Das große GodmodeTrader-Handbuch: Die besten Strategien der Toptrader (German Edition)
Gewinne laufen zu lassen wäre keine schlechte Idee gewesen! Value-Investing eben, und nicht die Gewinne aus Angst, sie wieder verlieren zu können, schnell mitzunehmen. Naja, aus Schaden wird man klug. Aber selbst das wusste ich damals noch nicht.
Wie hast du traden gelernt? Wie hast du dich über Börsenhandel informiert?
Die ersten Jahre folgte ich dem Prinzip meines Schwagers. Ich las den Wirtschafts-und Aktienteil von guten Tageszeitungen und beobachtete ständig Aktien und hielt nach Werten Ausschau, die meiner Meinung nach gut waren, aber im Wert fielen. Dann orderte ich und wartete, dass sie wieder stiegen. Bei einigen Werten funktionierte das recht gut, andere fielen und fielen im Wert und lagen wie eine Bleiente am Boden, jahrelang. Irgendwann verkaufte ich sie. Naja, dann stiegen sie natürlich, Klassiker. Unterm Strich verlor ich mehr Geld, als ich gewann. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt! Schließlich wollte ich doch auch eine Villa am See haben, so wie mein Schwager.
So ging das jahrelang weiter. Irgendwann stellte ich fest, dass ich nicht unterbewertete Aktien kaufte, sondern Aktien, die an Wert verloren. Ein riesengroßer Unterschied! Ich machte eigentlich alles falsch und wusste es nicht einmal. Ganz nach dem Motto: »Denn sie wissen nicht, was sie tun.« Dann kaufte ich mir Bücher von irgendwelchen Börsenprofis, die mir erzählten, wie sie es geschafft haben, erfolgreich an der Börse zu sein. Glaubte ich jedenfalls. Je mehr Informationen ich hatte, desto unüberschaubarer wurde das Ganze für mich. Ich handelte dann nach dem Gießkannenprinzip: von allem ein bisschen. Dass ich nicht einem System folgte, sondern zig Systemen, war mir natürlich nicht klar. Und dass das so auch nix werden könnte, war mir ebenso nicht bewusst. Ich dachte, so handelt man eben an der Börse, so machen es die Profis. Meine Bank bemerkte auch, dass ich immer wieder Aktien orderte, und lud mich zu entsprechenden Kundengesprächen und Abendveranstaltungen zum Thema ein. Dass ich nun auch noch leckere Häppchen bekam, weil ich mal ein paar Aktien kaufte, ließ mein Selbstwertgefühl gleich in die Höhe schnellen. Keine Frage, ich war etwas Besseres. Ein Aktienhändler eben. Dass ich nur ein dummer Hansel war, der wie die meisten im Raum sein Geld verlor und denen die Banker auf halbseidene Art und Weise ihr Vermögen abfischten, bekam ich vor lauter Euphorie nicht mit. Nun folgte ich den richtigen Profis – den Analysten und Bankern, so glaubte ich. Was zur Folge hatte, dass ich ständig Geld verlor. Was diese Profis auch empfahlen und prognostizierten, die Aktien machten genau das Gegenteil davon.
Irgendwann war ich zum Glück so mutig und tat genau das Gegenteil: statt die Aktien zu kaufen, orderte ich entsprechende Derivate in genau die andere Richtung – short. Somit konnte ich mir dann wenigstens meine Verluste wieder verdienen. Deren Empfehlungen waren so konträr, dass selbst die Tageszeitung irgendwann ihre Kaufliste aus dem Blatt entfernte. Irgendwann, kurz vorm Internetboom, orderte ich eine große Anzahl an Mannesmann-Aktien. Meine damalige Bankberaterin warnte mich zig Mal, die Finger davon zu lassen und lieber wieder zu verkaufen. Das mit dem Handygeschäft, das wird böse enden. Für sie endete es in der Tat böse. Erstens war sie beim rasanten Aufstieg der Aktie nicht dabei und zweitens war sie alsbald nicht mehr in der Filiale als Anlageberaterin. Ich jedoch konnte mit dem Geschäft, nach Steuern, meine gesamten Verluste der letzten Jahre ausgleichen, die ich aufgrund der Empfehlungen dieser Bank einfuhr. Heute, wo ich einige von diesen Bankberatern näher kenne, weiß ich erst, wie wenig die von Börse verstehen. Sie werden vor allem in Vertriebstechniken geschult, nicht aber in wirklichen Anlagetechniken, geschweige denn in professionellem Börsenhandel. Von Börse, wie sie wirklich funktioniert, haben viele von denen so viel Ahnung wie meine Oma vom Formel-1-Rennfahren. Je mehr ich mich selbst ausbildete, desto mehr ertappte ich mich, dass ich meinen Bankberater ausbildete, ihm Dinge erzählte, die er eigentlich mir erzählen sollte: Charttechnik, Anlagestrategien, Geldrisiko und Börsenpsychologie. Irgendwann waren wir so vertraut, dass ich erfuhr, dass er selbst nur ständig große Summen an Geld an der Börse verlor, seinen Kunden aber dieselben Geschäfte empfahl. Menschlich verständlich – das Leid will Gesellschaft haben! Bereits hier stellte ich fest, dass in der Branche einiges
Weitere Kostenlose Bücher