Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
das Wetter fluchend, trieb dasBoot mit Stakenstößen aus dem Pflanzentunnel hinaus. Als er sich schon dem Anlegesteg näherte, erblickte er nackte Gestalten oben an der Böschung. Laut brüllend befahl er auf huambisa, sie sollten herunterkommen und ihm helfen, und die Gestalten verschwanden hinter den vom Wind geschüttelten Lupunas und tauchten rötlich, hüpfend, im Lehm ausrutschend, am Abhang wieder auf. Sie machten das Boot an ein paar Pflöcken fest, planschten unter den dicken Tropfen, die auf ihre Schultern spritzten, heran und trugen Don Aquilino an Land. Der Alte begann sich schon auszuziehen, während er noch den Abhang hinaufkletterte. Oben angekommen, hatte er bereits sein Hemd ausgezogen, und in der Siedlung, ohne die freundschaftlichen Gesten zu erwidern, die ihm Kinder und Frauen von den Cabañas aus bezeigten, zog er die Hose aus. In diesem Aufzug, nur den Strohhut auf und eine kurze Unterhose an, zwängte er sich durch das Gestrüpp hinüber zur Lichtung der Weißen, und dort plumpste etwas Affenartiges und Taumelndes von einem Geländer, Pantacha, umarmte ihn, hast wieder das Zeug gesoffen, und stotterte ihm ungeschickt ins Ohr, bis oben hin voll von Kräutern, und kannst nicht einmal reden, laß mich los. Pantachas Augen blickten gequält und Speichelfäden troffen aus seinem Mund. In höchster Erregung deutete er immer wieder auf die Cabañas. Der Alte erkannte auf der Terrasse die Shapra, mürrisch, reglos. Hals und Arme unter Perlenschnüren und Armreifen verborgen, das Gesicht stark angemalt.
»Sie sind ausgerissen, Don Aquilino«, grunzte Pantacha endlich mit rollenden Augen. »Und der Patrón tobt, seit Monaten eingeschlossen, will nicht rauskommen.«
»Ist er in seiner Hütte?« sagte der Alte. »Laß mich los, ich muß mit ihm reden.«
»Wie kommst du dazu, mir Vorschriften zu machen?« sagte Fushía. »Geh noch mal hin, der Kerl soll dir das Geld zurückgeben. Bring mich zum Santiago, ich will lieber unter Leuten sterben, die ich kenne.«
»Wir müssen warten, bis es Nacht ist«, sagte Aquilino. »Wenn alle schlafen, trag ich dich zu dem Boot, wo die Besucher sich waschen müssen, und da holt dich der Kerl dann ab. Und hör jetzt auf damit, Fushía, versuch ein wenig zu schlafen. Oder willst du was essen?«
»So wie du mich jetzt behandelst, so werden sie mich dort auch behandeln«, sagte Fushía. »Du hörst nicht einmal auf mich, triffst alle Entscheidungen, und ich muß gehorchen. Es ist mein Leben, Aquilino, nicht deines, ich will nicht, laß mich nicht hier zurück. Ein bißchen Mitleid, Alter, komm, gehen wir wieder zur Insel zurück.«
»Selbst wenn ich wollte, könnt ich nicht«, sagte Aquilino. »Gegen den Strom bis zum Santiago und ohne uns blicken zu lassen, da müßten wir monatelang reisen, und es ist kein Benzin mehr da und kein Geld, welches zu kaufen. Ich hab dich aus Freundschaft bis hierher gebracht, damit du unter Christenmenschensterben kannst und nicht wie ein Heide. Hör auf mich, schlaf ein wenig.«
Der Körper war kaum zu sehen unter den Decken, die ihn bis zum Kinn einhüllten. Das Moskitonetz schützte nur die Hälfte der Hängematte, und ringsherum herrschte große Unordnung: verstreute Konservendosen, Obstschalen, Kalebassen mit Masato-Überbleibseln. Ein seltsamer Gestank, viele Fliegen. Der Alte berührte Fushía an der Schulter, der röchelte, und da rüttelte ihn der Alte mit beiden Händen. Die Lider Fushías hoben sich, zwei blutunterlaufene Glutbrocken starrten müde in Aquilinos Gesicht, erloschen und glühten wieder auf, mehrere Male. Fushía richtete sich ein wenig auf, stützte sich auf die Ellbogen.
»Mitten im Tunnel hat mich der Regen erwischt«, sagte Aquilino. »Ich bin klatschnaß.«
Er sprach und drückte dabei das Hemd und die Hose aus, wrang sie zornig; dann hängte er sie über den Riemen des Moskitonetzes. Draußen regnete es noch immer sehr heftig, ein trübes Licht sickerte herab auf die Pfützen und den aschfarbenen Morast der Lichtung, der Wind fuhr brüllend in die Bäume. Mitunter beleuchtete ein vielfarbiges Zickzack den Himmel, und Sekunden danach folgte der Donner.
»Die Hure ist mit Nieves davon«, sagte Fushía, seine Augen waren geschlossen. »Diese zwei Hunde sind zusammen ausgerissen, Aquilino.«
»Was macht’s dir aus, daß sie weggegangen sind?« sagte Aquilino und trocknete seinen Körper mit derHand. »Bah, allein ist man viel besser dran als in schlechter Gesellschaft.«
»Die Schlampe, die ist mir egal«,
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