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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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richtete sich auf und kniete, er war ganz allein zurückgeblieben. Der Offizier trank einen Schluck aus der Thermosflasche und fuhr mit der Zunge über die Lippen.
    Der Sargento Roberto Delgado spielte mit der Schnapsflasche, und Pantachita wollte, daß man ihn an den Ucayali schickte, Señor, er stöhnte wieder, und das Schluchzen ließ seine Wangen einfallen, wo sein Freund, der Andrés, gestorben war. Da wollte er auch sterben.
    »So, deinen Patrón hat also die Yacumama geholt«, sagte der Teniente, seine Stimme war jetzt ruhiger. »Und der Teniente ist also ein Arschloch, und Pantachita kann ihm hineinkriechen, wie’s ihm Spaß macht. Ah, mein lieber Pantachita.«
    Unermüdlich, fiebernd betrachteten Pantachas Augen die Flasche, und draußen war der Regensturm wilder geworden, in der Ferne rollte der Donner, und die Blitze ließen von Zeit zu Zeit die vom Regen zerfetzten Dächer, die Bäume, den Sumpfboden der Siedlung grell aufleuchten.
    »Er hat mich allein gelassen, Señor«, schrie Pantacha auf, und seine Stimme wurde zornig, aber sein Blick war nach wie vor ruhig und wie gebannt. »Zuessen hab ich ihm gegeben, und er hat nicht aus der Hängematte gekonnt, der Ärmste, und er hat mich zurückgelassen, und die andern sind auch fort. Warum glaubst du’s denn nicht, Señor?«
    »Vielleicht ist das mit dem Namen Schwindel«, sagte der Sargento Delgado. »Ich kenn niemand im Urwald, der Fushía heißt. Macht Sie der Kerl hier nicht nervös, mit seinem schwachsinnigen Gefasel. Ich würd ihm kurzerhand eine Kugel in den Leib jagen, mi teniente. «
    »Und der Aguaruna?« sagte der Teniente. »Hat die Yacumama auch Jum mitgenommen?«
    »Ist verschwunden, Señor«, krächzte Pantacha. »Hab ich dir doch schon gesagt, oder? Oder sie hat ihn halt auch geholt, Señor, wer weiß?«
    »Diesen Jum hab ich in Urakusa einmal einen ganzen Nachmittag lang vor mir stehen gehabt«, sagte der Teniente, »und der andere Schlawiner hat den Dolmetscher gespielt, und ich hab ihnen zugehört und ihre Märchen gefressen. Ah, wenn ich das geahnt hätte! Das war der erste Nacktarsch, den ich kennengelernt hab, Sargento.«
    »Schuld hat der, der Gobernador von Nieva war, mi teniente , dieser Reátegui«, sagte der Sargento Delgado. »Wir haben damals den Aguaruna nicht freilassen wollen. Aber er hat’s befohlen, und jetzt haben wir die Bescherung.«
    »Der Patrón ist fort, Jum ist fort, die Huambisas sind fort«, schluckte Pantacha. »Allein und ganz traurig,Señor, und eine schreckliche Kälte, die fühl ich halt.«
    »Aber den Adrián Nieves erwisch ich noch, das schwör ich«, sagte der Teniente. »Der hat sich ins Fäustchen gelacht, gelebt hat er von dem, was wir ihm bezahlt haben.«
    Und alle hatten ihre Frauen, dort. Die Tränen quollen unter seinen Haaren hervor und er seufzte tief auf, Señor, voller Sentimentalität, und er hatte sich halt nur eine Christin gewünscht, selbst wenn’s nur wär, um mit ihr zu reden, eine einzige, und sogar die Shapra hatten sie mitgenommen, Señor, und der Stiefel schoß hoch, schlug zu und Pantacha krümmte sich, ächzte. Er schloß einige Sekunden lang die Augen, öffnete sie und blickte, ganz zahm jetzt, die Flasche an: ein ganz winzig kleines Schlückchen nur, Señor, gegen die Kälte halt, er erfror doch im Innern.
    »Du kennst die Gegend hier gut, Pantachita«, sagte der Teniente. »Wie lange wird dieser verdammte Regen noch anhalten, wann können wir aufbrechen?«
    »Morgen klart’s auf, Señor«, stammelte Pantacha. »Bitt Gott drum und du wirst sehen. Aber hab Mitleid, gib mir einen ganz kleinen. Gegen die Kälte, Señor.«
    Das hielt ja kein Mensch aus, verflucht noch mal, das hielt ja kein Mensch aus, und der Teniente hob den Stiefel hoch, aber diesmal trat er ihn nicht, stellte den Fuß aufs Gesicht des Gefangenen, bis Pantachas Wange den Boden berührte. Der Sargento Delgadotrank einen Schluck Schnaps, dann einen Schluck aus der Thermosflasche. Pantacha hatte die Lippen geöffnet, und seine spitze, rötliche Zunge leckte, Señor, vorsichtig, einen ganz kleinen nur, die Stiefelsohle, gegen die Kälte, die Spitze, Señor, und etwas Lebhaftes und Spitzbübisches und Serviles blitzte in den vorquellenden Kohlstücken auf, einen, ja? während seine Zunge das schmutzige Leder besabberte, Señor? nur gegen die Kälte, und er küßte den Stiefel.
    »Du bist ein ganz Ausgekochter«, sagte der Sargento Delgado. »Wenn du nicht auf unser Mitleid spekulierst, spielst du den Perversen,

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