Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
baden.«
»Und außerdem heißt’s, daß es dort die schönsten Frauen von Peru gibt, Señora«, sagte der Fette.
»Ah, Mensch«, sagte der Blonde. »Als ob die Señora interessiert, daß es in Piura schöne Frauen gibt!«
»Ich sag’s nur, damit sie sich vor ihnen in acht nimmt«, sagte der Fette. »Damit sie ihr den Mann nicht wegnehmen.«
»Sie weiß, daß ich zuverlässig bin«, sagte der Sargento. »Ich träum bloß davon, meine Freunde, meine Vettern wiederzusehen. Frauen, ich hab an meiner genug und mehr als genug.«
»Ah, so ein zynischer Kerl!« lachte der Teniente. »Passen Sie ja gut auf ihn auf, Señora, und wenn er fremdgeht, verhauen Sie ihn.«
»Wenn’s geht, mi sargento , packen Sie mir eine Piuranerin ein und schicken sie mir«, sagte der Fette.
Bonifacia lächelte den andern zu, aber gleichzeitig biß sie sich auf die Lippen, und in regelmäßigen Abständen zeigte ihr Gesicht einen anderen Ausdruck und ließ es niedergeschlagen wirken, trübte einige Sekunden lang ihren Blick und brachte ihren Mund leicht zum Zucken, und dann verschwand er und ihre Augen lächelten wieder. Das Dorf erwachte allmählich, im Laden von Paredes waren einige Christen versammelt, die alte Dienerin Don Fabios kehrte die Terrasse der Gobernación, und unter den Capironas gingen junge und alte Aguarunas entlang, auf dem Weg zum Fluß, mit Staken und Harpunen. Die Sonne ließ die Yarinadächer aufleuchten.
»Vielleicht sollten wir jetzt aufbrechen, Sargento«, sagte Pintado. »Lieber jetzt durch den Pongo, später wird der Wind stärker.«
»Hör mich doch erst an, und dann sag nein«, sagte Bonifacia. »Laß mich doch wenigstens erklären.«
»Mach lieber keine Pläne«, sagte Lalita. »Wenn’s hinterher anders kommt, ist’s desto schlimmer. Denk immer bloß an das, was jetzt passiert, in diesem Augenblick, Bonifacia.«
»Ich hab’s ihm schon gesagt, und er ist damit einverstanden«, sagte Bonifacia. »Er wird mir jede Woche einen Sol geben, und ich selber werd für die Leute arbeiten, du weißt doch, die Nonnen haben mir das Nähen beigebracht. Aber vielleicht wird’s gestohlen. Esmuß durch so viele Hände gehen, vielleicht kriegst du’s gar nicht.«
»Ich will nicht, daß du mir welches schickst«, sagte Lalita. »Wozu brauch ich Geld?«
»Ah, ich weiß schon wie«, sagte Bonifacia und faßte sich an den Kopf. »Ich werd’s an die Madres schicken, wer wagt’s schon, denen was zu stehlen. Und die Madres geben’s dann dir.«
»Obwohl man drauf brennt wegzukommen, es macht einen doch immer ein wenig traurig«, sagte der Sargento. »Mir geht’s jetzt so, Jungens, das erste Mal. Man hängt mit der Zeit eben doch an einem Ort, auch wenn er nicht viel wert ist.«
Die Brise war zu Wind geworden, und die Wipfel der höchsten Bäume neigten sich, schwenkten ihr Laubwerk über die kleinen. Dort oben ging die Tür des Wohnhauses auf, die dunkle Gestalt einer Nonne kam hastig heraus, und während sie den Patio in Richtung Kapelle überquerte, plusterte der Wind ihr Habit auf, wirbelte es durcheinander wie eine Welle. Die Paredes waren vor die Tür ihrer Cabaña getreten, und mit den Ellbogen auf das Geländer gestützt, blickten sie zum Landesteg hinunter, winkten.
»Das ist menschlich, mi sargento «, sagte der Dunkle. »Nach so langer Zeit hier, und dann noch mit einer von hier verheiratet. Da versteht man, wenn einem ein bißchen komisch zumute wird. Ihnen wohl noch mehr, Señora.«
»Vielen Dank für alles, mi teniente «, sagte der Sargento.»Wenn ich in Piura etwas für Sie erledigen kann, Sie wissen ja, sagen Sie mir’s bitte, ganz gleich, was es ist. Wann geht’s denn nach Lima?«
»In einem Monat ungefähr«, sagte der Teniente. »Vorher muß ich noch nach Iquitos, um diese Sache abzuschließen. Laß dir’s gutgehen in deiner Heimat, Cholo, wer weiß, ob ich dich nicht eines Tages dort überfalle.«
»Heb dir das Geld lieber auf für die Zeit, wenn du Kinder hast«, sagte Lalita. »Adrián hat immer gesagt, nächsten Monat fangen wir an, und in sechs Monaten haben wir dann genug für einen neuen Motor. Und nie haben wir auch nur einen Centavo gespart. Dabei hat er fast gar nichts ausgegeben, alles war fürs Essen und für die Kinder.«
»Und dann kannst du nach Iquitos fahren«, sagte Bonifacia. »Laß dir das Geld, das ich dir schicken werde, von den Madres aufheben, bis es für eine Reise reicht. Dann fährst du ihn besuchen.«
»Paredes meint, ich werde ihn nie wiedersehen«, sagte
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