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Das große Los

Das große Los

Titel: Das große Los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Handtuchturban um den Kopf und dem Staublappen in der Hand.
    »Entschuldigen Sie die Störung. Wissen Sie noch, um welche Uhrzeit Ihre Nachbarin, Madame Perrin, gestern ans Telefon gerufen worden ist?«
    Sie ließ sie erst gar nicht dazu kommen, sich zu wundern.
    »Mal sehen … Ich hatte gerade mein Ragout aufgesetzt. Muß kurz nach elf gewesen sein. Aber hat …«
    »Bemühen Sie sich nicht weiter. Haben Sie vielen Dank. Ich gehe direkt zu Madame Perrin.«
    Sie klingelte tatsächlich an der Tür gegenüber, während ihr die Alte verblüfft zusah und die eigene Tür erst wieder schloß, als das Mädchen in der anderen Wohnung verschwunden war.
    »Keine Angst, Madame Perrin. Ich bin eine Freundin.«
    »Von Lucy?«
    »Wenn Sie so wollen.«
    Die Wohnung war sauber und gemütlich, und auf der Fensterbank standen Geranien. Madame Perrins Miene zeigte nicht die Trauer einer Mutter, die gerade die Tochter verloren hat.
    »Sie müssen mir unbedingt sagen, von wo Lucy Sie gestern morgen angerufen hat.«
    »Wer hat Ihnen verraten …«
    »Ich weiß, daß sie bei Ihnen angerufen hat, sie ist auf dem Land, nicht weit von Paris.«
    »Sie hat mich beschworen, mit niemand darüber zu reden. Offenbar ist es eine Frage von Leben und Tod und …«
    »Eben um sie da rauszuholen, muß ich unbedingt Bescheid wissen. Im Sommer fahren Sie wohl beide zum Wochenende dort hinaus, und von dort hat Lucy …«
    »Wollen Sie ihr auch ganz bestimmt nichts Böses? Ich wußte nicht mal, daß sie dort im Nachtclub singt. Mir hatte sie gesagt …«
    »Wo ist sie?«
    »Sie hat mich vom ›Vieux Garçon‹ aus angerufen.«
    »Bei Corbeil?«
    »Ja, das ist ein Gasthof, wo …«
    »Den kenne ich. Danke. Wenn sie noch mal anruft, sagen Sie ihr, alles geht glatt …«
    Beinahe hätte sie Lapointe umgerannt, der am Bordstein auf sie wartete und ihr linkisch einen Veilchenstrauß hinstreckte.
    »Erstattet die Polizei Ihnen die Taxikosten?«
    »Wenn die Buchhaltung sie nicht zu hoch findet.«
    »Wir müssen weit, ganz raus aus der Stadt …«
    »Dann muß ich’s selbst berappen, wenn’s ein Schuß in den Ofen wird.«
    »Wir fahren zu Lucy Perrin.«
    Bevor sie einstieg, erkundigte sie sich:
    »Wird der ›Pélican‹ immer noch überwacht?«
    »Tag und Nacht.«
    »Sind Sie sicher, daß niemand ungesehen raus- oder reinkann?«
    »Das Haus hat bloß einen Eingang.«
    »Und das Dach?«
    »Unmöglich. Haben wir überprüft.«
    »Nach Corbeil!« rief sie dem Taxifahrer zu und nahm dabei ihrem Begleiter ganz selbstverständlich den Veilchenstrauß aus der Hand.
    »Wollen Sie mir nicht endlich erklären …?«
    »Nichts da!«
    »Warum haben Sie …«
    »Reden Sie vom Frühling, von den Blumen, von der Liebe, was Sie wollen, bloß nicht von der ›Sängerin von der Pigalle‹.«
    »Geben Sie schon zu, daß …«
    »Wenn Sie so weitermachen, schmeiß ich Sie raus.«
    Sie brauchten eine dreiviertel Stunde bis zu dem Gasthaus am Seineufer, und vorher hatte Lili halten lassen, um Justin Duclos anzurufen.
    »Hallo! Alles in Ordnung daheim? Ich komme ein bißchen später, ich hab’ nämlich eine Freundin getroffen und …«
    Die Morgenluft ließ ihr Blut pulsieren, und man wäre bei ihrem Anblick nicht darauf gekommen, daß sie kaum geschlafen hatte, und auch nicht auf die Idee, daß sie im kleinen Schwarzen mit rauchiger Stimme Lieder über Straßendirnen von der Pigalle sang.
    Um diese Jahreszeit war im Gasthaus kein Betrieb und der Wirt am Seineufer damit beschäftigt, die Ruderkähne grün anzustreichen, die er sommers zum Angeln vermietete.
    Sie sprach ihn nicht an, sondern betrat die Gaststube und sah durch die Küchentür ein Mädchen mit der Wirtin schwatzen.
    Lucy hätte fast ihre Schwester sein können, ihre jüngere, nervösere. Sie blickte mit kaum verhohlenem Schrecken auf die beiden, und Lili sagte schnell:
    »Keine Angst …«
    Und dann, neckisch:
    »Dieser junge Mann da sieht zwar nicht danach aus, aber er ist Inspektor der Kriminalpolizei.«
    Aber das war keine Beruhigung für Lucy Perrin.
    »Woher wissen Sie …«
    »Setzen Sie sich erst mal, vielleicht ist die Wirtin so nett und bringt uns was. Beruhigen Sie sich, Lucy. Es kann Ihnen nichts mehr passieren.«
    »Ich will wissen, woher Sie erfahren haben, daß … Hat meine Mutter was gesagt?«
    »Erst, als sie nicht mehr anders konnte.«
    »Und was ist mit den Leuten vom ›Pélican‹?«
    »Von denen ist nichts mehr zu befürchten.«
    »Sie sind verhaftet? Auch Natascha?«
    »Was genau hat Ihnen

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