Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
Spanischkurs hat sich sofort bezahlt gemacht. » Esta teteria mi gusta, cuànto cuesta?«
Ich hab sie sogar von 45 auf 25Euro heruntergehandelt (langes grübelndes Drehen in den Händen, Stirnrunzeln, Zurückstellen, bedauerndes Seufzen– » demasiado«–, huldvolles Nachdenken über einen Gegenvorschlag, Zaudernzaudernzaudern: alles von meiner Mutter gelernt). Vielleicht bescheuert, aber mir gefällt die Idee, mit einer versilberten Teekanne um die Welt zu reisen. Es hat was von Phileas Fogg.
Ich glaube, so seltsam das klingt, dass dieses Kännchen noch ganz wichtig für mich werden könnte. Es könnte ein ambulantes Zuhause für mich werden, ein kleiner wärmender Trost, wenn ich einen Durchhänger habe. Und der wird kommen, da mache ich mir keine Illusionen. Früher oder später wird mich der Reisekater erwischen. Besser also, ich bin gerüstet. Und das bin ich jetzt: Es gibt nichts, was eine Kanne Tee nicht reparieren könnte.
Ich habe außerdem die etwas meschuggene Idee, die Städte per Tee miteinander zu verbinden. Aus Buenos Aires nehme ich mir eine Packung Mate mit und trinke den dann morgens in Mumbai. Und indischen Tee in Tokyo. Und japanischen Tee in Shanghai. Und so weiter. Ein Reigen aus Tee, einmal um die Welt.
Wie gesagt, ein bisschen albern. Aber ich glaube auch, dass ich ganz ohne Rituale und Gewohnheiten nicht durch dieses Jahr kommen werde. Dafür sind die Städte einfach zu verschieden, der stete Wechsel wird mir noch einiges abverlangen. Da ist es schön, das Zuhause schon im Koffer zu haben.
Ich koche mir gleich schon mal die erste Kanne und proste Dir innerlich zu. Wie schön wäre es, wenn Du hier wärest. Aber wie viel schöner ist es, dass Du immer da bist, egal wo ich mich gerade herumtreibe. Fühl Dich umarmt, meine liebste Haushofmeisterin, fühl Dich ganz wie zuhause bei mir und grüß mir mein altes Hamburg.
Besos und ein dreifaches ¿¿¿, Deine Meike
PS : Die Stehlampe neben dem Sofa hat einen Wackelkontakt; wenn man sie langsam einschaltet, geht’s.
10 Dinge, die ich in Buenos Aires gelernt habe
1. Spanisch. Un poquito. Und dass ein großes Latinum doch zu etwas gut ist.
2. Das Vorübergehende zu lieben. Mehr estar, weniger ser.
3. Das Flanieren zu lieben. Das ziellose Herumspazieren, ohne etwas Bestimmtes vorzuhaben, dem Zufall in die Arme laufen.
4. Mein Alter zu lieben. Ebenfalls ein Abfallprodukt des Sprachunterrichts: Im Spanischen gibt man sein Alter mit dem Verb tener an – haben, besitzen. Tengo cincuenta años. Nicht: Ich bin 50, sondern: Ich besitze diese 50 Jahre. Sie gehören mir. Das finde ich ein prima Konzept, mit dem Altern umzugehen: indem man es als Eigentum betrachtet. Als Vermögen, nicht als Mangel.
5. Tango ist von der ewigen To-Do-Liste gestrichen. Ausprobiert, abgehakt. Man kann nicht alles lieben. (Aber man sollte zumindest alles mal versucht haben. )
6. Die Freundlichkeit von Fremden anzunehmen. Ganz schwierige Übung für mich. Ich bin so erzogen worden, niemandem etwas schuldig zu sein. Kaufmannsfamilie, quid pro quo, das kriegt man nicht so schnell aus dem System. Hier draußen in der Welt hingegen gelingt es mir, ein Geschenk einfach mal als Geschenk zu akzeptieren, dankbar und ohne zwanghafte Wiedergutmachung, sei es eine Essenseinladung oder das Angebot, mal eben in eine fremde Wohnung zu ziehen.
7. Und dabei gleichzeitig: was für einen Gefallen man sich selbst tut, indem man anderen einen Gefallen tut. Eines der größten Vergnügen in diesem Jahr dürfte meine Idee werden, Aufträge Wildfremder zu erfüllen. Bereichernd, erhellend. Und manchmal auch nur kindischer Pfadfinder-Spaß.
8. Es gibt tatsächlich eine Stadt auf der Welt mit noch mehr Hundehaufen auf der Straße als Berlin.
9. Man kann es schaffen, einen ganzen Tag lang nichts anderes als Eis zu essen. Und das Beste daran: Niemand kann mir da reinquatschen.
10. Glück ist ein Gefühl von Möglichkeit. Sich ein anderes Leben vorstellen zu können, in einer anderen Stadt, mit einem anderen Beruf. Heißt ja nicht, dass man’s macht. Aber die reine Möglichkei t …
März
Mumbai,
Indien
Lieber Clemens, alter Sack,
hol mich hier bitte raus. Es geht nicht mehr, ich halte es nicht mehr aus. Nicht mehr in Mumbai, nicht mehr mit meinem Reiseblues. Du würdest mich nicht wiedererkennen: Ich bin dünnhäutig, erschöpft, dauergenervt, dauerwütend. Alles nur wegen Indien.
Ich verzweifle an diesem Land. Ich kann Indien nicht. Ich habe das Gefühl, wieder und wieder
Weitere Kostenlose Bücher