn gelesen?« sagte
Geneviève.
»Natürlich.« Er ging hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
»Ist er nicht süß?« sagte Julie sarkastisch.
Geneviève legte den Brief hin und fuhr fort
abzutrocknen. »Und vorher. Was haben Sie vorher gemacht?«
»Ich habe in Frankreich gelebt. Mein Mann war Philoso phieprofessor an der Sorbonne.«
»Wo ist er jetzt?«
»Er ist tot. Sie sind eines Nachts
gekommen, um uns abzuho len, ich meine, die Gestapo, und er hat
sie aufgehalten, wäh rend die anderen und ich flohen.«
Sie verstummte und starrte einen Moment ins Leere. »Aber Craig
ist zurückgefahren und hat ihn rausgeholt. Er hat uns geholfen,
nach England zu kom men.« Sie seufzte. »Er ist letztes
Jahr an einem Herzanfall ge storben.«
»Craig Osbourne hat ihm das Leben gerettet?«
»So ist es.«
»Erzählen Sie mir von ihm«, sagte Geneviève. »Alles, was Sie wissen.«
»Warum nicht?« Julie zuckte mit den
Schultern. »Sein Vater war ein amerikanischer Diplomat, seine
Mutter Französin. Er lebte dann als Kind jahrelang in Berlin und
Paris, was auch erklärt, daß er die beiden Sprachen
fließend spricht. Er arbeite te für eine amerikanische
Illustrierte, ich
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